Da viele Kölner Schulbauten nicht auf den Klimawandel eingestellt sind, droht mehr Unterrichtsausfall.
Heiße KlassenräumeMangelnder Wärmeschutz führt zu Hitzefrei an vielen Kölner Schulen

Ab 27 Grad im Klassenraum gab es in den ersten Kölner Schulen hitzefrei. (Symbolbild)
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Für viele Kölner Kinder und Jugendliche gab es zum Wochenbeginn aus ihrer Sicht gute Nachrichten: In zahlreichen Schulen gab es nach der vierten Stunde hitzefrei. Dabei ist das ganze keine ministerielle Vorgabe, sondern wird von jeder einzelnen Schulleitung jeweils eigenständig nach den Gegebenheiten vor Ort entschieden. Ab einer Raumtemperatur von 27 Grad darf die Schulleitung hitzefrei geben – das bedeutet dann verkürzten Unterricht.
Bereits am Montag war dieser Wert in zahlreichen Kölner Schulen erreicht: So waren es beispielsweise am Mülheimer Genoveva-Gymnasium bereits um 7.30 Uhr je nach Raum 28 bis 30 Grad. In der Katholischen Grundschule Berrenrather Straße in Sülz schwitzten die Kinder bei über 30 Grad Raumtemperatur wie in einem Backofen, sodass die Eltern aufgefordert wurden, ihre Kinder schon um 11.35 Uhr abzuholen. Über die Woche werden sich die allesamt nicht klimatisierten Schulgebäude weiter aufheizen, sodass die Hitzefrei-Periode voraussichtlich die ganze Woche andauern wird.
Einige Kölner Schulen stellen um auf Kurzstunden
Damit nicht zu viel Unterricht ausfällt und weil Hitzeperiode gerade nach den Sommerferien zu Schuljahresbeginn immer häufiger werden, gehen immer mehr Kölner Schulen – wie etwa das Montessori-Gymnasium oder das Dreikönigsgymnasium – dazu über, bei hitzefrei auf einen Kurzstundenplan umzustellen: Dann fallen nicht die letzten beiden Fächer des Tages unter den Tisch, sondern alle Unterrichtsstunden des Tages werden von 45 auf 30 Minuten verkürzt. Im „Monte“ gilt die Regelung jetzt erst mal bis Mittwoch. So werden trotz Hitze alle Fächer unterrichtet.
Hitzefrei bekommen allerdings nicht alle Schülerinnen und Schüler: Es ist lediglich von der ersten bis zur zehnten Klasse vorgesehen – Oberstufenschüler müssen weiter büffeln. Bis einschließlich zur sechsten Klasse dürfen die Kinder nur nach Absprache mit den Eltern vor dem regulären Unterrichtsschluss nach Hause geschickt werden und müssen sonst vor Ort bis Schulschluss in den überhitzten Gebäuden in einer Notbetreuung beaufsichtigt werden. „Unaushaltbar“ seien die Temperaturen in der Sülzer KGS, sagt eine Mutter. „Und wer berufstätig ist und sein Kind nicht abholen kann und in der Hitze in der Notbetreuung lassen muss, fühlt sich dann auch schlecht.“ Nur einen einzigen Turmventilator gebe es pro Klasse.
Klimatisierte Räume gibt es nur für Erwachsene
Was vor den Ferien, da ohnehin alle Klassenarbeiten geschrieben sind, wenig problematisch ist, wird nach den Sommerferien kritisch, wenn das Schuljahr eigentlich Fahrt aufnehmen soll und der Lehrplan den Schulen im Nacken hängt: Angesichts von Klimawandel auf der einen und nicht klimatisierten Schulen auf der anderen Seite ein wachsendes Problem.
Denn: Während es in der Arbeitswelt die Erwachsenen dank der „Arbeitsstättenregelung ASR A 3.5 Raumtemperatur“ schon ab 26 Grad Raumtemperatur per Vorschrift entweder Abkühlung per Klimaanlage oder mindestens Sonnenschutzsysteme oder Sonnenschutzverglasung geben muss, gibt es für Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte solcherlei Regeln selbst angesichts des Klimawandels nicht. Längst nicht alle Klassen haben Rollos, viele Bestandsschulen sind schlecht gedämmt oder sanierungsbedürftig. Wer nicht das Glück hat, in einer der neu gebauten Kölner Schulen zu lernen, hat oft große Probleme mit Hitze in den Klassen. Und selbst in Neubauten wie besagter Grundschule in Sülz ist der Hitzeschutz nicht ausreichend.

Kinder einer zweiten Klasse laufen in einer Grundschule an einer Tafel mit der Aufschrift „Hitzefrei“ vorbei. (Symbolbild)
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Eine Strategie der Landesregierung oder Konzepte, wie angesichts des Klimawandels die Schulen in NRW dafür gerüstet werden sollen, gibt es nicht. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Verband Bildung und Erziehung (VBE) moniert, dass Hitze in Schulen in der Gesellschaft nicht als Problem wahrgenommen werde und nicht mal Schulneubauten klimatisiert seien – obwohl die Zahl der heißen Tage perspektivisch zunehme.
Die Stadtschulpflegschaft fordert schon länger eine Anpassung der Kölner Schulen an den Klimawandel. Für Schulneubauten sind als Standard für alle sonnenbeschienenen Fenster Sonnen- und Blendschutz als Standard festgeschrieben. Auch bei energetischen Sanierungen oder Generalinstandsetzungen werden diese Maßgaben nachträglich umgesetzt. Die in die Jahre gekommenen Schulen, die auf Sanierung warten, sind dagegen laut Stadt mindestens mit einfachen Sonnenschutzvorhängen ausgestattet.
Extrawurst bei Ferien für Bayern und Baden-Württemberg
In den vergangenen Jahren hatten gerade nach frühem Sommerferienbeginn noch im Juni zum Schuljahresstart längere Hitzewellen mit tagelangem Hitzefrei für Unmut bei vielen Eltern wegen des Unterrichtsausfalls gesorgt. Gerade an den Grundschulen saßen dann die Kinder berufstätiger Eltern mehrere Tage in der Notbetreuung. Daher steht neben der besseren Ausstattung der Schulgebäude zunehmend politisch die Frage im Raum, ob angesichts des Klimawandels perspektivisch die Sommerferien verlegt werden sollten.
Dabei entzündet sich die Kritik immer wieder an der Sonderregelung für Bayern und Baden-Württemberg, die im Ferienkalender immer die spätesten Wochen für die Sommerferien reservieren. So schwitzen die Schülerinnen und Schüler nicht selten schon Anfang August im Klassenraum, während die Bayern erst Mitte September zurückkehren, wenn die Hitze sich erledigt hat. Aber auch sehr viel grundsätzlichere Überlegungen stehen aufgrund des Klimawandels im Raum. So schlug etwa der Zukunfts- und Tourismusforscher Ulrich Reinhardt im Deutschlandfunk vor, den sommerlichen Ferienkorridor ähnlich wie in Frankreich auf acht Wochen zu verlängern und im Gegenzug die Herbstferien zu verkürzen.