Enorme FinanzlastKölner Stadtverwaltung rechnet mit Millionen-Ausgaben für Geflüchtete im Jahr 2023

Lesezeit 4 Minuten
Mehrere Geflüchtete kommen nachts am Breslauer Platz an der Auffangstation für Geflüchtete aus der Ukraine an.

In Köln werden weitere Geflüchtete erwartet. Die Stadt schafft derzeit neue Unterkünfte.

In den kommenden Monaten werden wieder deutlich mehr Geflüchtete nach Köln kommen. Für sie schafft die Stadt derzeit neue Unterkünfte. Die finanzielle Belastung ist enorm.

15.700  – mit dieser Zahl an Geflüchteten rechnet die Stadtverwaltung im kommenden Jahr. Nie mussten mehr Menschen aus den Kriegs- und Krisengebieten der Welt in Köln versorgt werden. Nun hat die Stadt eine erste Prognose der Kosten für Unterbringung und Betreuung der Geflüchteten angestellt. Für 2023 veranschlagt die Verwaltung 159 Millionen Euro.

Das ist ein gewaltiger Betrag, den die Stadt zunächst vollständig aus ihrem Etat finanzieren muss, erläutert die Verwaltung. Zumindest Teile davon könnten von Bund und Land erstattet werden, etwa über das Flüchtlingsaufnahmegesetz. Doch wie viel das sein wird, ist zurzeit vollkommen offen, da sich weder Berlin noch Düsseldorf in Sache bislang festgelegt haben. „Welche politischen Entscheidungen gefällt werden und ob ausreichende Finanzmittel bereitgestellt werden, ist derzeit nicht absehbar“, sagt die Stadt auf Anfrage.

Höhe der finanziellen Unterstützung unklar

Im kürzlich verabschiedeten Kölner Doppelhaushalt für 2023 und 2024 sind die 159 Millionen Euro vorsorglich berücksichtigt. Da jedoch momentan niemand weiß, wie viel Unterstützung die Stadt bei der Geflüchtetenunterbringung letztlich bekommt, drohen neue Löcher im Stadthaushalt. „Es kann daher – je nach konkreter Kostenentwicklung – nicht ausgeschlossen werden, dass es im Rahmen der Bewirtschaftung zu über- und außerplanmäßigen Bedarfen kommt“, formuliert die Stadt in einer Mitteilung an den Integrationsrat.

Eine Unterkunft für Geflüchtete in der Koelnmesse. Ein Bett und ein Hochbett sowie ein Tisch mit Stühlen steht auf der Fläche.

Die Stadt hat eine Unterkunft für Geflüchtete in der Koelnmesse eingerichtet.

Zurzeit beherbergt die Stadt nach eigenen Angaben in ihren Unterkünften knapp 11.000 Geflüchtete aus verschiedenen Nationen, davon rund 4000 aus der Ukraine. Zusätzlich seien etwa 10.300 Ukrainerinnen und Ukrainer bei Privatpersonen untergekommen oder haben bereits eine eigene Wohnung gefunden. Nachdem die Zahl der ankommenden Geflüchteten bis zum Sommer auf vergleichsweise niedrigem Niveau in etwa stagnierte, verzeichnet die Stadt inzwischen wieder steigende Werte.

Das liegt an den sinkenden Temperaturen in den Fluchtländern. Dort werden im Winter die ohnehin harten Lebensbedingungen noch schwieriger. Im Fall der Ukraine verschärfen die massiven russischen Angriffe die Lage. „Angesichts der fortschreitenden Zerstörung der Infrastruktur in der Ukraine sind in Teilen des Landes Engpässe mit Versorgungsgütern und Energie zu erwarten, die weitere Menschen fliehen lassen werden“, sagt die Verwaltung in einer Vorlage an den Stadtrat. Aus diesen Gründen müsse die Aufnahmekapazität in Köln nun zügig erhöht werden.

Ungeeignete Kölner Standorte werden erneut überprüft

Die Stadt hat bereits begonnen, neue Plätze zu schaffen. Die Wohncontainer am Südstadion wurden wieder hergerichtet und sollen 480 Menschen Unterschlupf bieten. Die erneut angemietete Halle 3 der Köln-Messe bietet Platz für 800 Geflüchtete. Neben dutzenden anderen großen und kleinen Einrichtungen, sucht die Verwaltung nun zum Beispiel weitere Standorte für Container-Unterkünfte oder Beherbergungsbetriebe zum Anmieten.

Unter anderem sollen zudem Flächen und Gebäude, die im vergangenen Frühjahr als ungeeignet eingestuft wurden, erneut überprüft werden, sagt die Stadt. Auch könnten in bestehenden Einrichtungen mehr Menschen untergebracht werden: „Optimierung der vorhandenen Ressourcen durch eine sozialverträgliche Verdichtung der Belegung“, nennt das die Verwaltung.

Überdies möchte die Stadt mehr Personal einstellen, das die Versorgung und Betreuung der Geflüchteten leistet. Im Amt für Wohnungswesen sind 64 zusätzliche Stellen vorgesehen, davon sind bislang aber erst 24 besetzt. „Trotz erheblicher Bemühungen, die dringend benötigten Stellen zeitnah und bedarfsorientiert zu besetzen“, sei die Resonanz auf die Stellenausschreibungen bislang „sehr verhalten“, teilt die Stadt mit. Solange noch keine Kolleginnen und Kollegen gefunden sind, sei die Arbeitsbelastung für das aktuelle Personal enorm hoch. 

„Welcome Center“ schließt zum Jahresende

Eine Einrichtung für Geflüchtete schließt zum kommenden Jahreswechsel. Das „Welcome Center Cologne“ (WCC) am Breslauer Platz wird abgebaut. Die Zelte auf dem Breslauer Platz dienten seit Anfang März – also kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine – als erste Anlaufstelle für Geflüchtete. Sie bekamen dort erste Beratungen, einen Imbiss, wurden auf Covid-19 getestet und bei Bedarf medizinisch versorgt.

Inzwischen kämen dort aber durchschnittlich nur noch 25 Menschen an, was die „hohen Kosten“ nicht rechtfertige, sagt die Stadt. Deshalb laufe der Mietvertrag zum Jahresende aus. Stattdessen richtet die Verwaltung dort einen „Infopoint“ ein, an dem sich die Geflüchteten melden können. „Die Leistungen des WCC werden dann an anderer Stelle gewährleistet werden“, kündigt die Verwaltung an.

KStA abonnieren