Fußfessel, HerzproblemeSo geht es der Kölnerin Nahid Taghavi im Iran

Lesezeit 2 Minuten
Nahid Taghavi vor dem Evin-Gefängnis in Teheran

Nahid Taghavi vor dem Evin-Gefängnis in Teheran

Die zu rund elf Jahren verurteilte Kölner Menschenrechtlerin bekam Hafturlaub – wie es weitergeht, sei völlig ungewiss, sagt ihre Tochter. 

Die Wege der Diplomatie sind schwer zu ergründen. Im Fall der im Iran seit Oktober 2020 inhaftierten Kölner Menschenrechtlerin Nahid Taghavi führten sie gemeinsam mit öffentlichem Druck womöglich am 8. Januar dazu, dass die 68-Jährige aus medizinischen Gründen Hafturlaub gewährt bekam – der in ihrem Fall einem strengen Hausarrest gleichkommt.

Wie Mariam Claren dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erzählt, trägt ihre Mutter seitdem eine elektronische Fußfessel, „die sie zweimal am Tag für jeweils eine Stunde aufladen muss“. Sie dürfe sich nicht weiter als einen Kilometer von ihrer Wohnung wegbewegen und müsse sich regelmäßig bei den Behörden melden. „Wir sind sehr erleichtert, dass meine Mutter Hafturlaub gewährt bekommen hat, ihr Gesundheitszustand ist weiterhin sehr schlecht“, sagt Claren.

Das Schlimmste ist die Ungewissheit: Wir wissen nicht, ob sie nächste Woche wieder ins Gefängnis muss, ob sie ihre Krankheiten weiterhin draußen behandeln lassen darf oder vielleicht gar nicht mehr ins Gefängnis muss
Mariam Claren, Tochter von Nahid Taghavi

Narges Mohammadi, Friedensnobelpreisträgerin und Zellengenossin Taghavis, hatte vor einigen Monaten von ihrer Familie, die in Frankreich lebt, über Instagram posten lassen, dass Nahid Taghavi vor Schmerzen kaum aus dem Bett aufstehen könne. In 220 Tagen Einzelhaft hätten sich ihre Bandscheiben-Probleme und Rheuma massiv verschlimmert.

Hafturlaub vor allem für Verurteilte mit zwei Staatsbürgerschaften

Zudem leidet die Kölnerin an Diabetes und Bluthochdruck. „Jetzt sind noch Herzprobleme hinzugekommen“, sagt Mariam Claren. In dieser Woche habe ihre Mutter einen Termin bei einem Kardiologen. „Das Schlimmste ist die Ungewissheit: Wir wissen nicht, ob sie nächste Woche wieder ins Gefängnis muss, ob sie ihre Krankheiten weiterhin draußen behandeln lassen darf oder vielleicht – was wir hoffen – gar nicht mehr ins Gefängnis muss.“

Nahid Taghavi sitzt auf einem gelben Sofa, am Fußgelenk ist eine elektronische Fußfessel zu sehen.

Nahid Taghavi mit Fußfessel in ihrer Wohnung in Teheran.

Hafturlaub mit elektronischer Fußfessel sei in der Vergangenheit vornehmlich Verurteilten mit zwei Staatsbürgerschaften gewährt worden, so Claren. Ein Amerikaner und ein Franzose mussten nach einiger Zeit zurück in Haft, die Britin Nazanin Zaghari-Ratcliffe war nach fünf Jahren Haft und einem Jahr Hausarrest freigelassen worden.

Die Architektin und Frauenrechtlerin Nahid Taghavi, die im Ruhestand zwischen Köln und Teheran pendelte, wurde im August 2021 in einem nicht rechtsstaatlichen Prozess wegen „Mitgliedschaft in einer illegalen Gruppe“ und wegen „Propaganda gegen das Regime“ zu zehn Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt.

In den vergangenen Monaten sind mehrere Europäer – darunter ein Däne, zwei Österreicher, zwei Franzosen und ein Belgier – aus iranischer Haft entlassen worden. Der Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd war von einem Revolutionsgericht zum Tode verurteilt worden.

KStA abonnieren