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Institution im VeedelEhrenfelder „Pusteblume“ steht vor dem Aus

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Lisette Reuter, die Vorsitzende des Vereins Pusteblume, in einem der Seminarräume.

Lisette Reuter ist Vorsitzende der „Pusteblume“ – und musste den Mitgliedern das Ende des Vereins mitteilen.

Der Ehrenfelder Verein „Pusteblume“ bietet seit 1995 Sport-, Musik- und andere Kurse an. Dann kamen Corona und Energiekrise – nun steht die kleine Institution im Veedel vor dem Aus.

Wirbelsäulengymnastik für Ältere, Musikwiese für die Kleinsten und für die Jahrgänge dazwischen Fatburning oder Stressbewältigung: Das und noch viel mehr bietet das „Pusteblume“-Zentrum seit mehr als einem Vierteljahrhundert.

In dem rot angestrichenen Flachbau in der Hosterstraße entstand eine kleine Institution im Viertel. „Mit einem Fitnessstudio ist die ‚Pusteblume‘ absolut nicht zu vergleichen. Wir haben uns immer als sozial-kulturelles Zentrum für das Viertel verstanden“, sagt Lisette Reuter, Vorsitzende des Trägervereins „Pusteblume e.V.“

Nach 27 Jahren: Ehrenfelder „Pusteblume“ vor dem Aus

Die Zeichen, dass das 1995 eröffnete Zentrum auch noch im kommenden Jahr existiert, stehen jedoch schlecht. Der Vorstand des Vereins hat den Mitgliedern, den Dozentinnen und den Dozenten sowie den Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern vor Kurzem mitgeteilt, dass der Verein zum Jahresende seine Arbeit einstellt.

Wie es mit dem vorwiegend aus Bewegung, Entspannung, Tanz und Theater bestehenden Angebot weitergeht, ist aber noch offen. Einige Kurse werden in den nahe gelegenen Einrichtungen „Nachbarschaftshaus“ und „Haus Barbara“ in der Ansgarstraße fortgesetzt. Nicht ausgeschlossen ist zudem, dass in der Hosterstraße ein anderer Verein mit einem musisch-kulturellen Angebot einziehen könnte.

Trotz der Fragezeichen steht fest, dass der Verein bald Geschichte sein wird. „Es geht einfach nicht mehr. Wir können es nicht verantworten, sehenden Auges in die Insolvenz zu gehen“, sagt Lisette Reuter. Die Lockdown-Phase während der Corona-Pandemie habe dem Verein schon zu schaffen gemacht.

Auch öffentliche Hilfen können Verein nicht retten

Nun kämen die Energiekrise und die Inflation hinzu. Den Kosten, die den Verein selber drücken, stünden sinkende Einnahmen bei den Kursgebühren gegenüber. Vor allem, weil die Teilnehmerzahlen immer noch unter dem Vor-Corona-Niveau liegen und kaum Aussicht auf Besserung besteht.

Der Eingang zum Pusteblume-Zentrum in der Hosterstraße.

Der Eingang zum Pusteblume-Zentrum in der Hosterstraße – jahrzentelang gingen die Mitglieder hier ein und aus.

„Die Menschen haben ja selbst mit höheren Kosten und der Geldentwertung zu kämpfen“, sagt Lisette Reuter. Gespart werde dann im Freizeitbereich. Öffentliche Zuschüsse oder Überbrückungshilfen seien keine Dauerlösung, sagt Lisette Reuter.

In dieser Hinsicht sei alles geprüft worden. Aus ihrer Arbeit beim integrativen und international anerkannten „Pusteblume“-Sommertheater, das inzwischen „Un-Label“ heißt, kenne sie sich mit Fördermöglichkeiten gut aus. Das Einzige, was helfen könne, wäre eine drastische Erhöhung der Kursgebühren.

„Die Teilnehmenden hängen sehr an den Kursen“

„Aber da reden wir von 20 Prozent. Damit wären wir auf dem Niveau der Fitnessstudios. Das aber ist mit dem sozialen Ansatz des Vereins nicht mehr vereinbar.“ Derzeit werden Lösungsmöglichkeiten überlegt. Die könnten darin bestehen, dass Dozenten selbstständig ihre Angebote fortführen und dabei Räume und die vorhandene Ausstattung nutzen könnten.

„Uns ist auch klar, dass viele der Teilnehmenden sehr an ihren Kursen hängen.“ Das vom „Pusteblume“-Zentrum genutzte Gebäude gehört der Genossenschaft „Die Ehrenfelder“. Deren geschäftsführender Vorstand Werner Nußbaum ist auch Mitglied des „Pusteblume“-Vorstands. „Auch wir bedauern das und haben lange mit überlegt, was man tun könnte“, sagt Nußbaum, „aber der Verein würde auf Dauer defizitär arbeiten.“

Zukunft unklar – Lösungen werden gesucht

Die Genossenschaft habe für die Räume vom Verein keine Miete verlangt. „Das war sozusagen unser Sponsoring“, sagt Nußbaum. Bis vor einigen Monaten gab es noch ganz andere Pläne. Der Flachbau an der Hosterstraße sollte abgebrochen werden und an seiner Stelle ein Neubau mit 15 barrierefreien Wohneinheiten mit insgesamt rund 1200 Quadratmetern Wohnraum entstehen.

Im Erdgeschoss hätte die „Pusteblume“ neue Räume bekommen sollen. Im Sommer 2022 kam die Baugenehmigung der Stadt für das vom Architekturbüro Molestina geplante Projekt. Doch vor wenigen Wochen teilte die Genossenschaft ihren Mitgliedern mit: „Das Projekt kann nicht wie geplant umgesetzt werden. Aufgrund der aktuellen Marktsituation und der enormen Kostensteigerungen muss das Bauvorhaben auf unbestimmte Zeit verschoben werden.“