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Kölner Gastronomen unter falscher FlaggeBeim Griechen, der eigentlich Inder ist

5 min

Harbakhsh Singh, Inder mit griechischem Imbiss

Köln – Japaner aus Bangladesch

Ali Mohammad und Manik Bhuiyan kommen aus Bangladesch. „Das Land ist Vize-Weltmeister in Sachen Fischküche“, sagt Mohammad. „Weltmeister ist Japan.“ Mohammad und Bhuiyan wollten auch Weltmeister sein – und eröffneten 2010 das Sushi-Haus in Deutz. „Ich habe zwei Jahre in Japan gearbeitet“, sagt Bhuiyan. Die Sushi-Boxen, die er dort befüllt hat, sind auch hier bekannt. Das Kölner Unternehmen Bento Box bietet Lunchboxen an, die aussehen wie kleine Gemälde aus Fisch, Reis und Gemüse. „Sushi ist hip: gesund und lecker“, sagt Mohammad, „und im Rechtsrheinischen gab es noch keine Sushi-Restaurants“. Deswegen, und, weil Bhuiyan in Japan gearbeitet hatte und wusste, wie Sushi zubereitet wird, hätten sie sich für die japanische Küche entschieden.

Beide haben vorher für italienische und deutsche Restaurants gearbeitet. Ihr Deutzer Haus läuft so gut, dass die Bengalen an der Dellbrücker Hauptstraße vor zwei Jahren ihren zweiten Laden aufgemacht haben, der Ende Januar auf über 20 Sitzplätze erweitert. Speisen aus Bangladesch gibt es hier nicht. „Mischmasch mit Küchen aus verschiedenen Ländern ist Quatsch, das hat meistens keine Qualität“, sagt Mohammad. Japanische Messegäste hätten sie schon oft gefragt, woher sie als Bangladescher wüssten, wie man so gutes japanisches Sushi macht. „Man muss ja nicht in Japan geboren sein, um Sushi machen zu können“, sagt Bhuiyan. „Aber sowas zu hören, ist trotzdem schön.“

Iranischer Italiener

Als Tomaj Shekarloo vor 14 Jahren im kleinen italienischen Restaurant Salute am Lindenthalgürtel anfing, nannte er sich Antonio. „Man hat mir damals davon abgeraten, zu sagen, dass ich Iraner bin“, sagt der 33-Jährige. Wo Italiener draufsteht, sollte ein Italiener drin sein – mit dieser Haltung ist Shekarloo immer wieder konfrontiert worden. „Noch kürzlich hat mich ein Mann auf Facebook beschimpft, dass ich gar kein Italiener sei und mich mit fremden Federn schmücken würde“, sagt Shekarloo, der seine Gäste mit italienischen Redewendungen bedient. Er habe zurückgeschrieben, dass er ja der italienischen Wirtschaft nutze, da er viele Waren aus Italien einkaufe. „Es hat sich dann herausgestellt, dass der Mann Faschist ist.“

Tatsächlich gibt es nicht wenige Italiener, die sich wünschen, dass nur Menschen mit italienischen Wurzeln italienische Restaurants betreiben. Sie haben sich im Internet auf der Seite echteitaliener.de zusammengeschlossen. Im Salute ist der Restaurantchef Italiener, der Koch Marokkaner, der Pizzabäcker Iraker und der Chef Iraner. So ähnlich ist es übrigens auch bei einigen „echten Italienern“. Shekarloos Lokal ist in Lindenthal sehr beliebt. Ein Teil der Konkurrenz schaut ein bisschen neidisch auf den Erfolg. Der Salute-Betreiber hat die Gaststätte von einem Stehimbiss zu einem Lokal mit 40 Plätzen ausgebaut. Als rein italienisches Restaurant versteht er seinen Laden trotz Steinofenpizzen und italienischen Weinen nicht: „Wir bieten mediterrane Küche.“ Den Namen Antonio hat Tomaj längst abgelegt. Inzwischen sagt er Gästen, die ihn nach seiner Herkunft fragen, augenzwinkernd: „Ciao, ich bin Perser. Aber sag es nicht weiter, ok?“

Lesen sie auf der nächsten Seite vom griechischen Ungar, dem indischen Griechen und dem deutschen Thailänder.

