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Erste inklusive KlasseKunsthaus Kalk bereitet sich auf Pilotphase vor

4 min
Auf einer Treppe stehen Menschen.

Jutta Pöstges, künstlerische Leitung, Buket Isgören, Künstlerin, und Nico Randel,  Künstler.  Andreas Maus, Künstler, und Bärbel Lange, Künstlerin (vorne) 

Im Kunsthaus Kalk soll die deutschlandweit erste inklusive Klasse einer Kunstakademie entstehen. Die Pilotphase startet im September.

In großen weißen Buchstaben prangt über dem Eingang des großen Backsteinhauses an der Dillenburger Straße 67 nun „Kunsthaus Kalk“. An der Fassade klebt eine große Figur, die Glaseingangstür ist mit abstrakter Kunst verziert und auf den Fenstern sind Porträts gemalt. Alles ist in Schwarz-weiß gehalten, hebt sich vom roten Backstein ab. Und auch innen ist überall Kunst zu finden – an Wänden, Türen, Fenstern und auf Möbeln.

An der Wand des Treppenhauses schlängelt sich eine große Schlange mitabstrakten Mustern entlang. Sie startet in weiß auf dem Fenster und ist dann auf der weißen Wand mit schwarzer Farbe gemalt. Ihr Kopf ragt in den Flur des zweiten Stockwerks. Sie ist von der Künstlerin Bärbel Lange gestaltet.

Köln: Kunsthaus Kalk soll inklusive Kunstarbeit ermöglichen

„Innen ist die Seele und außen ist die Haut oder das Fell, die doppelte Linie soll die Seele beschützen“, sagt Lange. Ihre Kunst besteht hauptsächlich aus Zeichnungen von Tieren, diese haben immer eine doppelte Linie. „Tiere liegen mir am Herzen und ich möchte sie beschützen“, erklärt sie, „und jetzt sollen sie das Haus und das Projekt und die Künstlerinnen und Künstler schützen“.

Lange gehört zu dem inklusiven Projektteam, das seit einigen Wochen, das Gebäude auf dem Gelände „Osthof Hallen Kalk“ umgestaltet. Im Kunsthaus Kalk soll die deutschlandweit erste inklusive Klasse einer Kunstakademie entstehen. Künstlerisch begabte Menschen sollen dort unabhängig von ihren kognitiven Fähigkeiten zusammen lernen und arbeiten.

Ein mehrstöckiger Backsteinbau ist zu sehen.

Im Kunsthaus Kalk startet im September die erste inklusive Klasse einer Kunstakademie.

Die dreijährige Pilotphase, die von der Stadt Köln, dem Land NRW und der Kulturstiftung des Bundes gefördert wird, beginnt am 8. September und wird von dem Projektteam umgesetzt. Bis dahin soll das Gebäude noch weiter hergerichtet werden. „Wir wollen Kunst am Bau beleben und Sichtbarkeit schaffen“, erklärt Jutta Pöstges, künstlerische Leiterin, „wir machen nicht nur kleine Zeichnungen, sondern bringen unsere Kunst ins Leben raus“. Die Kunst solle politisch und kollaborativ sein.

Pilotphase des Kunsthaus Kalk startet im September

Und so arbeiten Künstlerinnen und Künstler mit und ohne so genannte Beeinträchtigung zusammen mit Architektinnen und Stadtentwicklern, um das Gebäude umzugestalten – alles unter dem Leitsatz Zukunftsarbeit. Alle Teilschritte sollen ein großes Kunstprojekt ergeben und Kunstschaffende mit Behinderung sollen maßgeblich den Prozess hin zur inklusiven Akademie mitgestalten. Gemeinsam sollen so jetzt schon zukünftige Arbeits-, Wohn- und Lebensmodelle entwickeln werden.

„Zukunftsarbeit bedeutet für mich, dass wir Leute zu einer Zusammenarbeit einladen“, sagt Nico Randel, der in seiner Kunst vor allem mit Schriften arbeitet. Er hat die Buchstaben am Einfang gestaltet und auch Kunstwerke mit dem Leitsatz. „Ich möchte mit meiner Kunst ausdrücken, dass wir eine Gesellschaft brauchen, in der alle an Kunst teilhaben können“, erklärt Randel, „und hier im Kunsthaus Kalk hat jede Art von Kunst Platz“.

Köln-Kalk: Künstlerinnen und Künstler gestalten inklusive Kunstakademie

Der Wunsch nach einer inklusiven Kunstakademie sei von den Künstlerinnen und Künstlern des Projektteams gekommen. Einige von ihnen sind vom Kunsthaus Kat18, einem Kunstraum der gemeinnützigen Werkstätten Köln GmbH. „Einige wollen sich bei Kunstakademien bewerben, ihnen wird aber aufgrund ihrer Behinderung davon abgeraten“, erklärt Jutta Pöstges, „hier soll jede und jeder die Möglichkeit zur kulturellen und künstlerischen Bildung haben“.

Im Erdgeschoss werden deshalb nun auch barrierefreie Ateliers eingerichtet. Das Kulturdezernat der Stadt Köln ermöglicht den Aus- und Umbau. Zukünftig soll auch ein Fahrstuhl angebracht werden, damit alle Stockwerke für alle zugänglich werden. Die abstrakte Kunst von Andreas Maus an der Eingangstür soll zudem Menschen mit Sehbehinderung helfen, da durch den Kontrast die Türen besser zu erkennen sind. „Wir machen Pionierarbeit für die nächste Generation“, ist Maus überzeugt. 

Ab September sollen dann in sogenannten Laboren Künstlerinnen und Künstler von und miteinander lernen. 18 Menschen können jeweils an den Laboren teilnehmen. Sechs davon sind neurodiverse Künstlerinnen und Künstler, die dem Projektteam bereits bekannt sind. Die restlichen zwölf Plätze werden durch einen Open Call gefunden. „Wir werden dafür in Einrichtungen, Werkstätten und Schulen gehen, um auch die Menschen zu erreichen, die die Infos aus jeglichen Gründen sonst nicht bekommen würden“, erklärt Pöstges.