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Fachgeschäft in KölnBetten Sauer nach fast 200 Jahren nicht mehr familiengeführt

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Michael Gouram und sein Vorgänger Heinz Sauer

Köln – Michael Gouram scheint seine Berufung gefunden zu haben. „Wenn mir jemand erzählt, dass er nicht gut schläft, geht es mir schlecht, bis ich für ihn eine Lösung gefunden habe“, sagt der Schlafberater und Bettenfachhändler. Seit Januar vergangenen Jahres ist der 38-Jährige Geschäftsführer von Betten Sauer, einem der ältesten Bettenwarenfachhändler Deutschlands.

Das 1823 gegründete Unternehmen wird damit zum ersten Mal in der Historie der Firma nicht von einem Mitglied der Familie Sauer geführt, die über fünf Generationen die Geschicke gelenkt hat. Weil Heinz und Rosemarie Sauer keine Kinder haben und auch keine anderen Verwandten bereit waren, das Familienunternehmen zu übernehmen, übergab Sauer es an seinen langjährigen Mitarbeiter Gouram.

Mit der erfolgreichen Unternehmensnachfolge gelang Sauer etwas, was für viele Mittelständler zum Problem wird. Rund 27.000 Unternehmen suchen in Deutschland pro Jahr einen Nachfolger, weil sich niemand aus der Familie findet.

Übergabe jahrelang vorbereitet

Sauer erkannte das Potenzial seines Mitarbeiters und hat ihn im Laufe der Zeit „heimlich geprüft und unauffällig mit immer mehr Aufgaben betraut“, erzählt der 72-Jährige. Über drei Jahre hat er die Firmenübergabe sorgfältig vorbereitet. Trotzdem fiel es ihm nicht leicht, loszulassen und nach 50 Jahren als Geschäftsführer nun nur noch als Berater im Laden tätig zu sein.

Für Gouram hingegen ist es immer noch „unglaublich“, dass er das Fachgeschäft führen darf. Der Halbmarokkaner, dessen Vater in den 60er Jahren mit den Eltern nach Deutschland gekommen war, wurde nach seiner Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann im Lehrbetrieb nicht übernommen. Betten Sauer sei ein Glücksfall gewesen. „Meine Eltern stammen aus einfachen Verhältnissen, und jetzt leite ich ein Unternehmen mit einer Million Euro Umsatz, das ist schon toll.“

Wenn Gouram, verheiratet und Vater zweier Kinder, auf seine 16 Jahre als Angestellter zurück- blickt, räumt er ein, dass er nicht gleich am ersten Tag Feuer und Flamme gewesen sei. „Erst mit der Zeit habe ich erkannt, wie vielfältig und wichtig der Beruf ist.“ Es sei vor allem die Beratung, die das Geschäft auszeichne. So sei es nicht ungewöhnlich, dass Kunden mehrere Stunden im Geschäft Probe liegen oder sogar ihr Schlafverhalten messen lassen. Außerdem können die Kunden eine Matratze eine Woche lang testen. Schließlich ist es eine echte Investition. Zwischen 600 und 2800 Euro kosten die Modelle.

Michael Gouram möchte versuchen, die Firma mit ihren sechs Mitarbeitern im Sinne der Familie Sauer weiterzuführen, aber auch weiterzuentwickeln. Vor allem die Liegediagnostik und das Vermessen des Körpers sind für ihn wichtige Schwerpunkte.