Kalker HauptstrasseViele Traditionsgeschäfte geben auf

Schließt im Juni: Edeka-Chef Manfred Wörsdorfer
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Kalk – Seit 28 Jahren wohnt Heidi Jonas (69) in Kalk. „Seitdem war ich noch nie in einem anderen Lebensmittelgeschäft. Immer nur bei Edeka. Das ist gleich bei mir um die Ecke – und ich bekomme alles, was ich für den Alltag brauche.“ Doch damit ist Ende Mai Schluss: Die Edeka-Filiale an der Kalker Hauptstraße wird am 30. Juni geschlossen.
Manfred Wörsdorfer, der als selbstständiger Kaufmann den Supermarkt fast 20 Jahre lang als Untermieter der Edeka geleitet hat, geht in Rente und will sich anschließend in sein Haus in Mülheim an der Ruhr zurückziehen. „Von da aus bin ich immer gern nach Kalk gekommen“, sagt er.
Kampf für den Lebensmittelladen
Mit ihm verabschiedet sich wohl auch das Lebensmittel-Unternehmen von der Kalker Hauptstraße. „Edeka will nicht mehr weitermachen“, sagt Wörsdorfer, „es müsste erheblich investiert werden, auch vom Hauseigentümer. Eine halbe Million Euro sind im Gespräch.“
Stammkundin Jonas glaubt, dass sich solch eine Investition lohnt, und kämpft für den Erhalt eines Lebensmittelmarktes an der Stelle. „Bis zum Wochenende habe ich schon 1500 Unterschriften gesammelt.“ Sie hofft, die in Berlin lebenden Hauseigentümer und deren Immobilienverwalter umstimmen zu können. „Die haben mit dem Ladenlokal wohl andere Pläne, über die aber noch nichts bekannt ist.“ Ein möglicher Nachmieter, den er an die Eigentümer vermittelt und mit dem er ein Konzept erarbeitet habe, sei bereits zweimal abgelehnt worden, so Wörsdorfer: „Das ist eine italienische Familie, die in Kalk bereits eine Metzgerei betreibt und die hier auf Supermarktgröße expandieren wollte.“
Traditionsgeschäfte schließen
Lebensmittel werden dort aber nicht mehr verkauft: „Die Eigentümer haben sich wohl für eine andere Lösung entschieden. Das ist für uns nicht nachvollziehbar und auch nicht logisch“, sagt Dirk Kranefuss. Der ehemalige Leiter der Kaufhof-Filiale ist Sprecher der Immobilien-Standortgemeinschaft (ISG) an der Kalker Hauptstraße. „Ein Lebensmittelnachfolger würde von der bisherigen Stammkundschaft profitieren und könnte sie mit neuem Auftritt noch steigern. Das käme der ganzen Straße zugute.“
Doch deren Erscheinungsbild verändert sich weiter. Nachdem im Vorjahr der Kaufhof und Ende März das Traditionsgeschäft „Samen Müller“ nach 60 Jahren die Türen geschlossen hatten, folgte in der vergangenen Woche das Fachgeschäft „Optik Löhmer“, das schon vor dem Zweiten Weltkrieg – damals in Höhe der Post – im Veedel beheimatet war. „Ich habe mich kurzfristig für den Ruhestand entschieden und den Laden aufgegeben“, sagt Optikermeister Willi Esser, der am Wochenende seinen 60. Geburtstag gefeiert hat. „Ich habe 45 Jahre lang gearbeitet – und war nur einen Tag krank. Die Familie hat mich zu diesem Schritt überredet. Schließlich will ich auch mal an einem Samstag frei haben. Wann, wenn nicht jetzt?“ Mit 70 Jahren sei es vielleicht zu spät, denn er habe noch einiges vor und wolle sich „mal etwas gönnen“. Vom Kaffeetrinken Montagsmorgens in der Kölner City bis zum Dreh eines Dokumentarfilms über einen Berg in Griechenland reichen Essers Pläne.
Es gibt auch Neueröffnungen
Doch inmitten der leerstehenden Geschäfte und anderer Läden, die mit Rabatt-Aktionen und Räumungsverkäufen auf das bevorstehendes Ende hinweisen, gibt es auch Neueröffnungen. So auf der dem Edeka-Markt gegenüberliegenden Straßenseite eine orientalische Konditorei mit Süßwaren und Kuchen: La Rose de Tunis. Für das in Frankreich beheimatete Familienunternehmen mit Geschäften in Paris, Bordeaux, Marseille und Lyon ist der Laden in Kalk nach einer Filiale in Mailand das zweite Standbein im europäischen Ausland.
„Wir haben fast 100 verschiedene Süßspeisen aus dem Orient im Sortiment“, sagt der aus Tunesien stammende Verkäufer Mohamed Ali Lagrab. Die Rezepte kämen ursprünglich aus Tunesien, Marokko und Algerien – aber auch aus dem Libanon, der Türkei und aus Griechenland. Lagrab: „Mit Mandeln, Pistazien oder Haselnüssen, mit Marzipan, Honig oder Rosenwasser ist bestimmt für jeden Geschmack etwas dabei.“ Geschäfte wie La Rose de Tunis passen gut ins Konzept der Immobilien-Standort-Gemeinschaft. Kranefuss: „Wir plädieren stets für einen erfolgreichen Einzelhandels-Mix auf der Hauptstraße. Wir unterstützen jeden, der einen Beitrag leisten will.“