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Erzbischöfliche UrsulinenschuleDas Herz hängt am Nonnenbunker

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Ursulinenkirche und -kloster in der Machabäerstraße wurden im Zweiten Weltkriegs stark beschädigt.

Das Klingeln des Glöckchens in dem Klausur-Gebäude der Ordensschwestern, das jeden Mittag pünktlich um 12 Uhr zu hören war. Der Reise-Segen vor Klassenfahrten. Die beleuchteten Fenster im Advent. Das schöne offene Atrium, das es gab, bevor Feuerschutztüren Vorschrift wurden. Ja, selbst die gestrengen Worte von Schwester Angela und Schwester Mechthild schloss Angelika Schmitz in ihr Herz. So sehr, dass sie nach ihrer Entlassung nur sieben Jahre weg blieb – um als Lehrerin für Deutsch, Geschichte und Sozialwissenschaften zurückzukehren.

Mit einer Festwoche, die am 7. September um 11 Uhr mit einer Messe in der Schulkirche beginnt und in einem Festakt mit Schulministerin Sylvia Löhrmann ihren Höhepunkt hat, begeht „ihre“ Ursulinenschule, Kölns einziges Mädchen-Gymnasium, das 375-jährige Bestehen. „Es herrschte zwischen Schwestern und Schülern von je her ein enges Band gegenseitigen Vertrauens“, erinnert sich die 59-jährige Lindenthalerin. „Fast familiär.“ So war es ihre Direktorin Schwester Ancilla, die sie mehr oder weniger bat, hier Lehrerin zu werden. „Sie kannte mich eben besser als jeden anderen Bewerber, der kommen konnte.“Wie Dr. Norbert Orthen, der 1978 zum Vorstellungsgespräch erschien und dazu vor dem schweren, Ehrfurcht einflößenden Eichen-Schreibtisch von Schwester Ancilla trat. Zuvor hatte er eine Klingel betätigen müssen. Ein beleuchtetes Schild zeigte an, ob zu warten oder einzutreten war. „Ich war bereits auf Herz und Nieren geprüft“, merkte der Neue schnell. Orthen bestand den Test – und kam auch nie auf die Idee, die Schule zu verlassen – selbst als ihm eine Verbeamtung winkte. Dazu liebte er es zu sehr, wie die Mutter Oberin morgens ihre Betten über seinem Weg zur Arbeit ausschüttelte und ihn nach den Kindern fragte. „Für viele der Schwestern waren wir wie eine Familie“, erinnert sich der 66-Jährige aus Odenthal. Mit einem Tagesheim sorgten die Schwester für eine Über-Mittagbetreuung – bevor der Begriff überhaupt erfunden war, was die Schule auch für nicht begüterte Familien attraktiv machte. Bis Anfang der 1980er Jahre gab es auch ein Internat auf dem Gelände.

Der Ruf des „Nonnenbunkers“ eilte Schule wie Schülerinnen voraus. Ein Vorurteil, das die Ursulinen nie erschüttern konnte. „Anfängliche Skepsis machte schnell dem Zusammengehörigkeitsgefühl Platz“, erinnert sich Angelika Schmitz. „Mädchen lernen getrennt von Jungs einfach besser und ungekehrt.“ Jungs profitieren in der Sprache, Mädchen in Naturwissenschaften und Sport. Viele Preise zeugen davon. „Immer mehr koedukative Schulen trennen heute auch in manchen Fächern.“

1400 Mädchen – und seit 2012 auch Jungen in der dazu gehörigen Realschule, die 1971 dazu kam – besuchen heute die Ursulinenschule. Sie können nicht all zu viel falsch gemacht haben, die Ursulinen – auch wenn ihnen 1989 mangels Nachwuchs die Puste ausging und das Erzbistum die Schulträgerschaft übernahm. Der Abriss des Klausurgebäudes zugunsten einer Erweiterung der Schule könnte Schmitz und Orthen noch heute die Tränen in die Augen treiben. „Aber die Klingel haben wir gerettet.“ Sie hängt auf dem Dachboden der Realschule.