Kurze HerrlichkeitAls Ehrenfeld noch kein Teil von Köln war

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Diese Postkartenansicht aus dem Jahr 1954 zeigt die Kreuzung Venloer Straße/Gürtel. Die Ruine des Rathauses steht noch. Sie wurde zwei Jahre später abgebrochen.

Diese Postkartenansicht aus dem Jahr 1954 zeigt die Kreuzung Venloer Straße/Gürtel. Die Ruine des Rathauses steht noch. Sie wurde zwei Jahre später abgebrochen.

Gründung, selbstständige Gemeinde, kreisfreie Stadt – all das vollzog sich in Ehrenfeld innerhalb von nicht einmal 35 Jahren. Von 1845 bis 1879 war aus günstigem, noch nahezu leerem Bauland eine dicht besiedelte Stadt geworden. Fabriken, Werkstätten, Wohnhäuser, Straßen und Schienenwege teilten sich den zunehmend enger werdenden Raum zwischen Weinsberg- und Subbelrather Straße, sowie den Wegen, die heute Innere Kanalstraße, Oskar-Jäger- und Leyendeckerstraße heißen. An den 140. Jahrestag der Verleihung der Städteordnung an die damalige Gemeinde Ehrenfeld erinnert die Bürgervereinigung Ehrenfeld in diesem Jahr. Zugleich feiert sie selbst das 65-jährige Bestehen.

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Bei einem Brauchtumsabend im Pfarrsaal St. Joseph stand die „Stadt Ehrenfeld“ im Mittelpunkt. Die Karnevalsgesellschaft „Kölsche Rotshäre“ präsentierte ihren Sessionsorden, auf dem die Fassade des einstigen Rathauses der Stadt Ehrenfeld abgebildet ist. „Leider können wir so gut wie nichts mehr vom damaligen Prachtbau bewundern“, bedauerte Bürgervereinigungs-Vorsitzender Dieter Brühl. Das im Krieg zerstörte Gebäude wurde Mitte der 1950er Jahre abgetragen. Lediglich eine Statue der Göttin Justitia wurde erhalten. „Sie ist im Besitz der Bürgervereinigung und steht im Turm der Bürgergarde blau-gold“, erklärt Brühl.

Alles zum Thema Venloer Straße

Die Städteordnung bekam Ehrenfeld am 8. Oktober des Jahres 1879. Damit schied der noch junge Ort endlich aus dem Bürgermeistereiverband Müngersdorf aus. Das hatten die Gemeindevertreter schon länger angestrebt, unter anderem, weil sie es nicht hinnehmen wollten, dass auch die Vertreter der ländlichen Umlandgemeinden über Ehrenfelder Angelegenheiten mit zu entscheiden hatten. Mehrfach hatten sie Petitionen mit dem Wunsch, als Stadt anerkannt zu werden, an die preußischen Behörden gesandt. Die Entscheidung kam für die Ehrenfelder dennoch überraschend. Zu dieser Zeit war der Posten des Bürgermeisters nämlich nur kommissarisch besetzt. Nach dem Tode des letzten Amtsinhabers Christian Schult im Jahr 1878 hatte der Industrielle Wilhelm Hackländer – Mitinhaber der Waggonfabrik Herbrand und Stadtverordneter – die Gemeindeverwaltung geführt. Auch das neue Ehrenfelder Rathaus an der Venloer Straße war noch nicht fertig. Im Januar 1881 – mit Hugo Jesse hatte die Stadt auch wieder einen hauptamtlichen Bürgermeister – fand die offizielle Einweihung statt.

An Umzüge waren die Bediensteten der Ehrenfelder Verwaltung indes schon gewöhnt, wechselte die kommunale Behörde doch mehrfach den Standort. Den zuletzt genutzten ziemlich bescheidenen Amtsstübchen in der Gutenbergstraße 6 werden sie ganz gewiss nicht nachgetrauert haben. Alleine schon, weil die Behörden fortan in einem repräsentativen Gebäude samt Turm mit Uhr und Glocke direkt an der Hauptverkehrsader der Stadt ihren Sitz hatten.

Zwei Gefängniszellen gab es

Der 85.000 Mark teure Prachtbau wurde zum Teil von Industriellen finanziert. Grundbesitzer und Bauunternehmer Johann Wahlen beauftragte seinen Schwiegersohn Vincenz Statz mit der Planung. Das mit Säulen und Treppen aus Marmor versehene Gebäude bot nicht nur geräumige Amtszimmer und einen mit Holzvertäfelungen, Deckenmalerei und Schmuckfenstern reich verzierten Sitzungssaal. Auch an Wohnungen für den Bürgermeister und den Hausmeister hatte Statz gedacht. Zwei Gefängniszellen gab es ebenfalls. Nach der am 1. April 1888 wirksam gewordenen Eingemeindung nach Köln war das Rathaus schon wieder obsolet.

Die Zeit, in der man der eigene Herr war, währte also nicht einmal ein Jahrzehnt. Jesse wurde Beigeordneter der Stadt Köln. 1896 erfolgte ein Umbau, damit Dienststellen zur Verwaltung der Vororte, ein Standesamt sowie ein Polizeikommissariat hier tätig werden konnten. Das Ehrenfelder Rathaus, dem Zeitgenossen bei seiner Eröffnung Jahrhunderte des Bestehens wünschten, wurde 1943 durch Bomben zerstört. Die Ruine wurde 1956 restlos abgetragen und durch ein Wohn- und Geschäftshaus ersetzt.

Bürgervereinigung gegründet

Somit stand das Ehrenfelder Rathaus – oder besser: das was von ihm übrig war – noch im Entstehungsjahr der Bürgervereinigung Ehrenfeld. Zunächst gab es Anfang 1954 die Idee. Die eigentliche Gründung der Bürgervereinigung Köln-Ehrenfeld 1954 e.V. wurde am 28. Februar 1955 im Gasthaus Herrmuth an der Ecke Subbelrather Straße/Ehrenfeldgürtel vollzogen. Elektrohändler Hans Wild, der schon die Anregung für den Verein gab, wurde erster Vorsitzender. Die Traditionspflege und die „Förderung kommunaler Interessen“ wurden als wichtigste Ziele formuliert. Betätigungsfelder der ersten Jahre waren unter anderem die Mitarbeit in der Arbeitsgemeinschaft Kinder-Karnevalszug, dem Vorläufer des Festausschusses Ehrenfelder Karneval.

Aber die Ehrenfelder Bürgervereinigung widmete sich in ihren Versammlungen auch Mitte der 1960er Jahre dem Ausbau der Bundesstraße 9 (Herkulesstraße/Flughafenstraße) zur Autobahn A 57 und den Plänen zur Sanierung des Stadtteils, worunter damals ein weitestgehender Abriss und Neubau verstanden wurde. Bis zur Bildung der Bezirksvertretungen war die Arbeit der Bürgervereinigung deutlich politischer. Doch auch noch danach waren der U-Bahnbau in der Venloer Straße, die geänderten Sanierungspläne für Ehrenfeld sowie der Einsatz zum Erhalt diverser Denkmäler im Stadtteil Themen für die Bürgervereinigung.

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