Weihnachtskonzert für InsassinnenJürgen Milski und Kölns singender Türsteher treten in JVA auf

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Partyschlager in der JVA: „Big Brother-Jürgen“ heizt mit „Kölns singendem Türsteher“ den Insassinnen ein. So läuft ein Konzert hinter Gittern ab.

Die Tür knallt zu. Der Schlüsselbund eines Justizvollzugsbeamten klirrt, während er die nächste aufschließt. Auch sie fällt laut ins Schloss. Er zückt den nächsten Schlüssel. Einigen Schleusen und trostlose Gänge später wird es laut, richtig laut, wie in einer Disco: Im Frauentrakt der JVA Köln startet das Weihnachtskonzert.

„Promi Big Brother“-Teilnehmer Jürgen Milski steht da auf der Bühne, die an eine altbackene Schulaula erinnert. Erst vor zwei Wochen flog er recht früh aus der Promi-Variante der Realityshow. Montagabend begibt er sich erneut hinter geschlossene Türen: Mit seinem Bruder Peter Milski und Ramon Ademes, Kölns „Singender Türsteher“, singt er Schlager und Kölsche Hits für die Insassinnen.

Partysänger zieht Vergleich zwischen JVA und Realityshow „Big Brother“

Der Partysänger zieht einen Vergleich zu seinen Tagen im „Big Brother“-Container: „Jetzt denkt der ein oder andere: Du lässt dich doch selber andauernd einschließen.“ Aber er wisse, dass das etwas anderes sei. „Ich möchte niemals irgendwie straffällig und weggeschlossen werden, ich bin so ein freiheitsliebender Mensch“, sagt Jürgen Milski in einem kleinen Raum neben der Bühne.

Der Auftritt in der JVA habe ein mulmiges Gefühl hinterlassen. „Das war schon ein ganz besonderes Ankommen, da müssen andauernd Türen abgeschlossen werden und diese hohen Mauern – bei Diskotheken ist das ein bisschen anders.“

Jürgen und Peter Milski, in Hemd und Hoodie, singend mit Mikros in der Hand.

Vom „Big Brother“-Container in die JVA: Jürgen und Peter Milski singen ein Konzert für die Insassinnen.

Sein Bruder Peter Milski führt fort: „Ich find’ es ziemlich respekteinflößend, das ist schon sehr beängstigend.“ Die Kölner Brüder seien aber froh, der Anfrage ihres Freundes Ramon Ademes gefolgt zu sein: „Als ich gesehen habe, dass die Mädels alle mitmachen, fiel mir ein Stein vom Herzen“, sagt Peter Milski.

Vor ihrem Auftritt besuchten sie eine Inhaftierte in ihrer Zelle. Die 41-Jährige ist schon länger in der JVA und engagiert sich mit einer Gruppe für die Freizeitgestaltung. Sie organisiert zweimal im Monat Konzerte. „Wir haben alle die Trauer und die Sehnsüchte nach der Familie vor Weihnachten einmal kurz vergessen können“, sagt die Frau, die ihren Namen nicht nennen möchte. Sie macht eine Ausbildung, während sie ihre Strafe absitzt. Manche Insassinnen in Köln befinden sich in Untersuchungshaft, sind also nicht lange da. Andere, wie die 41-Jährige, arbeiten während ihrer Inhaftierung. Für Konzerttage nimmt sich die 41-Jährige manchmal sogar frei, um ein Buffet für die Künstler vorzubereiten und sie im kleinen Backstage-Bereich zu betreuen.

Inhaftierte organisiert Freizeitprogramm mit – „Danach kommt der Alltag wieder“

Die Organisation sei nicht immer einfach: „Nicht alle Künstler wollen in der JVA auftreten aufgrund gewisser Vorurteile“, sagt sie. „Natürlich sind hier viele, die nichts Gutes gemacht haben, sonst wären wir nicht hier. Aber letztendlich sind wir alle Menschen.“ Auch sie könne an Abenden wie diesem vergessen, dass sie eigentlich in einer JVA sei. „Meistens ist das so, dass ein Konzert noch lange wirkt. Morgen haben die Mädels noch gute Laune und sprechen darüber“, sagt die 41-Jährige, sie wolle „den Mädels“ etwas Schönes bieten. Aber: „Danach kommt der Alltag wieder.“

Ramon der singende Türsteher tanzt mit Insassinnen der JVA Köln zu seinem Song „Kölsche Senorita“.

Ramon der singende Türsteher tanzt mit Insassinnen der JVA Köln zu seinem Song „Kölsche Senorita“.

Das Sport- und Freizeitprogramm in der JVA koordiniert Frank Prösdorf. Der Vollzugsbeamte hält Kontakt zu vielen Bands der Stadt. „Zum Ende des Jahres wollen wir ein Highlight haben, mit dem wir noch ein bisschen Stimmung hereinbringen, sodass die Frauen ein bisschen auf andere Gedanken kommen in der Vorweihnachtszeit“, sagt er.

Deshalb kommt Ramon Ademes, besser bekannt als „Der singende Türsteher“ nun zum vierten Mal nach Ossendorf. Wie die Milskis ein Kölscher Jung durch und durch, spricht er ganz locker mit den Inhaftierten. Einige kennt er mittlerweile. „Ich weiß zum Teil auch, was die gemacht haben, da sind schon harte Geschichten dabei“, sagt er, „dann ist das schon mal ein komisches Gefühl hier.“ Während er zur Partymucke seines DJs singt, merkt man ihm diese Gedanken nicht an. Ramon geht durch die Reihen, in denen die Inhaftierten mittlerweile aufgestanden sind und ausgelassen mittanzen. „Das sind vielleicht 100 Leute, die machen Stimmung wie 500, das ist der Hammer.“

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