Feuerwehrfrauen in Köln„Wir können hier niemanden mit langen Fingernägeln gebrauchen“

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Lisa Lindenthal

Lisa Lindenthal

  • In Köln gibt es bisher nur acht Feuerwehrfrauen - und 1101 Feuerwehrmänner.
  • Lisa Lindenthal steht kurz vor dem Abschluss ihrer Ausbildung.
  • Vereinzelten Sticheleien oder alten Klischees zum Trotz will sie ihren Job nicht missen.

Köln – Die dicke Brandschutzjacke sitzt, der Sprung in die Fahrerkabine des Löschfahrzeugs ebenso. Lisa Lindenthal läuft selbstbewusst in ihren schweren Feuerwehrstiefeln durch die Wache. Dabei ist sie nur eine von acht Feuerwehrfrauen in der Kölner Berufsfeuerwehr – bei aktuell 1101 Männern.

Im Frühjahr beendet sie ihre 18-monatige Ausbildung zur Feuerwehrfrau im mittleren Dienst. „Als ich mich für die Ausbildung beworben habe, wusste ich gar nicht, dass es nur so wenige Frauen gibt“, sagt Lindenthal und lächelt. Immerhin: Beim Sondereinsatzkommando der Polizei arbeitet überhaupt keine Frau. Aber sie sei immer schon jemand gewesen, der keine Lust auf die typischen Frauenberufe hatte, meint die gelernte Feinwerkmechanikerin.

Bis vor kurzem gelang es allerdings kaum einer Frau, den Sprung in die Feuerwehrausbildung zu schaffen. Der sportliche Aufnahmetest war schlicht zu schwer. Vor etwa zwei Jahren wurde der Test jedoch verändert. „Er sollte bundesweit einheitlicher sein und wurde dahingehend optimiert, dass sich die Übungen mehr an den Tätigkeiten der Feuerwehrleute orientieren“, erklärt Personalleiterin Renate Müller. Das Berufsbild habe sich geändert. Feuerwehrleute müssen mittlerweile viel öfters den Rettungsdienst unterstützen, Patienten tragen oder den Verkehr nach einem Unfall sichern als direkt Brände bekämpfen. „Generell ist der Job sehr technisch und auch psychisch und physisch anspruchsvoll. Da muss man einiges aushalten.“

Der Sporttest hat es in sich

Der Sporttest der Feuerwehr ist Teil der Aufnahmeprüfung, die zusätzlich aus einem schriftlichen Wissenstest und einem Bewerbungstest besteht. Sportlich müssen sich die Bewerber etwa mit Liegestützen, einem Gleichgewichtstest, einem 400- und einem 3000-Meter-Lauf sowie Kraftübungen beweisen.

Nachwuchsprobleme hat auch die Berufsfeuerwehr Köln. Um dem entgegenzuwirken, werben die Feuerwehrleute gezielt an Schulen, auf Berufsmessen, bei Zeitsoldaten oder mit Plakaten. Die Werbung hat dazu geführt, dass die Berufsfeuerwehr Köln gerade so die Ausbildungsplätze besetzen konnte. (stö)

Die Überarbeitung des Sporttests kam aber unbeabsichtigt den weiblichen Bewerbern zugute. Seitdem schaffen mehr Frauen die Aufnahmeprüfung. Jessica Freywald war 2012 die erste Frau, die bei der Berufsfeuerwehr Köln anfing, allerdings im höheren Dienst. „Ich musste aber damals nicht den Sporttest machen“, sagt die 37-Jährige. „Die Auswahlwahlprüfung für den höheren Dienst war noch anders.“

Doch ob mit oder ohne Sporttest: Respekt müssen sich alle weiblichen Feuerwehrleute erarbeiten. „Es gibt keine Komplikationen mit den Kollegen“, sagt Anfängerin Lindenthal. „Sie sind neugierig, warum ich zur Feuerwehr wollte, aber das sind sie auch bei männlichen Kollegen.“ Generell werde sie nicht anders behandelt, als Feuerwehrmänner. „Heute gab es eine Situation bei einer Tragehilfe, bei der ein Kollege mich fragte, ob ich es denn schaffen würde, die Person mit zu tragen – und hat für mich eingegriffen“, erinnert sich die 26-Jährige. „Aber eigentlich will ich das gar nicht.“

Bei den jüngeren Kollegen sei das Frausein in der Feuerwehr auch kaum ein Thema, sagt Jessica Freywald. „Die Älteren muss man da eher überzeugen. Die sind noch konservativer erzogen worden, glauben, dass Frauen in der harten Welt der Feuerwehr nichts zu suchen haben. Da muss man sich dann durchbeißen und sie von seinem Können überzeugen – und dann klappt das auch.“

Trotzdem wissen beide Feuerwehrfrauen, dass sie bei Einsätzen stets im Mittelpunkt stehen. „Eigentlich müssen wir uns überhaupt nicht anstrengen, wir stehen eh immer im Fokus“, sagt Freywald und lacht. Dass sie meistens noch mehr als andere Anfänger beobachtet wird, hat auch Lisa Lindenthal immer im Hinterkopf. „Ich habe gerade meinen Lkw-Führerschein gemacht. Ich dachte, wenn ich das jetzt nicht schaffe, habe ich das Klischee erfüllt, dass Frauen kein Auto fahren können. Zum Glück ging alles gut.“

Jessica Freywald ist als Angestellte im höheren Dienst meist als Einsatzleiterin vor Ort. Dabei ist es wichtig, dass auf ihre Anweisungen gehört wird. „Da gibt es auch schon mal Unstimmigkeiten, weil meine Entscheidungen dahingehend bewertet werden, dass ich sie als Frau getroffen habe. Da muss man sich dann durchsetzen“, fasst Freywald zusammen.

Was sich aber definitiv noch ändern müsse, sei die Infrastruktur innerhalb einiger Wachen. „Nicht jede Wache ist dafür ausgelegt, Frauen zu beherbergen“, sagt Lindenthal. „Manchmal gibt es nur Männer-Toiletten, da muss man sich erst dran gewöhnen.“ Allerdings werden die alten Wachen sukzessive saniert – und bekommen auch Damen-WCs.

Vereinzelten Sticheleien oder alten Klischees zum Trotz wollen Lindenthal und Freywald ihren Job nicht missen. „Es ist ja auch belegt, dass gemischte Teams gut sind. Dennoch können wir hier keine Frauen mit langen Fingernägeln gebrauchen – man muss schon anpacken können“, sagt Freywald und schmunzelt. „Man wird schmutzig und schwitzt – das passiert hier eben.“

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