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Interview mit Architekt Peter Busmann"Stress lehne ich ab — fertig"

5 min

Der Architekt Peter Busmann feiert heute seinen 80. Geburtstag.

KölnHerr Busmann, Sie haben Ihr Büro in Berlin, leben aber in Köln. Wie bringen Sie das überein?

Peter Busmann: Ich fahre mit dem Zug, da kann ich lesen, arbeiten, das ist schon in Ordnung. Außerdem schaue ich gerne aus dem Fenster und sehe, wie die Landschaft vorbeizieht. Das hört sich entspannt an.

Busmann: Ich habe einen Lieblingsspruch: Stress lehne ich ab. Viele sagen, Stress lässt sich doch nicht so einfach ablehnen. Aber ich bleibe dabei: Stress lehne ich ab – fertig.

Wie gelingt Ihnen das denn?

Busmann: Die Antwort ist einfach. Am Anfang eines Vorgangs überlege ich: Wo könnte das hinlaufen? Indem ich frühzeitig die Weichen richtig stelle, erspare ich mir später den Stress. Haben Sie schon immer diese Einstellung gehabt oder erst gelernt?

Busmann: Eine große Rolle hat mein Elternhaus gespielt. Die Botschaften, die man als junger Mensch von den Eltern bekommt, sind stark. Mein Vater war sehr ruhig, auch in seinen Bewegungen. Er war Bauernsohn und sagte immer: Eins nach dem anderen, wie man die Klöße frisst. Ganz gleich, wie die Weichen gestellt sind – bei großen Bauprojekten passieren immer auch unvorhergesehene Dinge.

Wie reagieren Sie darauf?

Busmann: Als Erstes frage ich mich, ob ich das ändern kann. Sollte das nicht möglich sein, versuche ich, den Spieß umzudrehen, und das Unabwendbare gut zu finden. Ich versuche, die Situation konstruktiv aufzugreifen.

Im Sinne von: das Schicksal annehmen?

Busmann: Schicksal ist ein großes Wort. Ich spreche lieber von Fügung.

Welche Fügung hat Sie denn nach Köln verschlagen?

Busmann: Ich hatte mit 23, 24 Jahren gerade mein Diplom gemacht und suchte eine Stelle. Damals hatte ich immer eine kleine Bewerbungsmappe dabei. Einmal war es so, dass ich am Hauptbahnhof vier Stunden Aufenthalt hatte, bis mein Zug nach Arnsberg abfuhr. Die Zeit habe ich genutzt, um mich im Architekturbüro Schulze und Hesse vorzustellen, ohne einen Termin. Zufällig waren beide Chefs da. Nach einem kurzen Gespräch bekam ich die Stelle.

Sie haben in Köln einige Bauten entworfen, Ihr bekanntestes Werk ist sicher das Museum Ludwig mit der Philharmonie. Könnte die Stadt so etwas heute noch bauen?

Busmann: Einfach war das damals auch nicht gerade, unmäßig Geld hatte die Stadt jedenfalls nicht. Aber unter den jetzigen Konstellationen, unter denen Verwaltung und die Politik konstruiert sind, könnte man so etwas mit Sicherheit nicht wiederholen.

Was hat sich denn so verändert?

Busmann: Das Zusammenspiel der Kräfte hat damals funktioniert. Eine der zentralen Persönlichkeiten war der damalige Kulturdezernent Kurt Hackenberg. Er hat sich für unsere Idee starkgemacht, aus dem geplanten Mehrzwecksaal einen Konzertsaal zu machen. Dann hat er uns mit den wichtigsten politischen Persönlichkeiten in allen Parteien bekanntgemacht. Es wurde ein Sonderausschuss allein für dieses Projekt gebildet, außerdem konnten wir an den Arbeitskreisen der Fraktionen teilnehmen. Und dort werden die Weichen gestellt.

Eine Konzerthalle statt eines Mehrzwecksaals: Wie kam es dazu?

