Lichtstraße in EhrenfeldAntrieb für junge Unternehmer

Neue Etagen erhält die alte Halle, die aus Fertigbauteilen besteht.
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Ehrenfeld – Eine ausgediente Schiffsschraube mit mehreren Metern Durchmesser ist schwer zu finden. Architekt Hartmut Gruhl kennt sich da inzwischen aus: „Die bestehen ja aus wertvollen Legierungen, deshalb werden sie meistens eingeschmolzen, wenn ein Schiff abgewrackt wird.“ Gruhl lässt zurzeit die ehemalige Metallgießerei des Schiffsschraubenwerks Ostermann zu einem Bürogebäude umbauen. Und das I-Tüpfelchen auf das ungewöhnliche Architekturkonzept, das der einstigen Industrienutzung Rechnung trägt, soll eine Schiffsschraube sein. „Die soll vor dem Eingangsportal an der Lichtstraße platziert werden“, sagt Hartmut Gruhl. Bis es so weit ist, dürften aber noch rund eineinhalb Jahre vergehen.
Individuelle Lösungen möglich
Mehr als 20 Jahre stand das einstige Metallwerk leer. Eine kleinere Halle war von 2004 bis 2011 Heimat der Kletterfabrik, eines Eventbetriebs für die Freunde des Klettersports, die an steilen Wänden hoch hinaus wollten. Das Unternehmen expandierte 2011 und zog in die Oscar-Jäger-Straße. Hartmut Gruhl will ebenfalls Menschen nach Ehrenfeld locken, die nach oben wollen; die Investgruppe Gruhl, zu der das Architekturbüro, eine Bauträgergesellschaft und Immobilienverwaltung gehören, hat die alte Fabrikhalle an der Lichtstraße vor vier Jahren ersteigert, die Gesamtinvestition wird auf 15 Millionen Euro beziffert. „Wir wollen jungen Unternehmen Raum und Perspektiven bieten“, sagt der Architekt. Kreative könnten das sein oder Unternehmen der Informationstechnik-Branche (IT). Der Raum kann eine Größe von 80 bis 3000 Quadratmetern haben. Der Quadratmeterpreis, so Gruhl, soll etwa bei zehn Euro liegen. In der Vermarktungsphase, die voraussichtlich in einem halben Jahr beginnt, können Mietinteressenten mit dem Bauherrn individuelle Lösungen vereinbaren, die in die Planung einfließen. „Deswegen wird die Bauzeit mit Sicherheit das gesamte Jahr 2015 beanspruchen“, sagt Gruhl. Er möchte aber nicht nur eine gut auf die Nutzer zugeschnittene Immobilie zu einem guten Preis anbieten: „In erster Linie will ich hochwertige und spannende Architektur schaffen, die eine inspirierende Arbeitsumgebung bildet.“
Der Architekt und Bauherr des Projekts rechnet damit, dass im Jahr 2016 die ersten Mieter in die Loftbüros einziehen. Vier neue Etagen werden in den beiden Längsseiten der früheren Halle errichtet. In der Mitte entstehen ebenfalls neue Geschosse. Jedoch bleibt im Mittelteil des Hallenbaus ein Lichthof über die gesamte Gebäudehöhe frei. Hier können Empfänge oder Produktpräsentationen stattfinden. Der industrielle Charakter wird gewahrt, indem die markanten Träger aus Stahl und Beton unverputzt bleiben.
Von der ehemaligen Fabrik Ostermann, die vom Jahr 1937 an in Ehrenfeld Schiffspropeller fertigte, steht momentan nur noch ein Gerippe. Die frühere Gießereihalle mit einer Grundfläche von 32 mal 80 Metern wurde 1961 errichtet. Damals wurden Fertigbetonteile verwendet, so dass die Halle in drei Wochen stand. Die Produktionskapazität wurde dadurch erheblich ausgeweitet. 1963 lieferte Ostermann die Schiffsschraube für den Atomfrachter „Otto Hahn“, der 1964 vom Stapel lief. Als Versuchsschiff für nuklearen Antrieb war die „Otto Hahn“ bis 1979 unterwegs.
Neuanfang scheiterte
In den 1980er Jahren erlebten die Ostermann-Werke eine neuerliche Blüte durch den Bau sogenannter Leiträder. Diese Erfindung senkte den Kraftstoffverbrauch, verschwand aber Ende der 1980er Jahre vom Markt. Eine weltweite Schiffbaukrise führte 1992 dazu, dass das Ehrenfelder Werk stillgelegt werden musste. Einer der letzten Aufträge, die an der Lichtstraße ausgeführt wurden, war die Fertigung eines 65 Tonnen wiegenden Propellers mit einem Durchmesser von zehn Metern. Der Versuch eines Neuanfangs an der Ostseeküste bei Rostock scheiterte.
Architekt Hartmut Gruhl, ein Vertreter der Stilrichtung Dekonstruktivismus, hat Aufsehen erregende Bauten in Köln geplant und bauen lassen. Unter anderem den Bazaar de Cologne in der Mittelstraße, das Studentenwohnheim Marmalade Parc an der Weinsbergstraße sowie den spektakulären Dachausbau des Eckhauses Benesisstraße/Pfeilstraße, der heute Unternehmenssitz ist.