„Das Café ist der einzige zentrale Punkt hier“
Direkt an der Waldecker Straße in Buchforst ist das Café Jung seit 37 Jahren Anlaufpunkt für die Leute im Veedel. Und genauso lange arbeitet Marion Kind bereits dort, seit 2005 ist die 58-Jährige zudem Geschäftsführerin des Cafés.
Frau Kind, welche Philosophie steckt hinter dem Café Jung?
Meine Philosophie ist es, alles selbst zu machen – egal, ob herzhaft oder süß. Die Produkte werden frisch vor den Augen der Kunden zubereitet. Außerdem lege ich viel Wert auf erlesene Rohstoffe. Daher stimmt bei uns nicht nur die Qualität, sondern auch die Auswahl und natürlich der Geschmack.
Worauf dürfen sich Ihre Gäste freuen?
Von Kartoffelsalat über Frikadellen oder Strammer Max bis hin zu Brötchen und Kuchen. Zwar habe ich keinen großen Mittagstisch, aber ich achte auf die Auswahl und Abwechslung. Wir haben mittwochs und samstags einen Wochenmarkt vor der Tür. Dort kaufe ich je nach Angebot und Saison Gemüse und bereite in der kälteren Jahreszeit daraus frische Suppen zu. Außerdem beginnt jetzt wieder die Zeit für Reibekuchen, die backen wir freitags immer ganz frisch.
Wie wird das Café im Veedel wahrgenommen?
Sehr gut, denn die Bewohner sind natürlich froh, dass ich hier bin. Das Café ist der einzige zentrale Punkt, den es in Buchforst gibt. Nirgends sonst kann man sich gemütlich hinsetzen und treffen. Außerdem stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis. Ich orientierte mich an meinem Publikum und achte darauf, dass es nicht zu teuer wird. Ein weiterer Punkt, der mir sehr wichtig ist: Wir haben hier keine Selbstbedienung. Der Service am Kunden geht mit der Zeit immer mehr verloren und ich lege sehr viel Wert darauf. Das wissen meine Kunden zu schätzen. Es gibt ganz bestimmte Gruppen, die sich hier treffen und immer wiederkommen, bei denen wir wirklich versuchen, jeden Wunsch umzusetzen.
Welche Beziehung haben Sie zu Ihrem Veedel?
Ich bin seit 37 Jahren hier, da habe ich logischerweise viele Menschen heranwachsen sehen. Manche, die schon als Babys mit ihren Eltern kamen, sind inzwischen selbst erwachsen und haben Pänz, mit denen sie vorbeikommen. Ganz viele bleiben in Buchforst. Ich lerne zwar neue Leute kennen, die zu Stammkunden werden, aber auch viele Ältere, die irgendwann leider sterben.
Wie hat sich Buchforst in den letzten 30 Jahren Ihrer Meinung nach verändert?
Im Veedel wohnen inzwischen natürlich wesentlich mehr Nationalitäten als früher. Aber das ist nicht nur hier der Fall, sondern überall. Ich hatte eine Zeit lang das Gefühl, dass sich viele Dinge hier ins Negative entwickeln – auch vom ganzen Publikumsverkehr her. Allerdings hat sich die Situation seit etwa fünf Jahren stetig verbessert. Inzwischen wird darauf geachtet, dass leerstehende Wohnungen nicht nur an Sozialschwache vermietet werden, sondern dass die Klientel gemischt bleibt. Sonst hat man automatisch mit der Zeit ein anderes Publikum.
Gibt es hier so etwas wie ein Veedelsgefühl?
Bei der älteren Generation sehe ich dieses Gefühl auf jeden Fall. Es gibt Leute, die kommen jeden Tag hierher, die brauchen das einfach. Da entsteht ein Gefühl von Zusammenhalt. Bei den Jugendlichen hingegen ist dies eher nicht so wie es früher einmal war. Ich merke das auch an meinem Publikum. Die Älteren engagieren sich zudem sehr für Buchforst. Ob etwa Karnevalszug oder Weihnachtsmarkt – alles wird ehrenamtlich organisiert.
STECKBRIEF
Das mag ich : Hier im Veedel sind viele Grünflächen. Leute allen Alters kommen gut miteinander aus. Zudem wird viel geboten: Ganz gleich, ob für die ältere Generation, die Jugend oder die Kranken. Das ist verbesserungswürdig: Die wenigen Spielplätze, die es hier gibt, sind teilweise arg verschmutzt. Außerdem sind im Veedel einige leerstehende Gebäude und Geschäfte vorhanden, die sollten wieder mit Leben gefüllt werden. Lieblingsort: Natürlich mein Café.
ZUR PERSON
Marion Kind wurde 1960 im Kölner Stadtteil Lindenthal geboren. Aufgewachsen ist die 58-Jährige mit ihren Eltern in Flittard, wo sie auch bis 1981 arbeitete und bis vor zwei Jahren lebte. 2016 zog sie in den Rhein-Sieg-Kreis nach Lohmar, wo ihre Tochter und ihr Sohn samt Enkelkindern leben.