Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Interview mit Angela Kanya-Stausberg„Die Mischung in Longerich passt“

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt (1)

LongerichFrau Kanya-Stausberg, Sie leben schon sehr lange in Longerich. Wie beurteilen Sie den Stadtteil?

Als ich 1957 hierhin gezogen bin, hieß dieser Teil von Longerich „Neue Gartenstadt-Nord“. Die Alte Gartenstadt-Nord war vor dem Krieg bereits gebaut worden und liegt auf der anderen Seite der Wilhelm-Sollmann-Straße. Damals standen unsere Häuser mitten auf einem großen Feld und verfügten alle über einen großen Garten. In jedem Haus lebte eine junge Familie mit Kindern. Wir hatten wirklich eine glückliche Kindheit: Für uns Pänz, die schnell Freundschaften schlossen, war es spannend, die neue Gegend zu erkunden.

Wie hat sich das Veedel anschließend entwickelt?

Erst nach und nach entstanden die Straßen und verschiedene Geschäfte, Restaurants und Kneipen. Eine Kirche und die Schule gab es bereits, allerdings waren jeweils zwei Jahrgänge in einer Klasse untergebracht. Das kannte ich nicht, war aber für mich kein Problem. Die Bevölkerung der Gartenstadt-Nord war fast ausschließlich katholisch, sehr homogen, man kannte sich, eine katholische Enklave. Das Zusammenleben gestaltete sich daher sehr angenehm. Schnell lernten wir auch viele Bewohner einer neuen Siedlung Longerich zwischen Alt-Longerich und Gartenstadt-Nord kennen. Wir besuchten zusammen die Volksschule in Alt-Longerich, jedoch hatten wir sonst wenig Kontakt. So ist es bis heute. Das ist ein für sich gewachsener Ort, mit vielen kleinen Geschäften, mehreren Restaurants, die es bei uns in der Gartenstadt leider nicht mehr gibt, und seit einiger Zeit der sensationellen „Bar 76“, die in der Stadt ihresgleichen suchen kann.

In der öffentlichen Wahrnehmung gilt Longerich oft nicht gerade als Top-Wohngegend. Woran mag das liegen und trifft das überhaupt zu?

Durch die vielen Einzelhäuser und die schönen Gärten ist die Wohnsituation ganz ruhig und angenehm. Lediglich das Heilig-Geist-Krankenhaus bringt etwas mehr Verkehr. Die drei katholischen und eine evangelische Kirchengemeinden bieten Gemeinschaft für Jung und Alt. Ob Kindergartenkind oder Senioren – für alle gibt es Angebote zum Mitmachen. Natürlich ist mit der Zeit die Bevölkerung älter geworden, aber mittlerweile kommen viele frühere Kinder mit ihrem Nachwuchs, so dass die Mischung passt.

Wie steht es um die Infrastruktur?

Die Anbindung an die Stadt ist durch die Straßenbahnlinie 15 und 12 günstig und schnell. Somit kann man die Ruhe im Garten genießen und trotzdem flott im Zentrum sein. Auch mit dem Auto sind es nicht mehr als 20 Minuten in die City. Wohnt man in Alt-Longerich – die Alteingesessenen nennen ihr Viertel „Lunke“ –, gibt es eine prima S-Bahn-Verbindung. Der gesamte Stadtteil liegt zudem nah an der Autobahn und bietet beste Möglichkeiten in alle Richtungen.

Wieviel Stadt steckt im Viertel?

Longerich war nie ein urkölsches Viertel. Dafür gibt und gab es zu viele Fremde. Nach dem Aufstand in Ungarn wurde hier die sogenannte Ungarnsiedlung gebaut, um Flüchtlinge aufzunehmen, zum Katholikentag wurde in den 50er Jahren die Katholikentags-Siedlung für kinderreiche Familien errichtet, und es gibt heute noch genau auf der Grenze zu Weidenpesch eine „Zigeunersiedlung“ für Sinti und Roma, für die Zeit, in der sie nicht unterwegs sind. Denen habe ich oft geholfen, Formulare auszufüllen, da sie damals unsere Sprache nicht ausreichend beherrschten. Auch heute leben bei uns Flüchtlinge, aber das war und ist kein Problem. Toleranz und Akzeptanz sowie die Integration Fremder zeichnen Longerich aus.

STECKBRIEF

Das mag ich an Longerich: Ohne Zweifel das Zusammenleben der Alteingesessenen und neu Hinzugekommenen. Wer will, findet hier schnell Anschluss und wird leicht integriert. Das ist verbesserungswürdig: Was man für das tägliche Leben braucht, ist ohne Schwierigkeiten zu bekommen. Aber das eine oder andere Restaurant im neuen Teil des Veedels täte gut. Lieblingsort in Longerich: Ich sitze gern in meinem großen Garten, in dem ich viele Gäste empfange, denn im Gegensatz zur Stadt gibt es bei mir abends immer reichlich Parkplätze.

Zur Person

Angela Kanya-Stausberg (Jg. 1948) studierte nach dem Abitur auf der Ursulinenschule Romanistik und Geographie fürs Lehramt. Neben der Schule übernahm sie Aufgaben im Unternehmen ihres Mannes und engagierte sich privat in vielerlei Hinsicht. So dolmetschte sie für das Verkehrsamt der Stadt Köln, betreute Gäste der Stadt, machte Stadtrundfahrten und war 20 Jahre lang Vorsitzende des Städtepartnerschaftsvereins Köln-Barcelona. Die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes ist zudem Pressesprecherin der „Große Kölner KG“ und gehört zu den Förderern und Unterstützern des Konsularischen Korps.