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Ostmerheimer StrasseSchimmel vertreibt Bewohner aus Klinik-Wohnheim

Lesezeit 5 Minuten

Schimmel auf den Fliesen im Bad. Das ehemalige Personal-Wohnheim der Klinik an der Ostmerheimer Straße verwahrlost.

Merheim – Seit Januar 2013 ist die Kölner Wohnwert Verwaltungs-GmbH neue Eigentümerin eines ehemaligen Personalwohnheims der Kliniken der Stadt Köln an der Ostmerheimer Straße. Ein großer Bau mit 130 Zimmern und Apartments auf neun Etagen. Seitdem stinkt es etlichen dort wohnenden Krankenhaus-Mitarbeitern – im wahrsten Sinne des Wortes. Sie klagen über unhaltbare Zustände im Gebäude, über Schimmel, dreckige Toilettenschüsseln und marode Wasserleitungen.

Auch die Stadtverwaltung ist davon betroffen. Sie wollte an der Ostmerheimer Straße 40 Flüchtlinge unterbringen. Ein Mietvertrag ist bereits unterschrieben, in diesen Tagen sollten die ersten Menschen einziehen. Doch von den Zuständen will die Sozialverwaltung erst vor wenigen Tagen erfahren haben – auf einer Infoveranstaltung, die sie selbst einberufen hatte. Nun wird sich der Einzug der Flüchtlinge verzögern.

Dringende Sanierung

Der Hintergrund: Um Millionenschulden abzubauen, hatten die Kliniken Personalwohnheime verkauft. Die mehr als 40 Jahre alten Gebäude hätten dringend saniert werden müssen, doch dazu war kein Geld da. Um einigen Mitarbeitern weiterhin preiswertes Wohnen anbieten zu können, sicherte sich die Klinik-Verwaltung ein Belegungsrecht für zwei Etagen. Auch der Betriebsrat der Kliniken hat dort Räume. Vor dem Verkauf hatte die Geschäftsleitung ihren Mitarbeitern schriftlich mitgeteilt, dass mit dem Investor „ein stufenweises Renovierungs- und Sanierungsprogramm beschlossen“ worden sei. Von einer Umsetzung könne aber bislang keine Rede sein, findet Bewohnerin Renate Neuhaus, Fachwirtin für Gesundheitswesen. Im Gegenteil, die Verwahrlosung nehme zu: „Wir fühlen uns verraten und verkauft.“

Unter städtischer Obhut seien die sanitären Einrichtungen im Haus zwar nicht erneuert, aber jeden Tag gereinigt worden. Der neue Eigentümer lasse nur noch einmal in der Woche putzen – „oberflächlich“, so Neuhaus.

Die beiden Küchenherde der Etage seien veraltet, der Ofen verrostet. In den großen, alten Kühlschränken sprieße der Schimmel aus den Ritzen. Dicke, grünliche Kalkränder zierten die Duschwannen. Die Böden in Küche und Wäscheraum hätten eine Grundreinigung nötig. Im Sommer waren lediglich die Wände in den Toiletten weiß überstrichen und die Klobrillen ausgetauscht worden. Die alten Toilettenschüsseln mit Dreck verkrusteten Knien seien geblieben.

Die Verwaltung gibt sich überrascht. Auf einer Versammlung in der katholischen Grundschule Fußfallstraße informierte sie jetzt über die Flüchtlinge, die in diesen Tagen zwei Etagen des Gebäudes beziehen sollten. Bewohner berichteten daraufhin ausführlich über die unhaltbaren Zustände. Zwar seien die Räume von Mitarbeitern des Wohnungsamts besichtigt worden, sagte ein Sprecher des Sozialdezernats auf Anfrage. „In dem Umfang waren uns die Zustände aber nicht bekannt.“ Mittlerweile sei die Wohnaufsicht eingeschaltet, es gebe „dringenden Gesprächsbedarf mit dem Vermieter“, so der Sprecher. Die Flüchtlinge würden vorerst nicht einziehen: „Wir belegen nur, wenn es unserem Standard entspricht.“

Dass die Stadt vom Mietvertrag zurücktritt, sei nicht ausgeschlossen. Wie hoch die Miete ist, wollte der Sprecher nicht mitteilen. Auch im Vorfeld ist offenbar nicht alles mit rechten Dingen zugegangen. Vor einigen Wochen haben die Bewohner von einem Handwerker von der geplanten Unterbringung der Flüchtlinge erfahren. „Seitdem ziehen Leute plötzlich aus, die das doch gar nicht müssten, aber Angst vor dem Druck durch den Eigentümer haben“, sagt Neuhaus.

Die Methode hat eine Kliniken-Mitarbeiterin, die seit 20 Jahren dort wohnt und nicht mit Namen genannt werden will, zu spüren bekommen. Ihr war vor eineinhalb Wochen ein knappes Schreiben der Wohnwert GmbH unter der Tür durchgeschoben worden: „Das Zimmer kann nicht mehr bewohnt werden. Melden Sie sich umgehend bei uns.“ Der Hausmeister habe sie anschließend bedrängt, in seiner Gegenwart den Eigentümer anzurufen. „Mir wurde sogar ein Hotelzimmer angeboten, damit ich schnell raus bin. Ich war fix und fertig.“ Weil der Betriebsrat der Kliniken einschritt, kann sie nun in wenigen Tagen ein gleichwertiges Apartment auf einer anderen Etage beziehen. Auf ihrer war sie die letzte Mieterin. Die Räume stehen nun komplett der Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung.

Immer mehr Mietern wird indes in den Zimmern das Wasser abgedreht. Zu viele Schäden am Leitungssystem, begründet das die Verwaltung Objekta GmbH in einem Aushang. Die Steigleitungen würden stillgelegt. Nur die Leitungen zur Küche, den Duschen und WCs sollen noch funktionieren. Neuhaus ist empört: „Wie soll das gehen, dass sich 14 Menschen ein Waschbecken teilen?“ Ihr Fazit: „Die wollen uns loswerden.“

Bauanfrage bereits gestellt

In der Tat will André Peto, Geschäftsführer der Wohnwert GmbH, nur noch wenig in das Gebäude investieren. Es sei so marode, dass es abgebrochen werden soll, sagt er. Auf dem Areal sollen zwei sechsstöckige moderne Apartmentbauten entstehen. Die Bauanfrage sei bereits gestellt. In zwei bis zweieinhalb Jahren wolle er den Mietern neue Wohnungen anbieten. Zwar sei der Zustand des Gebäudes nicht optimal, so Peto, aber „hier haben wir ein Objekt, das absolut funktioniert“. Die Stadt habe zudem jeden einzelnen Raum abgenommen.

Die Kliniken teilen auf Anfrage mit, dass sie „großes Interesse daran haben, dass sich die Mitarbeiter und andere Mieter in dem Haus wohlfühlen“. Auf die aktuellen Probleme wird nicht eingegangen, sondern auf den geplanten Neubau als Lösung verwiesen. Für Renate Neuhaus ist das keine Perspektive. Sie ist sicher, dass die meisten, die jetzt für ihr Zwölf-Quadratmeter-Zimmer 100 Euro warm (nach alten Mietverträgen) und 250 Euro (neue Verträge) zahlen, nicht das Geld für diese Wohnungen haben.