Die Geschichte des BankhausesAuf den Spuren der Oppenheims

Die Autorin Gabriele Teichmann vor den Schließfächern im Bankhaus Oppenheim
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Köln – Eins muss man sagen: Der Greven-Verlag scheut kein Risiko. Seit mehr als einem Jahr müssen sich vier Ex-Manager des Bankhauses Sal. Oppenheim im Strafprozess vor dem Kölner Landgericht der Frage stellen, welche Schuld sie am Niedergang der einstmals größten Privatbank Europas tragen, die seit 2009 kein Familienunternehmen mehr ist, sondern die Finanz- und Bankenkrise nur überlebte, weil sie unter das Dach der Deutschen Bank rutschen konnte.
Da ist es ganz schön gewagt, ein Buch zum 225-jährigen Bestehen der Bank mit dem Titel „Mehr als eine Bank. Oppenheim in Köln“ zu verlegen, dessen Autorin Gabriele Teichmann überdies seit mehr als 30 Jahren in Diensten des Bankhauses steht. „Ich war ein skeptisch, als die Autorin angefragt hat“, räumt Verlagsleiter Damian van Melis ein. Natürlich stelle sich die Frage, ob alle Qualitätsstandards eingehalten werden, „wenn wir ein Buch mit einer reichen Bank über eine reiche Bank machen“. Zumal die Deutsche Bank als Konzernmutter für die Hälfte der Auflage von 5000 Exemplaren als Abnehmer zur Verfügung steht. Mit Selbstbeweihräucherung und Kirchturmdenken habe Teichmanns Werk aber nichts zu tun. „Sie hat mich beim Lesen in den Inner Circle der Gestalter und Macher geführt.“
Die Ursachen des Scheiterns
Über Details mag man trefflich streiten. Hat die Autorin Gabriele Teichmann den stetig wachsenden Einfluss des Troisdorfer Immobilienunternehmers Josef Esch auf das Bankhaus im Kapitel über den Niedergang von Sal. Oppenheim hinreichend analysiert? Und warum werden die Verbindungen zwischen dem Bankhaus, der Oppenheim-Esch-Gruppe, dem Warenhaus- und Touristikkonzern Arcandor und dessen Hauptaktionärin Madeleine Schickedanz nicht thematisiert, die nach der Pleite von Arcandor im Sommer 2009 letztlich zum Verlust der Eigenständigkeit führten? „Dass Unternehmer scheitern können, gehört zum System der kapitalistischen Wirtschaftsordnung“, sagt Teichmann. „Eine Historikerin kann aber nicht bewerten, ob es irgendwelche strafrechtlich relevanten Dinge gegeben hat, zumal der Strafprozess aktuell läuft. Sobald Recht gesprochen worden ist, sieht das anders aus.“
Überraschend deutlich, obwohl das seit dem Eigentümerwechsel weniger problematisch ist, fällt Teichmanns Urteil über die Ursachen des Scheiterns aus. Das interne Risikomanagement sei nicht effizient genug gewesen, „sonst wäre man bei unternehmerischen Entscheidungen wie den Arcandor-Engagements anders mit wesentlichen Risiken umgegangen“. Die Inhaberfamilie habe es versäumt, „die Entscheidungs- und Kontrollstrukturen den komplexen Gegebenheit in der Bank und den sich rasant ändernden Bedingungen in der Bank anzupassen“. Zukäufen wie dem der BHF-Bank kein „strategisches Konzept“ zugrunde gelegen, „sie trugen stattdessen zu einer wachsenden Unübersichtlichkeit bei“. Diese Passage habe ihn auch „wissenschaftspolitisch überrascht“, sagt Verlagsleiter van Melis. „Ich kenne keine Institution, die ihr gravierendes Scheitern schon nach fünf Jahren so distanziert, so historisch einzuordnen vermag“.
So viel zum Ende der 220-jährigen Geschichte einer Familienbank. Doch warum sollte man sich für das Buch sonst noch interessieren? Für den Sozial- und Wirtschaftshistoriker Günther Schulz von der Universität Bonn ist Teichmanns Werk über die Oppenheims vor allem „eine Familiengeschichte, die zugleich eine Bank- und Industriegeschichte ist, eine Geschichte der Kölner Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft“. Sie sei „präzise und zuverlässig recherchiert und gut geschrieben“.
Mit den Mitgliedern der ehemaligen Bankfamilie hat Gabriele Teichmann übrigens keine Gespräche über den Niedergang der Bank geführt: „Das ist eine Frage des Taktes, das tut man einfach nicht.“
Gabriele Teichmann: Mehr als eine Bank. Oppenheim in Köln. 304 Seiten, Greven-Verlag, 19.90 Euro