Einzug in evangelische AndreaskircheNeues Gotteshaus für jüdisch-liberale Gemeinde Köln

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Einige Menschen stehen um einen Tisch herum.

Rafi Rothenberg (Mitte, schwarzes Hemd) und weitere Mitglieder der jüdisch-liberalen Gemeinde Köln freuten sich über den Besuch von Vertretern der benachbarten Gemeinden und der bezirklichen Politik.

Für die nächsten zwei bis zweieinhalb Jahre ist die evangelische Andreaskirche das Übergangszuhause der jüdisch-liberalen Gemeinde Köln.

Es ist noch nicht lange her, seit die evangelische Andreaskirche in der Merkenicher Haupstraße entwidmet wurde, nun kommt zumindest vorübergehend wieder Leben in den Sakralbau: Für die nächsten zwei bis zweieinhalb Jahre dient sie der jüdischen-liberalen Gemeinde Köln als Gotteshaus, bis der Umbau ihres eigentlichen Standorts, der ehemaligen Kreuzkapelle in Riehl, zur Synagoge abgeschlossen ist. Den Einzug feierte die Gemeinde mit einem Sommerfest, zu dem auch die Nachbarschaft eingeladen gewesen war.

Mehrere Umzüge für Kölner Gemeinde

Für die Gemeinde ist es das vorläufige Ende einer langen Odyssee, denn bereits Anfang 2019 musste sie wegen des erheblichen Sanierungsbedarfs der Kreuzkapelle ausziehen. „Wir haben lange nach einem Interimsquartier gesucht und hatten mehrere Zwischenstationen“, sagt Rafi Rothenberg, der Vorstandsvorsitzende der Gemeinde. „Erst waren wir etwa im ehemaligen Jugendheim der katholischen Kirche in Riehl untergekommen, da war es allerdings sehr beengt.“ So konnten sich etwa während der Corona-Pandemie nur drei bis vier Leute gleichzeitig in den Räumen aufhalten.

Drei Männer stehen vor zwei Mikrofonen auf einer Wiese.

Volker Hoffman-Hanke (links) und Erwin Wittenberg, stellvertretender Vorsitzender des Presbyteriums (rechts), hießen Rafi Rothenberg (Mitte) und die jüdisch-liberale Gemeinde in der Andreaskirche willkommen.

Bessere Bedingungen bot die Riehler Jugendherberge, deren während der Pandemie ungenutzte Räumlichkeiten der Gemeinde über zwei Jahre lang eine Heimstatt bot. „Als die Pandemie dann allmählich wieder vorbei war, wurde uns allerdings gekündigt, da die Räume nun wieder für Veranstaltungen gebraucht wurden“, so Rothenberg. Für kurze Zeit war die Gemeinde dann wieder im Jugendheim, bevor Rothenberg von der Entwidmung der Andreaskirche hörte.

Typisch Kölsche Freundschaft zwischen zwei Gemeinden

„Ich habe dann das Presbyterium kontaktiert, und da sie ohnehin eine Verwendung für die Kirche suchten, waren sie für die Idee sehr offen“, sagt er. Offensichtlich lägen lange Wanderungen in den jüdischen Genen, fügt er scherzhaft hinzu: „Wenn man bedenkt, dass die Israeliten von Ägypten bis ins gelobte Land 40 Jahre gebraucht haben, sind fünf Jahre ja nun wirklich nichts“.

Rothenberg ist sehr dankbar für die freundliche Aufnahme und den warmen Empfang durch die evangelische Gemeinde. „Diese Freundschaft, das ist etwas, das ich als typisch kölsch empfinde“, sagt er. Sehr angetan ist er auch vom Kirchengebäude, das die Anforderungen der Gemeinde voll erfüllt. Leider sei es jedoch etwas „weitab vom Schuss“ – und obwohl viele Gemeindemitglieder aus anderen Städten und sogar Bundesländern anreisen, ist die Nähe zur Autobahn kein Vorteil.

„Weil wir die Schöpfung bewahren möchten, sind wir sehr ökologisch orientiert, darum sind die Gemeindemitglieder angehalten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen“, sagt Rothenberg. „Und die Linie 12 hält hier in Merkenich eben nur alle halbe Stunde.“

Voraussichtlich wird der Umbau der Riehler Kreuzkapelle zur vollwertigen Synagoge 2025 abgeschlossen sein – finanziert wird das kostspielige Projekt vor allem durch Spenden. „Wir sind nach wie vor für jeden Betrag dankbar“, sagt Rothenberg. 

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