Griechischer Ungar

Souflaki oder Gyros, bei ihm, in der Puszta-Hütte? Nikolaos Sardis kann die Frage nicht verstehen. „Um Gottes Willen! Wollen Sie mir den Laden versauen?“, fragt der 59-Jährige. „Eher würde ich dichtmachen!“ Sardis ist gebürtiger Grieche. Sein erstes Restaurant in Leverkusen war tatsächlich ein griechisches, danach hat er als Gastronom im Markushof, im Aachener Stübchen und im Berrenrather Hof gearbeitet. Seit 22 Jahren ist er Chef der Puszta-Hütte in der Fleischmengergasse 57 gegenüber vom Haubrich-Forum. Hier gibt es seit 1948 ein ungarisches Gulasch, dessen Rezept Puszta-Hütten-Gründer Max Lippert der Legende zufolge nach seiner Kriegsgefangenschaft von einer ungarischen Bäuerin kredenzt bekam. Der Kulturanthropologe Gunther Hirschfelder sagte mal, die Puszta-Hütte sei ein frühes Beispiel für die „Pluralisierung des Geschmacks“, die seit den 1950er Jahren in Deutschland zu beobachten gewesen sei. Das ist lange her. Das Gulasch enthalte „21 Gewürze, davon allein sieben Paprikasorten“, sagt Sardis. „Das Rezept kennen nur noch meine vier Kinder, meine Frau und ich. Wir bewahren es zu Hause in einem Tresor auf.“ Sardis sagt, er esse sein Gulasch einmal am Tag, „aber ich esse auch gern deutsche Hausmannskost und Gerichte aus aller Welt“.

Bloß würde er die in der Puszta-Hütte nie anbieten: „Das wäre Verrat.“ Die Speisekarte verändere er nie. Es gibt Cola, Wasser, Kölsch, ein paar Schnäpse, und: Gulasch nach Rezept der ungarischen Bäuerin. Eine Portion in der Edelstahlschale mit Brötchen für 3,90 Euro, ein Nachschlag Soße gratis. So soll es auch bleiben, wenn seine Kinder den Laden irgendwann übernehmen. „Wenn die Kinder sagen, sie wollen hier Gyros anbieten, kriegen sie die Hütte nicht.“

Indischer Grieche

Harbakhsh Singhs Lokal in Mülheim heißt „Beim Griechen“. Es gibt Gyros, Pita und Pizza, Pommes und Nudeln. In den Regalen steht griechischer Wein. Seit zehn Jahren arbeitet der gebürtige Inder Singh in dem Imbiss in der Düsseldorfer Straße. In den ersten Jahren Seite an Seite mit einem griechischen Kompagnon, von dem er den Laden übernahm. Singh rollt das R wie ein Grieche, sein Gyros ist grandios. „Nein, ohne indische Gewürze“, sagt er. Die gibt es nur bei ihm zu Hause. Dort bevorzugt er scharfe Currys. „Inder wie Griechen können hervorragend kochen.“

Deutscher Thailänder

14 Jahre hat Heinz Zorn in Südostasien gelebt. In Indonesien war er Betriebsleiter einer großen Chemiefabrik. Dort hat der gebürtige Kölner seine Liebe zur asiatischen Küche entdeckt. „Die thailändische Küche ist mir noch lieber als die indonesische, weil sie frischer ist.“ Eine Freundin schrieb ihm vor einem halben Jahr, dass die Betreiber des Restaurants Rim Khong in der Südstadt einen Nachfolger suchen. Jetzt besucht Zorn fast täglich den Großmarkt und schleppt die Entenbrüste persönlich in die Küche. „Für mich geht ein Lebenstraum in Erfüllung.“