- Baden im Rhein kann lebensgefährlich sein, ist aber nicht verboten. Bei der Feuerwehr in Köln gingen in diesem Sommer mehr als 40 Notrufe wegen Personen im Rhein ein – das sind deutlich mehr als im vergangenen Jahr.
- Womöglich hat das auch mit der Corona-Krise zu tun, schätzt die Feuerwehr.
- Wir waren bei einer Rettungsübung am Kölner Rheinufer dabei und haben uns die größten Schwierigkeiten bei der Rettung erklären lassen.
Köln – Ein paar Sekunden dauert es nur, bis der Mann in Schwimmweste, schwarzem Neopren und knallrotem Helm davongetrieben wird. Ein Sprung vom Schiffsanleger in den Rhein kann für einen Hobby-Schwimmer lebensgefährlich sein, bei dieser Übung an der Bastei aber geschieht alles unter der Aufsicht von Profis. Vom Ufer aus steigt Strömungsretter Michael Ambacher ins Wasser, der – landseitig durch ein Seil gesichert und mit einem Rettungsring in der Hand – seinen Kollegen rauszieht.
Die Fließgeschwindigkeit ist gering an diesem Morgen, der Wasserstand niedrig. Ein km/h pro Pegelmeter ist der Rhein schnell, heißt es. 1,70 Kilometer in der Stunde sind es im Moment. Rettungsschwimmer kennen diese Daumenregel, heute dauert die Rettungsaktion keine Minute.
Feuerwehr übt nur in Ufernähe
Trotzdem hätte es auch ein geübter Schwimmer ohne Hilfe schwer gehabt, der Strömung zu entkommen. „Wer ohne professionelle Sicherung in den Rhein springt, kann nur lebensmüde sein“, sagt Tauchtruppführer Torsten Busse. Selbst die Feuerwehr übt nur ufernah, die Fahrrinne zu durchqueren, wäre zu riskant.
Doch alle Warnungen halten manche nicht vom Schwimmen im Rhein ab. Nun, da der Hochsommer langsam zu Ende geht, macht sich das auch in den Einsatzzahlen der Feuerwehr bemerkbar. Zwischen Anfang Juni und Mitte August zählte die Leitstelle 44 Notrufe wegen Personen im Rhein. 40 davon erwiesen sich als Fehlalarm, oder die Schwimmer hatten das Wasser schon selbstständig verlassen können, bevor die Helfer eintrafen.
Zahlenanstieg wohl auch wegen Corona
Drei Menschen zog die Feuerwehr aus dem Wasser, eine Person konnte nur noch tot aus dem Strom geborgen werden. Knapp drei Wochen ist das nun her, als eine junge Frau an einem heißen Sommerabend in Rodenkirchen zwischen den Buhnen in einen Strudel geriet und ertrank. Zwar gibt es solche Unfälle beinah jährlich, doch in diesem Sommer haben die Unfälle massiv zugenommen. 44 Notrufe sind „deutlich mehr als im Vorjahreszeitraum“, hieß es von der Feuerwehr.
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Durch eine Umstellung der Leitstellensoftware sind exakte Vergleiche mit 2019 nicht möglich. Die Befürchtungen vieler Experten aus dem Frühsommer scheinen sich aber zu bewahrheiten: „Wir gehen davon aus, dass wegen Corona viele Kölner in den Ferien zu Hause geblieben sind und sich im Rhein abgekühlt haben, um wenigstens ein bisschen Sommerfeeling zu erleben“, schätzt Feuerwehrsprecher Ulrich Laschet.
Einsatz in den Anlegerketten
Mit dem Sommer aber ist die Arbeit für die Rettungstaucher nicht beendet. Unfälle, Stürze und Brückenspringer gibt es weiterhin. Bei Kälte, erklärt Busse, ist die Überlebenswahrscheinlichkeit sogar höher als im Sommer, weil der Organismus herunterfährt, somit weniger Energie verbraucht und weil vollgesogene Jacken Auftrieb geben können. Außerdem ist der Rhein im Vergleich zu Badeseen oder Talsperren deutlich wärmer. So geht auch der Übungsbetrieb der Feuerwehr im Herbst weiter, immer montags und dienstags trainieren schichtweise die Spezialeinheiten.
Zum Beispiel den Einsatz in den Anlegerketten. Hier verfangen sich immer wieder verletzte oder tote Menschen. So fährt bei jedem Notruf in der Innenstadt ein Rettungswagen zu den Schiffsanlegern in der Altstadt, falls sich der Verunglückte dort verfangen hat. „Nach Möglichkeit retten wir nicht unter den Ketten hindurch. Dadurch könnte der Patient nur weiter verletzt werden“, sagt Busse. Heute wird Rettungsschwimmer Ambacher von zwei Kollegen mit Leinen gesichert, das Trainings-Opfer ist schnell an Land gebracht. Michael Ambacher ist einer von 43 Feuerwehrleuten in Köln, die als Taucher ausgebildet sind. Wie an vielen Stellen sucht die Truppe auch hier händeringend Nachwuchs.
Rettungsboot „Ursula“ im Deutzer Hafen
Mit der heutigen Übung an der Bastei sind die Männer zufrieden. Als Ambacher aus dem Wasser klettert, berichtet er vom Adrenalinschub, den ein Feuerwehrmann spürt, „wenn es um die Wurst geht“. Manchmal aber komme er zum Einsatz „und die Ursula hat das Ding schon geritzt“. Ursula heißt das im Deutzer Hafen liegende Rettungsboot, auf dem beatmet, reanimiert, defibrilliert werden kann und das oft schneller vor Ort ist als die Kräfte auf dem Landweg.
Damit all das aber nicht nötig wird, will Busse alle Zeugen noch einmal für das Verhalten beim Notruf sensibilisieren: „Am wichtigsten ist, wo das Opfer verunglückt ist und welche Kleidung es trägt. Außerdem: Rückfragen abwarten und nach dem Notruf die Leitung freihalten“, sagt Busse. Das größte Problem sei nämlich immer, das Opfer zu finden. „Aber wenn wir die Person sehen, bekommen wir sie auch.“