Junge Lebensretter kämpfen um den Sieg

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An einem Puppen-Torso üben die Schüler die Reanimationsmaßnahmen.

An einem Puppen-Torso üben die Schüler die Reanimationsmaßnahmen.

Lindenthal –  Der Führerschein liegt Jahre zurück, der Erste-Hilfe-Kurs ist längst vergessen. So geht es wahrscheinlich den meisten von uns. Aber was ist, wenn doch mal etwas passiert? Könnten wir helfen? Diese Frage sollte sich jeder und jede stellen und entsprechend der Antwort Konsequenzen ziehen. Den Kurs aufzufrischen, wäre der erste Schritt.

Die Kölner Schulsanitäter müssen das so schnell nicht, wie sie beim zwanzigsten Schulsanitätsdienstwettbewerbs – kurz SSD-Wettbewerb – in der Liebfrauenschule bewiesen. Der Wettbewerb wird jährlich vom Jugendrotkreuz veranstaltet. Dieses Jahr traten 15 Schulsanitäterteams weiterführender Kölner Schulen gegeneinander an.

Über mehrere Stunden durchliefen die jungen Helfer Stationen, an denen sie verschiedene Szenarien erwarteten. Von Herzstillstand über offene Wunden bis hin zu Panikattacken – auf alles mussten die Jugendlichen vorbereitet sein. Pro Station gab es einen Juror, der die Arbeit der Sanitäter anhand eines Fragebogens bewertete. Die Jury setzte sich aus Rettungsassistenten und Erste-Hilfe-Ausbildern des Deutschen Roten Kreuzes zusammen. Nele, Luca, Carmen und Franziska sind als Team der Liebfrauenschule angetreten. Gerade haben sie einen Patienten – verkörpert durch eine Puppe – wiederbelebt. Herzdruckmassage, Mund-zu-Mund-Beatmung, Defibrillator. Kurze Pause – und schon geht es weiter zur nächsten Station.

Mario Schwan, Kreisreferent des Jugendrotkreuzes, nimmt sie in Empfang und erklärt ihnen die Situation. Ein Mädchen habe sich in der Mensa an etwas verschluckt und bekomme keine Luft mehr. Ob sonst noch Schüler in der Kantine wären, möchte eine der Sanitäterinnen wissen – das ist wichtig, um im Ernstfall Verstärkung zu holen. Schwan winkt ab, nur die betroffene Schülerin sei noch vor Ort.

Im Klassenzimmer erwartet das Team ein bleich geschminktes Mädchen mit lila Lippen. Sie trägt eine Weste mit einem Luftkissen am Bauch, das eine trichterförmige Öffnung hat. Panisch hält sie sich den Hals, sie bekommt keine Luft mehr.

Franziska stellt sich hinter die Patientin, umklammert ihren Bauch und drückt ein paar Mal kräftig gegen das Luftpolster. Plötzlich springt ein Schaumstoffröhrchen in hohem Bogen aus der Öffnung – das „Brötchen“, an dem sich die Schülerin verschluckt hat. Die Helferinnen setzen das Mädchen auf einen Stuhl, wickeln sie in eine Rettungsdecke und reden beruhigend auf sie ein. Die Patientin entspannt sich – Mission erfüllt.

Die Schülerinnen der Q1 sind schon seit gut drei Jahren bei den Schulsanitätern der Liebfrauenschule aktiv. Alle vier wollen ihr freiwilliges Engagement später zum Beruf machen und Medizin studieren. „Die Schulsanitäter stellen sich bei uns schon in der fünften Klasse vor“, erzählt Carmen. „Schon damals dachte ich mir: wenn ich in der achten Klasse bin, möchte ich da unbedingt mitmachen.“ Ab dieser Jahrgangsstufe können die Schüler in der Liebfrauenschule bei den Schulsanitätern aktiv werden. Das Rote Kreuz betreut an 45 weiterführenden Kölner Schulen den Schulsanitätsdienst. Interessierte Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit, in AGs Erste Hilfe zu lernen und sich als Schulsanitäter ausbilden zu lassen. Die Arbeitskreise werden von Projektlehrern geleitet, die wiederum zuvor beim Roten Kreuz im Bereich Sanitätsdienst ausgebildet wurden. Als Schulsanitäter übernehmen die jungen Menschen Verantwortung für ihre Mitschüler und sind zur Stelle, wenn etwas im Schulalltag passiert. Auch die vier Mädels der Liebfrauenschule waren schon mehrmals im Einsatz. „Das Schlimmste war bisher ein Armbruch, sonst geht es eher um Schürfwunden und blaue Flecken“, sagen sie. Trotzdem – auch da ist es gut, echte Profis an der Schule zu haben.

Und dass sie das wirklich sind, bewiesen die Bewertungen der Jury: in der Wertungsgruppe der Sekundarstufe eins (Q1) sicherten sich die vier Freundinnen den ersten Platz. Auch ihre Sanitäterkollegen aus der Q2 landeten in ihrer Wertungsgruppe auf Platz eins. Die zweiten Plätze gingen jeweils ans Hansa-Gymnasium (Q1) und das Gymnasium Köln-Deutz Thusneldastraße (Q2). Die dritte Stufe auf dem Siegertreppchen bestiegen die Teams der Gesamtschule Rodenkirchen.

Carmen, Schulsanitäterin

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