„Stadt muss attraktiv bleiben“Kölner Club-Szene steht vor großen Herausforderungen

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Bei den Cologne Club Days gab es gratis Musik – etwa von der ukrainischen Rapperin Alyona Alyona am Offenbachplatz.

Köln – Die Cologne Club Days, die am vergangenen Wochenende stattfanden, standen ganz im Zeichen der Herausforderungen, vor denen die Kölner Kultur-Betriebe stehen. Zum Rahmenprogramm gehörten außerdem Gratis-Konzerte und Partys. Am Freitag wurde im Artheater in Ehrenfeld beim „Conference Day“ über Perspektiven, Probleme und die Wichtigkeit der Clubszene diskutiert. Mit dabei waren Kulturschaffende und Vertreter der Stadt. Diese Fragen wurden gestellt:

Wie können Clubs „Safe Spaces“ für Minderheiten werden?

„Awareness“ – Achtsamkeit für Gruppen, die oft Diskriminierung erfahren – ist nicht nur in Clubs ein Thema, sondern ein gesellschaftliches Problem. Doch der Club kann Botschaften in den Mainstream transportieren, heißt es von Anna Harnes von der Clubcommission in Berlin. Clubs sollen Safe Spaces schaffen – aber wie? Es fängt, so der Tenor der Diskutierenden, bereits bei der Tür an: Sicherheitspersonal müsse zum Thema Awareness geschult werden, fordert Ella O'Brien-Coker vom Kollektiv Demask. Gabriel Riquelme vom Club Bahnhof Ehrenfeld (CBE) fügt hinzu, es dürfe nicht zu einer Verurteilung sämtlicher Sicherheitskräfte kommen.

Das gesamte Team eines Clubs müsse sensibilisiert werden. So könnte jeder als Ansprechpartner funktionieren. Kurzfristige Maßnahmen wie Flaggen und Poster könnten schon eine positive Auswirkung haben, sagt Musikerin DJ Jazzmin; Auch DJs könnten mit ihrer Musik Statements setzen. Riquelme betont, dass es im CBE eine Null-Toleranz-Politik gibt, was rassistische und homophobe Aussagen der auftretenden Künstler angeht. Eine positive Entwicklung seien außerdem Fördermittel für Awareness-Projekte.

Wie finden Clubs in Zukunft noch Platz in einer Stadt wie Köln?

Vor zehn Jahren, erinnert sich Mankel Brinkmann, Betreiber des CBE, sei Ehrenfeld ein Hotspot der Kultur gewesen. Das sei heute anders. Neben all den Problemen, denen Clubs ohnehin schon gegenüber stehen, wie Corona, Energiepreise, Zurückhaltung bei Kartenverkäufen, gibt es eine weitere, große Herausforderung: Zunehmend fallen Flächen weg. Bestehende werden durch Bauprojekte, wie aktuell ein weiterer Neubau mit hochpreisigen Mikroapartments, gefährdet, neue Clubs kommen kaum nach. In Ehrenfeld ist das besonders deutlich. Es könne außerdem nicht sein, dass es Köln nicht schaffe, eine große Open-Air-Location zu realisieren, so Brinkmann mit Blick auf das Hin-und-Her mit der Fläche an der Südbrücke. „Es geht auch darum: ‚In was für einer Stadt wollen wir leben?‘“ 

Das Problem: Nicht nur Kultur- sondern auch Wohnraum wird dringend benötigt. Zwar müsste eine Stadt gemischt sein, doch diese Mischung bereitet auch Konflikte, sagt Eva Herr, Leiterin des Stadtplanungsamtes in Köln. Eine Lösung dafür soll nun die neugegründete Stabsstelle des Kulturraummanagements sein.

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Benjamin Thele ist Mitglied dieser neuen Stabsstelle und beschreibt sie als Bindeglied zwischen Szene und Ämtern. „Wohnen und Kultur muss kein Gegensatz sein“, sagt er. Die Stadt müsse aber auch aktiv auf Investoren zugehen, Zwischennutzungen ermöglichen und fördern. Brinkmann fordert, dass Prozesse, wie der einer Baugenehmigung, schneller gehen müssen – für Zwischennutzungen etwa sei das unabdingbar. „Die Stadt muss attraktiv bleiben“, sagt er. Junge Menschen zöge es nicht in eine Stadt ohne Clubszene. Sarah Manns ist von der Kulturraum GmbH in Berlin und schlägt vor: Es müsse einen Schlüssel Kultur-Wohnen geben, ähnlich wie es ihn für Kitas und Schulen gibt.

Wie wichtig sind Clubs für Köln als Standortfaktor?

Rund 1700 Menschen arbeiten in den etwa 100 Kölner Clubs, die freien Mitarbeiter sind da noch gar nicht eingerechnet. Vor Corona generierten sie einen Umsatz von 45 Millionen Euro – im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen ist das allerdings eher wenig. Dennoch: Die Kölner Clubkultur ist ein extrem wichtiger Standortfaktor – das sagt auch Kölntourismus-Chef Jürgen Amann und nennt als Beispiel das Deutzer Bootshaus, das nicht nur stadt- sondern auch weltweit bekannt ist. Auch die c/o-pop ist in ganz Europa ein Begriff. Diese Imagewirkung sei ausschlaggebender als die reinen Zahlen. Jeder zweite Köln-Tourist ist anlässlich eines Events in der Stadt. „Junge Leute finden Köln geil“, so Amann.

Köln sei eine pulsierende Stadt. Gleichzeitig werde es Betreibern oder solchen, die es werden wollen, durch hohe Auflagen und langwierige Genehmigungsprozesse schwer gemacht. Kulturamtsleiterin Barbara Foerster kritisiert zudem, dass Menschen, die in eine immer enger wachsende Stadt in die Nähe eines Clubs ziehen, diese mit Klagen vertreiben könnten. Das solle nicht einfach so möglich sein.

Terry Krug ist Beraterin für Innovationsprozesse aus Hamburg. Dort gibt es einen Clubfonds, der sich über einen Teil der Eintrittsgelder von Clubs finanziert. „Das solltet ihr euch auch anschaffen“, sagt sie. Eine lebendige Clubszene ist dabei nicht nur für den Tourismus ein Faktor: „Die Szene bringt Innovationskraft.“ Junge Menschen ziehe es in Städte mit lebendiger Popkultur, meint Frank Obermaier von Kölnbusiness.

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