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Hilfe im KriegKölner Kinderklinik festigt Partnerschaft mit Krankenhaus in der Ukraine

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Michael Weiß, Ärztlicher Direktor der Kinderklinik, NRW-Europaminister Nathanael Liminski (CDU), Kinderchirurg Tobias Klein und Serhii Ryzhenko, Direktor des Mechnikov-Krankenhauses in der Ukraine (von rechst) bei einem Rundgang mit weiteren Kollegen in der Kinderklinik Amsterdamer Straße.

Michael Weiß, Ärztlicher Direktor der Kinderklinik, NRW-Europaminister Nathanael Liminski (CDU), Kinderchirurg Tobias Klein und Serhii Ryzhenko, Direktor des Mechnikov-Krankenhauses in der Ukraine (von rechst) bei einem Rundgang mit weiteren Kollegen in der Kinderklinik Amsterdamer Straße. 

Schon seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine werden schwer verletzte Kinder an der Amsterdamer Straße behandelt. Jetzt soll mit Telemedizin auch vor Ort geholfen werden. 

Die Kliniken der Stadt Köln wollen künftig enger mit Krankenhäusern im ukrainischen Dnipro zusammenarbeiten. Vertreter der Mechnikov-Klinik für Erwachsene und des Center for Medical and Social Rehabilitation of Children waren am Mittwoch zu Gast in der Kinderklinik Amsterdamer Straße, um sich mit den Kölner Medizinern zu besprechen.

Nordrhein-Westfalen und die Region um die Millionenstadt in der zentralöstlichen Ukraine, die Oblast Dnipropetrowsk, verbindet seit 2023 eine Regionalpartnerschaft. Bei dem Treffen am Mittwoch gab NRW-Europaminister Nathanael Liminski den Start eines neuen Projekts der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zur Behandlung von Wundinfektionen bekannt. Dieses unterstützt das Land NRW mit 380.000 Euro. 

Schon seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine im Februar 2022 werden regelmäßig schwer verletzte Kinder oder Säuglinge mit angeborenen komplexen Fehlbildungen in der Klinik an der Amsterdamer Straße behandelt. Etwa Yurii und Yevhen, die, wie berichtet, nach der Explosion einer Pipeline in der Ukraine mit schwersten Verbrennungen nach Köln kamen. Oder wie Olena (Name geändert), von der Tobias Klein, leitender Oberarzt der Kinderchirurgie an der Kinderklinik, am Mittwoch erzählt.

Sie kam als eines der ersten Opfer nach Köln. In Kiew war eine Bombe direkt neben der damals 14-Jährigen explodiert. Sie habe komplexe Frakturen, Weichteilschäden und offene Wunden mit Fremdkörperverunreinigungen an ihrer linken Körperseite gehabt. Erst kürzlich nahmen die Kölner Ärzte der inzwischen 17-Jährigen einen externen Knochen-Fixateur ab. „In der Ukraine wäre es wahrscheinlich zu einer Amputation gekommen“, sagt Klein.     

Pro Nacht werden 50 bis 100 verletzte Soldaten von der Front in die ukrainische Mechnikov-Klinik eingeliefert

Die Kliniken in Dnipro arbeiten seit drei Jahren am Limit. Serhii Ryzhenko, Direktor des Mechnikov-Krankenhauses, berichtet von 51.000 Operationen, die in dieser Zeit in seinem Haus stattgefunden hätten. Jede Nacht würden 50 bis 100 verletzte Soldaten von der rund 100 Kilometer entfernt verlaufenden Front eingeliefert. Tagsüber könnten sie nicht transportiert werden, weil sie dann russischen Angriffen ausgesetzt wären. „Wenn Raketen fliegen und Drohnen, dann ist es sehr schwer, stark zu bleiben“, sagt Ryzhenko. Umso dankbarer seien er und seine Kolleginnen und Kollegen für die Hilfe aus Köln und NRW. 

Die Mechnikov-Klinik wird inzwischen als „Überlebensfabrik“ bezeichnet. Und wo um die Leben so vieler Menschen gekämpft wird, bleibt wenig Zeit, Kindern mit individualisierter Spitzenmedizin eine Zukunft zu ermöglichen. Das gelingt in einigen Fällen in Köln, gut 20 Kinder aus der Ukraine wurden in den vergangenen Jahren an der Amsterdamer Straße behandelt. Aber das Kölner Knowhow soll künftig noch vielen mehr vor Ort in der Ukraine zugute kommen. Unter anderem mit Fallbesprechungen per Telemedizin wollen Kölner Kinderärzte die Teams in der Ukraine unterstützen. Kinderchirurg Klein sagt: „Wenn man sieht, was die für einen Leidensweg hinter sich haben, kann man nicht nicht helfen.“

Nach Ansicht von Nathanael Liminski profitieren beide Seiten von den Krankenhauspartnerschaften. Die Ukraine bekommt Hilfe – und Deutschland könne von der Ukraine lernen, sich auf den Ernstfall vorzubereiten. „Wir müssen uns ernsthaft mit solchen Szenarien auseinandersetzen“, sagt Leminski: „Nicht, um es herbeizureden, auch nicht mit der Vorstellung, dass hier direkt Krieg herrscht. Aber wir werden mit dieser Form von Gewalt dauerhaft konfrontiert sein in Europa.“ Dabei betont er auch: „Wir dürfen uns aber nicht daran gewöhnen, dass ein befreundetes Land im Krieg ist, das muss aufhören.“