Deutsche Post DHLDie Herrin der Pakete

Sabine Adelt an einer der Rutschen mit dem Zusteller Wolfgang Müsch (rechts), der in Sülz Pakete ausliefert.
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Köln – Sabine Adelt hat keine Zeit für lange Worte. „Abteilungsleiter Auslieferung Paket“ stellt sie sich vor, als sie nach ihrem genauen Verantwortungsgebiet gefragt wird. Eine geschlechtsspezifisch exakte Bezeichnung, wie sie anderen Frauen aus politischen Gründen wichtig ist, benutzt sie nicht. „Geht schneller“, sagt sie und lacht die Frage einfach weg, immer mit einem Ohr bei ihrem Leiter der Zustellbasis Köln-Eifeltor, Heinz-Jakob Wiese, der an seinem Schreibtisch gerade telefoniert.
„Kriegt Bornheim alles raus?“, fragt sie ihn schnell, als er sein Gespräch beendet hat. Zwei Paketzusteller und damit Fahrer von Wagen haben sich eben krank gemeldet. Jetzt muss Sabine Adelt reagieren und notfalls Personal von hier nach Bornheim schicken, das am Eifeltor auf Abruf im „Starkverkehr“ zur Weihnachtszeit sitzt. Sind sonst im Jahresdurchschnitt täglich 140 000 Pakete zu bearbeiten, sind es derzeit – so kurz vor dem Fest – 200 000 ankommende Sendungen. „Dafür haben wir hier allein 30 Mitarbeiter zusätzlich befristet eingestellt.“
Sabine Adelt verantwortet bei der Deutschen Post DHL in der Niederlassung „Brief Köln West“ Personal- und Sachkosten für insgesamt fünf solcher Zustellbasen von Aachen bis Bornheim. Damit ist sie die Chefin von 450 Paketzustellern in der nahezu reinen Männerdomäne. Darunter sind auch die 210 Zusteller, die täglich in Köln ihre Waren versuchen abzuliefern. Adelt ist eine der wenigen Frauen mit Führungsverantwortung. Zeit für Interviews hat sie eigentlich nie. Nach Weihnachten verabreden, würde auch nichts bringen. „Dann kommt das Gutscheingeschäft. Wir haben nur drei Tage Ruhe. Und zwar von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch.“
Nur drei Tage Ruhe zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch
Ansonsten gilt der volle Arbeitseinsatz ihren Mitarbeitern und dem Ziel, die Ware so schnell wie möglich zuzustellen – bei größtmöglicher Zufriedenheit der Kunden. Dass dabei auch manchmal was schief geht, will die 45-Jährige nicht verhehlen. „Aber dazu bin ich ja hier.“ Jeden Morgen steht sie um fünf Uhr auf, verlässt ihre Familie in Bad Honnef und beginnt ihren Tag spätestens um 6.45 Uhr in einer ihrer fünf Zustellbasen. Bei der Belegschaft nach dem Rechten schauen, nachjustieren und motivieren – und notfalls retten, was zu retten ist.
Passen muss sie lediglich in zwei Fällen: absolutem Verkehrschaos auf den Autobahnen und all zu starkem Schneefall. „Da können sie nur noch das Chaos verwalten und beruhigen.“ Manchmal würde sich die Chefin, die den Führungsposten in Köln seit 2010 innehat, aber auch wünschen, der Kunde machte es den Zustellern etwas leichter. Da geht sie selbst mit gutem Beispiel voran – denn auch sie ist auf Pakete angewiesen und bekommt sie nicht etwa in ihr Büro in der Niederlassung in Frechen geliefert. Wie sie das macht, wo sie und ihr Mann den ganzen Tag arbeiten? – „Dafür habe ich meinen Paketkasten“, kontert sie blitzschnell. Den gibt es ebenfalls bei DHL – er ermöglicht, dass die Boten einen größeren Kasten am Haus per Chip öffnen und die Ware sicher hinterlegen können.
Die Frauen, aber auch die Männer um Sabine Adelt herum respektieren sie als Vorgesetzte. „Nicht weil sie eine Frau ist“, wie Heinz-Jakob Wiese sagt. „Sondern, weil sie weiß, was Sache ist. Ihr fachlicher Hintergrund ist einfach da.“ Geboren in Sangerhausen in Sachsen-Anhalt, absolvierte sie zunächst eine Ausbildung zur Facharbeiterin im Postwesen, studierte dann nach einem Praxisjahr am Schalter in einer Post-Filiale drei Jahre Ingenieurswesen.
Es kam die Wende und als Sachbearbeiterin für die Briefauslieferung kam sie erstmals in Planungsprozesse und über weitere Stationen in Halle/Saale, Leipzig und Neuwied schließlich zu der Aufgabe, die ihr den absoluten Überblick und ihre große Erfahrung verschaffte: die Aufgabe, bundesweit Paketzentren und Zustellbasen auf ihre Produktivität hin zu überprüfen.
Seit 1995 keinen Weihnachtsurlaub mehr
Ein Job, der einem sicher nicht nur Freunde beschert, oder? „Vielleicht“, sagt Adelt. „Aber zugleich lag mir auch immer die Zufriedenheit der Mitarbeiter am Herzen. Denn ohne die geht es nicht.“ Das Vertrauen in ihre Zusteller und das Verständnis für sie, sieht sie als Grundlage für ihren Erfolg. Auch, wenn sie dafür privat viel zurückstecken muss. „Seit 1995 hatte ich Weihnachten noch nie Urlaub.“ Selbst Heiligabend arbeitet Adelt – wie ihre Männer (und Frauen) in den Zustellbasen.
„Ich bin froh, dass ich einen Mann habe, bei dem ich mich mal fallen lassen kann, der mich aufbaut und Verständnis hat“, sagt die Mutter eines 21-jährigen Sohnes. „Ohne den würde ich das nicht schaffen.“ Von der Zustellbasis Eifeltor geht es über die Autobahn in die Niederlassung nach Frechen. Das Treffen des „Führungskreises“ wartet bereits. Rasant, die Frau. Und auch auf diesem Weg vorneweg. Eine Frau auf der Überholspur.
Das Paketzentrum Köln am Eifeltor ist für mehr als drei Millionen Paketempfänger von Aachen bis Gummersbach zuständig. Hier arbeiten 330 Angestellte. Die Paketzusteller sind hier noch nicht mitgezählt.
In dem Zentrum befindet sich auch eine der fünf Paketzustellbasen von Sabine Adelt, die die Paketzustellung linksrheinisch verantwortet. Hier werden die Sendungen für Empfänger in der Kölner Innenstadt, im Kölner Süden, Hürth, Brühl und Wesseling nach rund 90 Zustellbezirk vorsortiert über Rutschen in die Wagen verladen.
Das rechtsrheinische Kölner Stadtgebiet wird von der Niederlassung der Deutschen Post DHL in Bonn abgedeckt.
Pakete, die noch rechtzeitig bis Weihnachten ankommen sollen, müssen bei Empfängern in Deutschland bis 23. Dezember, 10 Uhr, eingeliefert werden. Paketsendungen in die Nachbarländer müssen am 17. Dezember vorliegen. Für Standard-Pakete in andere europäische Länder oder mit Zielen außerhalb Europas ist die Frist für die Weihnachts-Lieferung bereits abgelaufen. (kaz)