Zweifacher Deutscher MeisterFelix Michalski aus Bergheim fährt blind Inline-Skate

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Mit seinem Trainer Josef Riefert trainiert Felix Michalski mehrmals in der Woche.

Mit seinem Trainer Josef Riefert trainiert Felix Michalski mehrmals in der Woche.

Köln – Felix Michalski ist aufgeregt, denn er wird nach Oberschleißheim bei München fahren, um an der deutschen Meisterschaft im Inline-Skaten teilzunehmen. Das Besondere daran ist, dass Felix von Geburt an blind ist, und somit seine Umwelt nur durch Geräusche oder Ertasten wahrnehmen kann.

Zum Skaten kam der schmächtige Junge per Zufall. Im vergangenen Jahr ertastete er im Hausflur die Inliner seines großen Bruders Moritz. „Der Schuh mit den Rollen hat ihn sofort fasziniert“, erzählt Mutter Astrid.

Nach zehn Monaten Inline-Skaten ist Felix bereits zweifacher Deutscher Meister

Er zog die Schuhe an und rollte mit Hilfe seiner Mutter durch die heimische Küche. Eine Bekannte der Familie erzählte Josef Riefert, der seit Jahren Blinden und Sehbehinderten ehrenamtlich das Inline-Skaten beibringt, von dem mutigen 14-Jährigen. All das ist erst zehn Monate her – aber Felix ist inzwischen zweifacher Deutscher Meister sowohl im 100-Meter-Sprint als auch in der Disziplin über 500 Meter.

Trainer Josef Riefert mit Felix Michalski.

Trainer Josef Riefert mit Felix Michalski.

Beim 100-Meter-Sprint holte Felix sogar den deutschen Rekord, mit nur 41,7 Sekunden rollte er ins Ziel. „Felix ist schon ein Ausnahmetalent – in seiner Altersgruppe sogar der Beste“, erzählt Riefert voller Stolz.

Felix fährt meist vorweg

Trainiert wird nur einmal die Woche für zwei Stunden. Bald auch in Köln, denn die beiden wechseln zum Kölner Speed-Skating-Club (SSC). Angefangen haben die beiden in der örtlichen Turnhalle in Bergheim. „Ich hatte in der Mitte eine Musikbox aufgestellt, damit Felix anhand der Musik wusste, wo sich die Mitte befindet“, erklärt der Trainer. Zuerst fuhren sie dann Hand in Hand hintereinander weg, der Trainer voraus. Felix lernte ziemlich schnell, und so erweiterten sie schon bald den Umkreis und fuhren dann auch draußen auf dem Asphalt.

Mittlerweile fährt Felix meist vorweg und hört dabei auf die Zurufe seines Coaches. „Links“, „etwas mehr nach rechts“, „jetzt kannst du Gas geben“ oder aber „Vorsicht Gullideckel.“ Dann wechseln die beiden in einer fließenden Bewegung kurz die Positionen. „Blindes Vertrauen ist das Wichtigste, und Felix’ Sicherheit geht natürlich vor“, betont Riefert. Dass die beiden ein besonderes Verhältnis zueinander haben, wird schnell deutlich. „Vor jedem Start nehmen wir uns noch einmal in den Arm, um runter zu kommen“, sagt Riefert.

Hauptsache schnell muss es sein

Wenn man Felix fragt, was ihm denn besonders am Inline-Skaten gefällt, antwortet er wie aus der Pistole geschossen: „die Geschwindigkeit.“ Denn auch sonst ist der junge Bergheimer sportlich unterwegs. Ob Schwimmen, Reiten oder sogar Skifahren – Hauptsache schnell muss es sein. „Natürlich ist es immer schwierig, Trainer für Felix zu finden“, erklärt Mutter Astrid. Denn er brauche eine Rundumbetreuung.

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Der Sport hat auch weitere positive Nebeneffekte. „Felix’ Körperhaltung hat sich extrem verbessert, da blinde Menschen dazu neigen, immer nach vorne gebeugt zu gehen oder zu stehen“, erklärt Mutter Astrid. Außerdem habe der junge Sportler viel mehr Selbstbewusstsein bekommen. „Die Anerkennung und der Applaus der Zuschauer tun ihm sehr gut und machen ihn mutiger“, so Riefert.

„Ich möchte auf jeden Fall irgendwann mal ins Weltall“

In München wird Felix nun das erste Mal einen Halbmarathon fahren – also eine Disziplin über 21 Kilometer. „Wenn er es schafft, viereinhalb Runden um die olympische Regattastrecke zu fahren, hat er schon wieder einen Meistertitel gewonnen, da Felix in seiner Altersgruppe der einzige Teilnehmer ist“, erklärt Riefert. Auf die Frage, auf was er sich denn in München besonders freue, antwortet Felix schmunzelnd: „Dann bekomme ich eine Pizza mit Nutella, das wollte ich schon immer mal probieren.“

Und in der weiteren Zukunft möchte er dann ganz hoch hinaus: „Ich möchte auf jeden Fall irgendwann mal ins Weltall.“

Der Speed Skating-Club Köln

Der Speed-Skating-Club Köln wurde 1998 gegründet – damals hieß er Speed-Skating-Club Kölner Roll-Möpse, als humorvolle Anspielung auf die beleibteren Gründungsmitglieder, die durchs Skaten schlank werden wollten.

Der Name wurde 2013 geändert. Der Verein will das Skaten fördern und setzt sich für eine Speedskaterbahn auf der Bezirkssportanlage Weidenpesch ein. (sbs)

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