Kölner NaturschutzgebietWie die Wildnis nach Worringen zurückkehrt

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Revierförster Michael Hundt (rechts) erläutert den Zustand des Naturschutzgebiets.

Worringen – Es krabbelt, brummt und summt in den weitflächigen Wiesen im Naturschutzgebiet Worringer Rheinaue. Hoch am Himmel ziehen zwei Greifvögel ihre Bahnen. Michael Hundt schaut durchs Fernglas. „Es sind Bussarde“, sagt er. Obwohl es hier und im nahe gelegenen Naturschutzgebiet Worringer Bruch auch Schwarzmilan-Horste gibt. „Aber das sind eindeutig Mäusebussarde.“ Markant bei Milanen sei der tief gegabelte Schwanz, erklärt er. Daran könne man sie gut erkennen.

Michael Hundt ist städtischer Revierförster und zuständig für die Wälder im linksrheinischen Köln, zu denen auch die Rheinauen zwischen Worringen und Langel gehören. Zum letzten Mal in diesem Jahr führte Hundt eine Gruppe von rund 20 interessierten Naturfreunden durch die Wiesen und Auenwälder am Worringer Rheinufer. Die meisten Teilnehmer kamen aus Worringen und Umgebung. Die weiteste Anreise hatten Ilse, Dieter und Volker Liesemann aus Wesseling, die sich erstmals an einer Führung durch die Worringer Rheinauen beteiligten. „Uns interessiert das hier sehr“, sagt Ilse Liesemann. Schließlich sei sie am Rhein geboren, habe als Kind im Rhein schwimmen gelernt. Aber das sei ja heute nicht mehr erlaubt.

Umfangreiche Renaturierung

Immer wieder bleibt Michael Hundt bei dem zweistündigen Rundweg vom Hochwasserpumpwerk am Werthweg bis zum Rhein stehen, referiert über umfangreiche Renaturierungsmaßnahmen und die Anlage von naturnahen Waldbeständen aus Hart- und Weichholz. „Hier kann man schön sehen, wie sich ein natürlicher Wald entwickelt“, erklärt der Förster und zeigt auf eine Fläche mit jungen Birkenbäumen. Daneben steht ein Walnussbaum, der sich selbst gepflanzt hat, „hier aber nicht hingehört“. An den Rändern dann Sträucher mit roten Beeren: der gemeine Schneeball. „Attraktiv für die Vögel“, sagt Hundt.

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Eine Informationstafel gibt Auskunft über das Beweidungskonzept in der Worringer Rheinaue.

Dennoch seien im Naturschutzgebiet auch Rückgänge zu verzeichnen. Einige Bodenbrüter wie die Wachtel gebe es nicht mehr. Vielfach seien freilaufende Hunde verantwortlich. Zwar gebe es Hinweisschilder, die auf das Naturschutzgebiet und die Anleinpflicht für Hunde aufmerksam machen. „Die meisten Hundebesitzer halten sich aber nicht daran“, sagt Hundt.

Wolf auf Irrwegen

Ob es denn neben den unzähligen Mücken auf dem Weg durch die knietiefen Wiesen in der Gegend auch größere Wildtiere gebe, wollte eine Teilnehmerin wissen. „Nein, größere Wildarten gibt es, bis auf den Wolf, der sich im Sommer im Kölner Norden verirrt hat, nicht“, erläutert der städtische Forstbeamte. Das sei eine Ausnahme gewesen. „Die Rheinaue ist kein Lebensraum für Wölfe.“ Für Mücken allerdings schon. Denn sie sind eine wichtige Grundlage für das Leben hier, verteidigt Hundt die nervenden Insekten. Wegen des Sommerhochwassers sei es aber diesmal extremer als sonst. Hier im Naturschutzraum habe sich in den vergangenen Jahren vieles zum Positiven entwickelt: mehr Wildnis, mehr Arten. „Wenn sich der Mensch zurückzieht entsteht Wildnis.“ Die Forstverwaltung habe vor einigen Jahren beschlossen, rund 500 Hektar des Kölner Stadtwaldes aus der Bewirtschaftung zu nehmen. „Auf diesen Flächen findet nun eine natürliche Waldentwicklung statt. Mit wenigen Ausnahmen werden dort keine Bäume mehr gefällt, um den Wald zu pflegen“, berichtet Hundt. Das Holz werde dann nicht mehr wegräumt oder verkauft. „Die Fläche soll sich urwaldähnlich entwickeln, ähnlich wie die im Worringer Bruch.“

Dass sich das Erscheinungsbild der Rheinauen in den vergangenen Jahren deutlich verändert hat, lasse sich auch am Beispiel der mit großem Aufwand ausgebaggerten Hochflutrinnen erkennen. Bei Hochwasser und starken Regenfällen sammelt sich darin Wasser. Das sei ein wichtiger Laichplatz für Rheinfische und Amphibien.

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Verändert hat sich die Landschaft auch durch die neu entstandenen, eingezäunten Weideflächen parallel zum Rhein. Das Beweidungskonzept für das Naturschutzgebiet Worringen-Langel, das 2019 erstmals als Naturschutz- und Ausgleichsmaßnahme für den Neubau der Leverkusener Brücke durchgeführt wurde, stieß nicht bei allen Teilnehmern des Rundgangs auf Verständnis. Von Frühjahr bis zum Herbst weiden innerhalb einer eingezäunten Auenfläche Glanrinder. Befürworter des Projekts störe die Drahteinzäunung nicht. Andere sahen sich durch die Einzäunung von Teilen der Aue um ein Stück Naherholung beraubt. Hundt konnte die Wogen der Diskussion jedoch schell glätten.

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