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„Desolate Zustände“Kölner CDU sucht Neustart – und reibt sich an den Grünen

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Der Kreisparteitag der CDU am Samstag im Gymnasium Pesch.

Der Kreisparteitag der CDU am Samstag im Gymnasium Pesch. Vorsitzende Serap Güler hatte auch Kritik an ihrer eigenen Partei.

Auf einem Parteitag arbeitete die Kölner CDU ihre zuletzt schwachen Wahlergebnisse auf. Es ging häufig auch um die Grünen.

„Scheinheilig“ und „schäbig“ – mit schroffen Worten hat die Kölner CDU-Vorsitzende Serap Güler ihre Kritik daran erneuert, dass die Grünen eine Fortsetzung des Bündnisses mit der christdemokratischen Fraktion im Stadtrat ausgeschlossen haben. Anlass für ihre Äußerungen war der Kreisparteitag der CDU Köln am Samstag im Gymnasium Pesch.

Ihre Absage hatten die Grünen damit begründet, eine Partei, „die sich aus zentralen demokratischen Absprachen zurückzieht, kann für uns derzeit kein verlässlicher Partner sein“.

Aufgekündigtes Fairnessabkommen als Auslöser

Gemeint war die Entscheidung der CDU, das Kölner Fairnessabkommen, das viele Parteien seit 1998 vor Wahlkämpfen unterschreiben, nicht mehr zu unterzeichnen, und auch nicht die Vereinbarung mit dem Bündnis „Köln stellt sich quer“ (KSSQ), das sich gegen Rechtsextremismus engagiert. In dem Fairnessabkommen des Runden Tischs für Integration verpflichten sich die Unterzeichner, „nicht auf Kosten von unter uns lebenden Menschen mit Migrationshintergrund Wahlkampf zu betreiben und inhaltlich fair zu bleiben“.

Güler warf den Grünen vor, gerade ihnen mangele es an Fairness. Der angegebene Grund für den Abbruch der Sondierungsgespräche sei vorgeschoben. In Wirklichkeit nähmen sie es der CDU übel, dass diese bei der Oberbürgermeister-Stichwahl den Kandidaten der SPD, Torsten Burmester, unterstützt habe.

Und sie versuchten, die CDU in eine Nähe zum Rechtsextremismus zu rücken. Die Gespräche mit den Sozialdemokraten würden fortgesetzt, sagte Güler. „Sie haben genauso wie wir Interesse an einer engen Zusammenarbeit.“ Dabei sollte sich die SPD „daran erinnern, wem sie es eigentlich zu verdanken hat, dass sie den Oberbürgermeister stellt“.

Der Kreisparteitag der Kölner CDU.

Eindrücke vom Kreisparteitag der Kölner CDU.

Die Stimmenverhältnisse im Stadtrat sind schwieriger geworden seit der jüngsten Kommunalwahl. Das Abschneiden der CDU, die auf 19,89 Prozent kam, stand im Mittelpunkt des Parteitags.

Grundlage der Aussprache darüber war das Thesenpapier „CDU 2025+“, das der Kreisvorstand auf einer Klausurtagung nach der Wahl beschlossen hat. Die darin vorgenommene Analyse, warum die Partei hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist, lässt an Deutlichkeit wenig zu wünschen übrig.

Fehleranalyse der CDU – drei Punkte stechen hervor

Güler sagte, die Kölner CDU habe„Fehler gemacht, die dazu beigetragen haben, dass wir nach außen alles andere als ein gutes, verlässliches Bild abgegeben haben“ – von der „von Irrungen und Wirrungen begleiteten Suche nach einem geeigneten OB-Kandidaten“ über „desolate Zustände in der Kreisgeschäftsstelle“ bis hin zu Zerstrittenheit.

Drei „Fehler“ hob Güler besonders hervor. Im Streit um den Umbau der früheren Kaufhofzentrale habe die CDU zu spät reagiert, und in der Frage, ob für den FC auf der Gleueler Wiese Trainingsplätze geschaffen werden sollen, habe sie sich uneinheitlich positioniert.

Nathanael Liminski, NRW-Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Bezirksvorsitzender der CDU Mittelrhein.

Nathanael Liminski, NRW-Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Bezirksvorsitzender der CDU Mittelrhein.

In aller Ausführlichkeit ging die Parteichefin auf den dritten „Fehler“ ein, der das Zerwürfnis mit den Grünen betrifft. Die CDU hätte die Abkommen mit KSSQ und dem Runden Tisch nicht unterzeichnen sollen, denn dies hätten die Gegner für eine Schmutzkampagne ausgenutzt.

