Mehr als Rollstuhl-RampenVerein aus Neuehrenfeld will Inklusion auch kulturell fördern

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Eine Frau und ein Mann stehen neben einem Veranstaltungsschild und einem Piktogramm Behindertenparkplatz.

Lisette Reuter und Nils Rottgardt wollen im neuen Labor für inklusive Kunst Menschen mit und ohne Behinderungen zusammenbringen.

Inklusion auf allen Ebenen wollen die Mitarbeiter der Un-Label Performing Arts Company.

Mit dem Labor für inklusive Kultur bietet das Sozialunternehmen der Un-Label Performing Arts Company in Partnerschaft mit dem städtischen Kulturamt seit Oktober bundesweit eine der ersten Adressen für Inklusion im kulturellen Bereich. Sie befindet sich in einem barrierefreien Gebäude der Ehrenfelder gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft und umfasst einen rund 130 Quadratmeter großen Kurs- und Seminarraum, ein Büro.

Zudem verfügt das Terrain über einen Garten. Zukünftig soll die Stätte als Residenzaufenthalt für Dozenten, Proben-Ort sowie für Work-Shops, Fortbildungen und als offener Treff der Stadtgesellschaft fungieren.

Unternehmen scheuen die Einstellung von Menschen mit Behinderung

Inklusion umfasse mehr als die Errichtung von Rollstuhl-Rampen, behindertengerechten Toiletten oder ebenerdigen Bahnsteigen, erklärt der Künstlerische Leiter des Labors, Nils Rottgardt. Auch die Chance auf berufliche Entfaltung gehöre dazu. „Hier sehen wir immer noch große Lücken bei den Bemühungen, den ersten Arbeitsmarkt für Personen zu öffnen, die bisher in Behindertenwerkstätten beschäftigt sind“, sagt der freiberufliche Un-Label-Mitarbeiter.

In einem Raum laufen Menschen scheinbar ziellos durcheinander, auch ein Mann im Rollstuhl ist dabei.

Un-Label-Masterclass mit Choreograf Michael Turinsky.

Das Gesetz schreibe zwar eine Beschäftigungsquote von Menschen mit Schwerbehinderungen in Höhe von fünf Prozent für Betriebe ab 20 Mitarbeitern vor, doch die Möglichkeit, dies mit einer Ausgleichsabgabe von 360 Euro monatlich zu unterwandern, verhindere oftmals andere Jobperspektiven. „Wir möchten Inklusion weiterdenken und erforschen, wie das Gesamterlebnis Kunst und Kultur für alle erfahrbar gemacht werden kann. Dazu gehört unter anderem die sinnliche Wahrnehmung für Seh-, oder Hörbeeinträchtigte“, so Rottgardt.

Mit ihrem Vorhaben verbinden die Initiatoren von Un-Label konkrete Forderungen an Bund und Länder. Zwar stemme man die Kosten für Miete, Personal und Öffentlichkeitsarbeit zurzeit mithilfe von Sponsoren wie etwa der Stiftung Deutsches Hilfswerk, der Rhein-Energie-Stiftung Kultur und der Postcode-Lotterie, doch dies befreie die Entscheidungsträger im Staat nicht von der Realisierung internationaler Beschlüsse. „Das Labor für inklusive Kultur ist notwendig, weil die von Deutschland mitunterzeichnete, UN-Behindertenrechtskonvention von 2009 immer noch nicht umgesetzt wurde“, erinnert Lisette Reuter an ratifizierte Verträge.

Es sei nicht verwunderlich, dass die Vereinten Nationen Deutschland im Zuge der aktuellen Staatenprüfung ein verheerendes Zeugnis in der Sache ausgestellt habe. Wesentlich weiter sei hingegen England. Die eher zentralisierte politische Struktur und eine starke Lobby für Menschen mit Behinderungen führe dort zu einer effektiveren und schnelleren Umsetzung inklusiver Ziele, berichtet Reuter. 


Die Un-Label Performing Arts Company vereint international Kulturschaffende mit und ohne Behinderungen. Die Initiative wurde 2013 von Lisette Reuter gegründet. Zu den Tätigkeiten gehört die Produktion zeitgenössischer Bühnenstücke. Darüber hinaus fördern die Mitarbeitenden die Vernetzung zwischen Wissenschaft, Kunst und Kultur. Am Mittwoch, 22. November, lädt die Un-Label Band Open Excess zu einem Konzert um 19.30 Uhr ins King Georg, Sudermanstraße 2, ein.  Un-label, Hosterstraße 1-5, 50825 Köln, Tel. 0221 5501544

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