KarnevalsgesellschaftSkandal um Veruntreuung bei Alt-Köllen weitet sich aus

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Die Volkssitzung der KG Alt-Köllen im Zelt auf dem Neumarkt im Januar 2023.

Die KG Alt-Köllen veranstaltet jedes Jahr im Januar im Zelt auf dem Neumarkt ihre „Volkssitzung“ (Archivbild).

Nach gestandener Veruntreuung bei der KG Alt-Köllen erhebt der abgewählte Schatzmeister weitere Vorwürfe. Ein Mitglied erklärt, wieso es dennoch bleibt.

Der Vorstand der Karnevalsgesellschaft Alt-Köllen steht nach Vorwürfen der Veruntreuung von Geldern weiter unter Druck. Der ehemalige Schatzmeister Sebastian Pütz gab bereits zu, sich finanzielle Vorteile verschafft zu haben. Er warf aber sowohl dem ehemaligen Präsidenten als auch dem noch amtierenden Geschäftsführer vor, davon gewusst zu haben.

In einem Schreiben an den Ehrenvorsitzenden der Gesellschaft, das der Redaktion vorliegt, beschuldigte Pütz den Geschäftsführer Uwe Lüdemann, Unregelmäßigkeiten auf dem Konto der Gesellschaft seit mehr als einem Jahr gebilligt und nicht gemeldet zu haben. Er soll Zugriff auf das Konto gehabt und laut Pütz nicht gerechtfertigte Abhebungen gesehen haben müssen. „Wie will man das verkaufen, dass ein Geschäftsführer zwei Jahre lang nicht aufs Konto guckt?“, sagte Pütz gegenüber dieser Zeitung.

Uwe Lüdemann äußerte sich auf Anfrage mit Verweis auf die laufende Aufarbeitung durch die KG und Anwälte zu dem Vorwurf nicht. Alex Kraemer, Pressesprecher von Alt-Köllen, sagte, der Vorstand habe bisher insofern auf die Anschuldigungen reagiert, als dass in einem internen Krisenstab keine geschäftsführenden Vorstände mehr sitzen. Sechs KG-Mitglieder mit Erfahrung in Buchhaltung und Steuerprüfung seien stattdessen an der Aufarbeitung beteiligt. Das Schreiben von Pütz habe den Vorstand erst nach einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 28. Dezember erreicht, weshalb noch nicht weiter darauf eingegangen werden konnte.

Ehemaliger Schatzmeister behauptet, Zeugnisse für Ex-Präsident gefälscht zu haben

Am 31. Dezember trat bereits das andere Vorstandmitglied, das Pütz mitverantwortlich machte, Präsident Stephan Degueldre, zurück. Er sagte auf Anfrage, nicht an der Veruntreuung beteiligt gewesen zu sein, lediglich als haftender Vorstand zu Gunsten des Vereins reagiert zu haben. Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gegenüber nannte Pütz den ehemaligen Präsidenten weiterhin einen „Hochstapler“: Er behauptet sogar, für Degueldre Urkunden gefälscht zu haben.

Pütz habe einen Gesellenbrief, der dem Inhaber eine abgeschlossene Ausbildung als Gas- und Wasserinstallateur bescheinigt, sowie ein Prüfungszeugnis als Fachmann für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen auf Degueldres Anweisung für ihn angefertigt. Die Originale sowie die Fälschungen hängen dem kursierenden Schreiben an den Ehrenvorsitzenden als Beweisstücke an. Die Kölner Industrie- und Handelskammer (IHK), die auf dem Briefkopf eines fraglichen Dokuments auftaucht, teilte auf Anfrage mit, Degueldre habe keine Ausbildung abgeschlossen.

Der ehemalige Präsident bekam wegen seiner Erfolgsgeschichte, es vom KVB-Busfahrer zum Karnevalspräsidenten geschafft zu haben, bei seiner Wahl 2021 viel Zustimmung. Ein Job, für den er laut Pütz eines der falschen Zeugnisse gebraucht habe. Stephan Degueldre war am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Alt-Köllen-Sprecher Kraemer wollte sich zu Vorwürfen, die nicht mit der Geschäftsführung der KG zusammenhängen, nicht äußern.

Mitglied sorgt sich um Image der KG Alt-Köllen

Zudem meldete sich ein mehrjähriges Mitglied der KG Alt-Köllen, das anonym bleiben möchte, zu Wort: „Wir fragen uns alle, wie so etwas offenbar über Jahre nicht auffallen konnte. Das sind schließlich keine kleinen Summen, sondern beachtliche Beträge.“ Die Frage müsse sich auch jedes Mitglied stellen, denn sie alle hätten den Vorstand entlastet. „Offenbar gab es ein System, um die Veruntreuung zu verschleiern“, sagte der Karnevalist dieser Zeitung weiter. „Um aufklären zu können, was schiefgelaufen ist, müssen Unbefangene das Ganze aufarbeiten.“

Der Vorfall wirft nicht nur ein schlechtes Bild auf die KG, sondern auch auf den gesamten Kölner Karneval.
Mitglied von Alt-Köllen, das anonym bleiben will

Der Karnevalist sorgt sich nun um die Auswirkungen auf das Image der Karnevalsgesellschaft: „Der Vorfall wirft nicht nur ein schlechtes Bild auf die KG, sondern auch auf den gesamten Kölner Karneval.“ Er engagiert sich seit mehreren Jahren bei Alt-Köllen und hoffe, dass auch andere Gesellschaften aus diesen Fehlern lernen. „Der Karneval und die Arbeit der Karnevalsgesellschaften basieren zu einem großen Teil auf ehrenamtlichem Einsatz und Vertrauen.“

„Wir müssen nun versuchen, dieses Vertrauen untereinander wiederzugewinnen und das auch nach außen transportieren.“ Die Frage, ob er nun bei Alt-Köllen austreten wolle, verneinte er vehement: „Ich lasse mir von krimineller Energie und Egoismus einzelner nicht unser geliebtes Brauchtum zerstören.“

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