Hohe HospitalisierungsrateWieso die Lage auf der Kölner Intensivstation entspannt ist

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Die Hospitalisierungsrate steigt, auf der Kölner Intensivstation ist die Lage jedoch noch relativ entspannt (Symbolbild).

Köln – Die Hospitalisierungsinzidenz steigt, in Köln, in Nordrhein-Westfalen, in Deutschland. Derzeit liegt sie in NRW bei 4,1. Verwunderlich ist das nicht, schließlich erreichen auch die Corona-Fallzahlen durch Omikron Rekordwerte.

Doch im Vergleich zu diesen rasant steigenden Infektionszahlen nimmt die Zahl der Krankenhauseinweisungen deutlich weniger dramatisch zu als befürchtet. Vor allem, was die Zahl der sehr schweren Verläufe angeht, sind einige Mediziner gerade vorsichtig optimistisch. „Trotz der hoher Inzidenzen bliebt die Zahl der Intensivpatienten erstaunlich niedrig“, sagt Michael Hallek, Direktor der Klinik für Innere Medizin an der Uniklinik Köln, in einem Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Phase der Erholung

Zurzeit liegen nach Auskunft Halleks zwei bis drei Corona-Patienten auf der Intensivstation der Uniklinik. „Wir haben momentan eine Phase der Erholung, die wir fast ein bisschen genießen, sie tut dem medizinischen Personal gut“, sagt Hallek. Die niedrige Zahl der Intensivpatienten weise darauf hin, dass Omikron zu deutlich milderen Verläufen führe. Die Uniklinik, so Hallek, habe sich darauf eingerichtet, neue Covid-Stationen einzurichten. Alle Pläne lägen bereit. „Die sind aber zum Glück derzeit nicht notwendig.“

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Michael Hallek, Internist und Professor an der Uniklinik Köln

Auch außerhalb von Europa ist die Situation in den Kliniken ähnlich: In den USA sind die Fallzahlen fünfmal so hoch wie während der Deltawelle, so die Chefin der US-Gesundheitsbehörde CDC, Rochelle Walensky. Gleichzeitig hätten die Krankenhauseinweisungen nicht im gleichen Maße zugenommen.

Blick nach London und Kopenhagen

Ein Blick in Städte wie London und Kopenhagen, in welchen die Inzidenzen noch weit über denen in Köln und der Region lägen, lasse hoffen, dass auch hinter den steigenden Corona-Zahlen auf der Normalstation des Krankenhauses nicht unbedingt die Sorge stecken muss, dass Omikronerkrankungen vermehrt zu Krankenhausaufenthalten führen.

Hallek sagt, viele der Patienten dort würden wegen anderer Erkrankungen aufgenommen, seien nur zusätzlich positiv getestet. „Die müssen natürlich isoliert werden, aber sie werden nicht wegen Corona aufgenommen. Dadurch werden die Normalstationen in diesen beiden Länder stärker belastet“, sagt Hallek. An der Uniklinik sei bisher noch keine übermäßige Belastung der Normalstation festzustellen.

Impfquote in Dänemark höher

Wird Omikron das Gesundheitssystem der Region auch in Zukunft weniger belasten als befürchtet? Ganz sicher wisse man das nicht, so Hallek. Das Problem an den Daten von Städten wie London und Kopenhagen ist: Die Impfquote liegt dort höher als hier, gerade bei älteren Menschen. „Wir haben in Deutschland, anders als in England, Dänemark oder Südafrika, relativ viele ältere Ungeimpfte“, sagt Hallek. Mehr als drei Millionen Menschen in Deutschland über 60 sind nicht geimpft. „Deshalb bin ich vorsichtig, was Prognosen angeht“, so der Mediziner. „Es könnte auch wieder stärkere Ausbrüche in Altenheimen geben.“

Trotz der hohen Infektionszahlen lockern einige Nachbarländer ihre Corona-Maßnahmen. Als erstes EU-Land hebt Dänemark zum 1. Februar Restriktionen wie die Gesundheitspass-Pflicht, die Maskenpflicht und verkürzte Öffnungszeiten der Lokale auf. Gleichzeitig verzeichnet auch Dänemark neue Höchstwerte an Corona-Infizierten. Die Regierung begründet diesen Schritt mit einer hohen Quote an Booster-Impfungen und milderen Omikron-Verläufen. Auch Österreich, England und Frankreich lockern.

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Derweil haben die Regierungschefs von Bund und Ländern in Deutschland am Montag beschlossen, die geltenden Schutzmaßnahmen beizubehalten. Es wird also weder verschärft, noch gelockert. „Selbstverständlich betrachten wir auch die Entwicklung unserer Nachbarstaaten“, sagte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums am Mittwoch. Für Deutschland sei der Zeitpunkt der Lockerungen noch nicht gekommen. „In anderen Ländern mit einer anderen Impfquote mag das anders sein“, so der Sprecher.

Auch wenn Omikron gerade bei Geimpften seltener zu schweren Verläufen führt, belasten hohe Fallzahlen das Gesundheitswesen: Denn auch leicht erkrankte Pflegekräfte und Ärzte fallen als Betreuungspersonal aus. In der vergangenen Woche hätte die Hälfte der Krankenhäuser Einschränkungen bei der Belegung durch Personalausfälle gemeldet, sagte der Vorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, am Donnerstag im ZDF-Morgenmagazin. Die Versorgung sieht Gaß derzeit aber noch nicht gefährdet sei.

„Für unsere Klinik ist eine hohe Anzahl gleichzeitig infizierter Mitarbeitenden wirklich gefährlich“, sagte auch Uniklinik-Chef Edgar Schömig vor kurzem dieser Zeitung. „Wir müssen unbedingt verhindern, dass hier zu viele Menschen auf einmal infiziert sind.“ Fünf Prozent Infizierte könne man noch gut kompensieren, so Schömig. Er gehe jedoch davon aus, dass zum Höhepunkt der Omikron-Welle rund zehn Prozent der Belegschaft in Quarantäne sein werde. „Das kann hochkompliziert werden. Sind es 20 Prozent, dann haben wir ein riesiges Problem.“ In diesem Szenario müsste die Klinik mit dem gesunden Personal akute Notfälle bewältigen. Tumorbehandlungen müssten jedoch so weit verschoben werden, dass Patienten gegebenenfalls Schaden nehmen.

Auch Michael Hallek mahnt zur Vorsicht: Man wisse derzeit nicht, wie viele Menschen nach Omikron Long Covid bekommen. „Die Vermeidung einer Ansteckung mit Omikron ist also weiter sinnvoll.“ (red) 

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