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Gerangel um ListenplätzeJusos werfen Kölner SPD-Spitze fehlenden Mut zum Generationswechsel vor

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Ein SPD-Mitglied trägt einen Hoodie mit Jusos-Aufdruck. (Archivbild)

Ein SPD-Mitglied trägt einen Hoodie mit Jusos-Aufdruck. (Archivbild)

Vor der Wahlkreiskonferenz der Kölner SPD fühlt sich der Partei-Nachwuchs in den Top-Ten der Reserveliste nicht ausreichend vertreten.

Elisabeth Klein möchte bei den Kommunalwahlen im September den Sprung in den Kölner Stadtrat schaffen. Sie ist 30 Jahre alt, war bis Januar Vorsitzende der Kölner Jusos und gehört dem Vorstand der Jusos NRW an. Sie hat Jura studiert und beginnt im kommenden Jahr ihr Referendariat, aktuell arbeitet sie für die Landtagsabgeordnete Carolin Kirsch. Sich dazu ehrenamtlich im Kölner Stadtrat zu engagieren, würde einen Batzen Arbeit bedeuten. Aber sie will es so. Unbedingt sogar. 

„Im Moment ist unsere Stadtgesellschaft sehr darauf angelegt, Vorteile für ältere Menschen zu erreichen“, sagt sie. Und: „Wenn man viel zu meckern hat, und das habe ich, dann sollte man am besten mitmachen.“

In vorderster Reihe mitzumachen, ist aber gar nicht so einfach, denn die Plätze im Stadtrat sind hart umkämpft. Deshalb knirschte es im Vorfeld der Wahlkreiskonferenz am Samstag im Bürgerzentrum Chorweiler mächtig im Gebälk der SPD. Die Jusos sind nicht einverstanden mit der von den Spitzen von Fraktion und Partei ausklamüserten Plätze-Zuteilung auf der Ratsreserveliste.  

Elisabeth Klein, ehemalige Juso-Vorsitzende Köln.

Elisabeth Klein, ehemalige Juso-Vorsitzende Köln

„Da hat der Mut zum Generationenwechsel gefehlt, das hat uns erschüttert“, sagt Sami Berhane, die Nachfolgerin von Elisabeth Klein als Kölner Juso-Vorsitzende. Sie bildet mit Leon Boness eine Doppelspitze. Und zusammen habe man zuletzt in so mancher Diskussion mit den etablierten SPD-Führungskräften gesessen. In einer Vorstandssitzung am Montagabend wurde Elisabeth Klein dann noch vom 14. auf den zwölften Platz vorgeschoben. „Das war ein Kampf“, sagt Berhane.   

Jusos schließen Kampfkandidaturen um Listenplätze der Kölner SPD nicht aus

Das Minimalziel, das die Partei sich eigentlich gesetzt habe – nämlich 30 Prozent Jusos in den Top Ten der Liste unterzubringen – sei nicht erreicht worden. Dazu werde man sich bei der Wahlkreiskonferenz am Samstag äußern, kündigt Berhane an. Vielleicht werde es auch Kampfkandidaturen um vordere Listenplätze geben. „Ausgeschlossen ist das nicht“, betont die Juso-Vorsitzende. 

Aktuell sind 19 Frauen und Männer der SPD Teil des 90-köpfigen Stadtrates, dem außerdem Oberbürgermeisterin Henriette Reker angehört. Am 14. September wird nach fünf Jahren wieder gewählt, die Sieger in den 45 Kölner Wahlbezirken ziehen in den Rat ein. Die übrigen Plätze gehen ja nach Stimmanteil der Parteien an Kandidatinnen und Kandidaten auf den Ratsreservelisten.

Christian Joisten, Fraktionschef der Kölner SPD.

Christian Joisten, Fraktionschef der Kölner SPD

Die Kölner SPD eroberte 2020 zwölf ihrer 19 Ratsmandate direkt, das wolle man im Herbst mindestens wieder schaffen, sagt der aktuelle und wohl auch künftige Fraktionschef Christian Joisten. Er wurde auf Platz eins der Liste gesetzt. Tatsächlich ist die Hoffnung in der Partei groß, dem eigenen OB-Kandidaten Torsten Burmester, dessen Kandidatur am Samstag per offiziellem Votum endgültig besiegelt werden soll, zum Sieg zu verhelfen und diesmal als stärkste Kraft mehr Ratsmandate als Grüne (aktuell 26) und CDU (aktuell 20) zu holen.     

Die Unzufriedenheit der Jusos kann Joisten einerseits verstehen. Sie sei übliches Prozedere nicht nur in Köln, die Jungen müssten für ihre Interessen kämpfen im Reigen der Alteingesessenen. Andererseits findet Joisten, dass die Kölner SPD mit fünf Jusos in den Top 15 der Liste so jugendfreundlich sei wie noch nie. Allerdings zählt er auch Pascal Pütz auf Platz neun mit, der vor ein paar Monaten 36 Jahre alt wurde und damit nicht mehr als Juso gilt – Juso ist man nur bis zu seinem 36. Geburtstag.  

Kölner SPD setzt sich selbst strenge Regeln für die Aufstellung der Ratsreserveliste

Eine gewichtige Juso-Vertreterin ist Maria Helmis-Arend, die als stellvertretende Fraktionsvorsitzende auf Platz zwei hinter Joisten rangiert. Dann folgen aus Juso-Sicht Lukas Lorenz als Elfter, Klein als Zwölfte und Lars Gemmer auf Platz 15. Ü-60-Kandidaten gibt es noch zwei in den Top 15. Das sind Bürgermeister Ralf Heinen auf Platz drei und Eva Bürgermeister auf Rang acht. „Damit sind wir sehr gut aufgestellt“, sagt Joisten. Jünger habe die Kölner SPD noch nie ausgesehen.    

Für die Aufstellung ihrer Reserveliste hat die SPD sich Regeln gesetzt, die so klar wie kompliziert sind. So werden abwechselnd Männer und Frauen aufgestellt, unter den Top Ten müssen alle neun Kölner Stadtbezirke vertreten sein, die Diversität der Gesellschaft muss sich widerspiegeln und Jung sowie Alt sollen ausgewogen berücksichtigt werden.

Eine Kampfkandidatur in einem der Wahlkreise deutete sich schon beim letzten Unterbezirks-Parteitag an. Sercan Bars, ebenfalls ehemaliger Juso-Vorsitzender, und Christian Robyns, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bezirksvertretung Kalk, wollen beide für den Wahlkreis Kalk 1 in den Kölner Stadtrat einziehen. Wer immer das Rennen am Samstag macht, findet sich dann auf dem 45. Platz der Ratsreserveliste wieder, alles andere als aussichtsreich also. Dennoch gilt der Einzug des Siegers dieser Kampfabstimmung in den Rat als sehr sicher. „Kalk 1 haben wir sogar 1999 gewonnen, als wir nur in zwei Wahlkreisen Siege holen konnten“, sagt Joisten.