Nachdem mit Gülers Billigung ein Flyer erschienen war, der sich kritisch mit der geplanten Flüchtlingsunterkunft in der ehemaligen Oberfinanzdirektion befasste, sah sich die CDU mit dem Vorwurf konfrontiert, auf Kosten von Geflüchteten Wahlkampf zu machen, also gegen die Verpflichtung zur Fairness zu verstoßen. „Vor allem die Grünen, aber auch Volt und Linke versuchten, uns einen Strick daraus zu drehen“, so Güler. Und dies, bevor Ombudsleute den Fall untersuchten.

Deren Urteil lautete, es liege kein Verstoß vor. Künftig werde die CDU es bei einem „Selbstbekenntnis“ zur Fairness belassen, sagt Güler und beteuerte: „Wir werden auch in Zukunft keinen Wahlkampf auf dem Rücken von anderen Menschen machen. Das gehört zur DNA der CDU.“

Wie geht es in der Fraktion weiter?

Überdies ging sie auf den aus den eigenen Reihen erhobenen Vorwurf ein, die Wiederwahl von Bernd Petelkau als Fraktionschef und Niklas Kienitz als Fraktionsgeschäftsführer gleich am Tag nach der Wahl sei eine fragwürdige Hauruck-Aktion gewesen.

Alles sei transparent und demokratisch abgelaufen, versicherte Güler. Sie habe vorgeschlagen, die beiden zu wählen, weil sie „über sämtliche Vorgänge in der Stadt bestens informiert sind“ und die neuen Fraktionskollegen sich schnell verlässliche Ansprechpartner gewünscht hätten. Im Übrigen seien die beiden für maximal zwölf Monate statt für zweieinhalb Jahre gewählt worden.

Serap Güler (CDU) spricht bei einer Diskussionsveranstaltung im Konrad-Adenauer-Haus. (Archivbild)

Serap Güler (CDU) spricht bei einer Diskussionsveranstaltung im Konrad-Adenauer-Haus. (Archivbild)

Florian Braun, stellvertretender Kreisvorsitzender, resümierte, was das „CDU 2025+“-Papier an Verbesserungsvorschlägen bereithält. Dazu zählt zum Beispiel, frühzeitig Strukturen für Wahlkampagnen aufzubauen, gezielt Frauen – deren Anteil an der Ratsfraktion nur 22 Prozent beträgt – und Jugendliche anzusprechen, in den sozialen Medien besser zu kommunizieren und Geschlossenheit zu zeigen. Konkretere Vorschläge wurden während des Parteitags in vier Ideenwerkstätten besprochen.

Viele Wortbeiträge aus dem Plenum

Etliche der gut 150 Teilnehmer und Teilnehmerinnen meldeten sich im Plenum zu Wort. Zu hören war etwa, die CDU solle sich auf ihren „Kern“ als Partei der „wirtschaftlichen Vernunft“ besinnen, an ihrem „Imageproblem“ arbeiten und „gesellschaftspolitisch in Metropolen ein bisschen lockerer werden“.

Ein Frau monierte, die Wahlplakate würden „stromlinienförmiger“, ein Mann beklagte, seit Jahren, ja Jahrzehnten seien die Wahlergebnisse „rückläufig“, wieder ein anderer sprach vom „falschen Signal“, das davon ausgehe, die Fairnessabkommen nicht mehr zu unterzeichnen. Das Thesenpapier wurde leicht geändert ohne Gegenstimme verabschiedet.

Nathanael Liminski, NRW-Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Bezirksvorsitzender der CDU Mittelrhein, dankte dem unterlegenen OB-Kandidaten und Kölner Baudezernenten Markus Greitemann dafür, sich zur Verfügung gestellt und einen „sehr polarisierten Wahlkampf“ mit „Stil und inhaltlicher Schärfe“ geführt zu haben. Die Kölner CDU tue gut daran, sich nach dem „ernüchternden“ Wahlergebnis kritisch mit den Gründen zu beschäftigen, um für die Zukunft Lehren daraus zu ziehen.

Eine Zukunft, die der CDU gehöre: „Ich sehe keine andere Partei, die das Potenzial hat, gemeinsame Interessen aus verschiedenen Richtungen zusammenzuführen und daraus ein großes Ganzes für das Gemeinwohl, für unser Land zu machen. Die anderen können das nicht mehr. Die vertreten nur einen Teil der Gesellschaft, dafür umso ideologischer und umso radikaler.“