Anna-Schumacher-HausChorweiler Wohnheim für Menschen mit Behinderung soll nach 50 Jahren neu gebaut werden

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Die Bewohner sitzen an einem Tisch und spielen Spiele.

Die Bewohner, die keiner Arbeit nachgehen, können tagsüber viele Beschäftigungsmöglichkeiten nutzen.

1973 wurde das Haus in Köln-Pesch errichtet. Der dienstälteste Bewohner wohnt dort schon seit 43 Jahren.

Wenn man einmal von der farbenfrohen Hühner-Skulptur auf dem Rasen absieht, wirkt das Anna-Schumacher-Haus an der Escher Straße so unscheinbar wie eine gewöhnliche Reihenhauszeile. Doch es sind seine Bewohner, die es zu etwas Besonderem machen: Hier wohnen und leben Menschen mit geistigen und mehrfachen Behinderungen – und zwar schon seit 50 Jahren. Erst Anfang des Monats hatten Bewohner und Mitarbeitende das Jubiläum mit einem großen Fest begangen.

Die Eröffnung des Hauses im Jahr 1973 fiel in eine Zeit, in der es einen hohen Bedarf für Einrichtungen dieser Art gab, wie Michael Löllgen weiß. „Nachdem sie unter den Nazis, wie so viele Gruppen, ermordet worden waren, wurden erst nach dem Krieg wieder Menschen mit Behinderungen geboren“, weiß der Geschäftsleiter des Bereichs Wohnen der gemeinnützigen Werkstätten (GWK), die das Anna-Schumacher-Haus betreiben. „Die kamen dann Ende der 1960er Jahre in ein Alter, in dem sie die gleichen Bedarfe entwickelten wie Menschen ohne Behinderungen – an Schulen, Arbeitsstätten, aber eben auch Wohnmöglichkeiten, denn viele Familien waren mit dem Pflegebedarf einfach überfordert.“

Anna-Schumacher-Haus in Köln-Pesch ist nach Spenderin benannt

Die gemeinnützigen Werkstätten, die im nahen Gewerbegebiet an der Donatusstraße einen Standort haben, hatten in dieser Zeit Kontakt zur Bauernfamilie der Schumachers geknüpft, die für ihre soziale Ader bekannt war. „Die Schumachers hatten damals auf ihrem Besitz bereits auf eigene Faust eine WG für sieben Männer mit Behinderungen etabliert“, sagt Löllgen, „das war die Keimzelle für das Anna-Schumacher-Haus.“ Die Familie stellte den GWK schließlich ein 8000 Quadratmeter großes Gelände zur Verfügung, auf dem diese das Wohnheim errichteten und es nach der Spenderin benannten.

Das Anna-Schumacher-Haus von außen

43 Menschen mit Behinderung sind im Anna-Schumacher-Haus zu Hause.

Heute leben hier 43 Personen – in Hochzeiten waren es auch schon 53. „In der Anfangszeit waren Zwei- und Dreibettzimmer noch völlig normal“, sagt Löllgen. „Heute sind natürlich Einzelzimmer Standard, es sei denn, ein Paar möchte ein Zimmer gemeinsam bewohnen.“ Bei der Bewältigung ihres Alltags helfen Pflegende wie Joeline, die erst vor Kurzem zur Belegschaft gestoßen ist.

„Die Arbeit beginnt am Morgen, wenn wir die Bewohner aus dem Bett holen, geht über die Vorbereitung des Mittagessens und der Tagesaktivitäten, bis zur Verteilung von Medikamenten, der Begleitung bei Spaziergängen und anderen Unternehmungen, bis zum abendlichen Insbettbringen“, zählt sie auf, „langweilig wird uns jedenfalls nicht.“ In den Stadtteil sind das Haus und seine Bewohner voll integriert. „Die Boulebahn auf dem Gelände wird regelmäßig von einer Seniorengruppe genutzt“, weiß Löllgen zu berichten. „Da fühlt man sich schon mal nach Südfrankreich versetzt.“

Viele Bewohner leben seit Jahrzehnten im Kölner Anna-Schumacher-Haus

Die Bewohner fallen unter diesen Besuchern oftmals gar nicht auf, denn es gibt wenig Fluktuation im Haus und viele von ihnen leben schon seit Jahrzehnten im Anna-Schumacher-Haus – der „Dienstälteste“ bereits seit 43 Jahren. „Die Lebenserwartung ist enorm gestiegen. In den 1960er Jahren hatten etwa Personen mit Trisomie 21 eine Lebenserwartung von 35, 38 Jahren, heute sind es 70 bis sogar 80 Jahre“, sagt Löllgen, „das heißt, dass viele unserer Klienten in ein Alter kommen, in dem neben der behindertenbedingten Pflegebedürftigkeit noch eine altersbedingte hinzukommt. Das ist teilweise sehr herausfordernd.“

Auch das Haus selbst kann sein Alter nicht verstecken. „Über die Jahre wurde hier viel renoviert, ausgebessert und angebaut“, sagt Löllgen, „aber es bleibt eine 50 Jahre alte Immobilie und vieles entspricht einfach nicht mehr dem heutigen Standard.“ Daher planen die GWK nun, das alte Gebäude am gleichen Standort durch einen modernen Neubau zu ersetzen. „Die besondere Wohnform unserer Klienten wollen wir dabei natürlich erhalten, hinzukommen sollen aber auch öffentlich geförderte Mietwohnungen“, so Löllgen. Die Schwierigkeit sei nun vor allem, Unterkünfte für die Bewohner für die Übergangszeit zwischen Abriss und Neueröffnung zu finden.

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