Busmann: Die Idee stammt von Haberer und mir. Der damals als Doppelmuseum geplante Bau sollte einen gemeinsamen Raum bekommen, der den modernen Künsten offen stehen sollte, unter anderem dann auch der Musik. Mein Kollege Haberer und ich haben das Raumprogramm analysiert, und weil wir beide Musiker sind...

Peter Busmann, geboren am 17. Juli 1933, gründete nach dem Studium in Braunschweig und Karlsruhe und ersten Tätigkeiten in Köln 1962 sein eigenes Architekturbüro. 1967 erhielt Busmann für das Max-Ernst-Gymnasium in Brühl erstmals den Kölner Architekturpreis, zwei Jahre später gehörte er zu den Gründern der Architektengemeinschaft Bauturm, die unter anderem die Musikhochschule in der Dagobertstraße plante (1973–1977).

Ab 1972 arbeitete Peter Busmann verstärkt mit Godfrid Haberer, mit dem er etwa das auf dem Breslauer Platz gelegene Kommerzhotel entwarf (1978–1980). Bereits 1976 begannen die beiden mit den Planungen für das damalige Doppelmuseum, heute Museum Ludwig. Dabei entwickelten sie aus einem ursprünglich als Mehrzwecksaal geplanten Raum einen unterirdischen Konzertsaal, die heutige Philharmonie. 1986 war der gesamte Komplex fertig. (chh)

Welches Instrument spielen Sie?

Busmann: Cello. Aber noch mal zur Philharmonie: Wir haben dann also vorgeschlagen, unter dem Museum einen Konzertsaal zu bauen. Das hat funktioniert.

Sie sprachen von einem Kraftakt, der das Museum überhaupt erst ermöglichte und heute so nicht mehr zustande käme.

Busmann: Damals wie heute gibt es kluge Menschen, intelligente, erfahrene Menschen. Was heute nicht stimmt, ist das Miteinander. Die Dezernenten, die Amtsleiter, das sind alles kleine Könige, die ihr Territorium ordentlich bearbeiten. Aber die Verbindung untereinander fehlt. Man kann es so beschreiben: Die Verwaltung arbeitet wie ein Schneider, dessen Nadel keinen Faden hinter sich herzieht.

Zuletzt haben Sie sich an der Diskussion über die Archäologische Zone mit beteiligt: Sie schlagen den Verzicht auf die bereits beschlossene Überbauung des Rathausvorplatzes vor. Warum mischen Sie sich ein?

Busmann: Wenn nach meinem Empfinden etwas nicht stimmt, dann versuche ich, das zu ändern. Es gibt ja viele, die in der Frage genauso denken wie ich.

Haben Sie denn in all den Jahren je daran gedacht, in die Politik zu gehen?

Busmann: Das kam für mich allein wegen der zusätzlichen zeitlichen Belastung nie infrage. Außerdem bin ich nicht unbedingt der Typ dafür. Das ist ein Feld, das habe ich mir nicht zugemutet. Generell ist meine Erfahrung mit den Kommunen folgende: Die Parteien und ihre Programme sind weniger wichtig als die Persönlichkeiten.

Was ist in Köln Ihrer Meinung nach zuletzt Gutes gebaut worden?

Busmann: Das Weltstadthaus von Renzo Piano für Peek & Cloppenburg. Obwohl das Umfeld an der Nord-Süd-Fahrt alles andere als schön ist.

Und was ist missraten?

Busmann: Das Gebietan der Stadtautobahn in Kalk, auf dem früher die Chemische Fabrik stand. Da hat niemand im Zusammenhang gedacht und den Investoren freie Hand gelassen. Und wenn jetzt gegenüber auf dem Hügel noch ein Hubschrauberlandeplatz gebaut wird, setzt das dem Ganzen die Krone auf.

Welche Ihrer eigenen Arbeiten liegt Ihnen denn im Rückblick besonders am Herzen?

Busmann: Wir haben mit Spenden von Kölner Familien für Kinder in Kolumbien ein Stück Urwald gekauft. Für die Kinder habe ich eine kleine Schule entworfen und auch mitgebaut. Für mich persönlich ist das fast noch wichtiger als die Philharmonie.

Das Gespräch führten Andreas Damm und Christian Hümmeler