Bierdeckel als WurfgeschosseWarum einst Kölner nur mit Schutzhelm und Skibrille in die Malzmühle kamen

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Ein Mann und eine Frau stehen vor einer Wand mit Karnevalsorden.

Bernd Johnen und Melanie Schwartz wollen den Deckelabend wieder aufleben lassen.

Der Deckelabend in der Malzmühle war damals begehrt, wenn auch nicht ganz ungefährlich. Gesitteter soll er nun wiederbelebt werden.

Irgendwann hatte sich die Sache verselbstständigt. Man könnte durchaus sagen, sie war eskaliert, als die Männer nur noch mit Helm und Skibrille in die Malzmühle kamen und durch ein Meer aus Bierdeckeln wateten. Die Rede ist von einer fast vergessenen kölschen Quasi-Tradition, dem Deckelabend.

Tradition wird leicht verändert wiederbelebt

2009 war, ein Jahr nach dem Tod des Erfinders, der letzte dieser Abende über die Bühne oder eher über Tische und Bänke gegangen. Nun soll der Deckelabend wiederbelebt werden – allerdings in abgewandelter Form und für den guten Zweck. Die Idee dazu kam Bernd Johnen, Senatspräsident der „Chevaliers von Cöln“.

Zunächst ein Blick in die – mutmaßlichen, die Historie ist nicht schriftlich hinterlegt – Ursprünge dieses kuriosen Brauchtums (der Deckelabend fand insgesamt zehnmal statt und darf sich daher der ungeschriebenen Kölner Regel – zweimal ist Tradition, dreimal ist Brauchtum – zufolge so nennen): Es ist die Karnevalssession 1999, der damalige Prinzenführer Helmut Urbach saß in der Malzmühle, gemeinsam mit deren damaligen Chef Josef Schwartz. Vermutlich ein Montag, mutmaßt Tochter Melanie Schwartz, die die Malzmühle heute betreibt. Denn montags standen für das Dreigestirn und damit auch für den Prinzenführer nur wenig Termine an.

Teilnehmer kamen in „voller Montur“ zum Deckelabend in der Kölner Malzmühle

Wie das nach einigen Kölsch so ist, keimte damals wohl beim Anblick eines Stapels Bierdeckel der Wunsch auf, einen solchen durch den Raum zu werfen. „Und wenn einer anfängt zu schmeißen, entsteht ein Hin und Her“, sagt Bernd Johnen. Ein Hin und Her – und ein kräftiges Gegen- und Aufeinanderwerfen. Die Erzählung davon machte schnell die Runde, immer mehr wollten dabei sein, um sich mit Bierdeckeln zu bekämpfen. „Die sind mit voller Montur hierher und über Tische und Bänke gekrabbelt, mit dem Ziel, möglichst viele Bierdeckel um sich zu werfen und andere zu treffen“, erinnert sich Melanie Schwartz, die damals als Jugendliche und Betreiber-Tochter nur zuschaute. 

Eine gewisse Verletzungsgefahr schadete dem Image des Deckelabends nicht wirklich. Der Laden war voll, wenn das „Bierdeckel-Werfen“ anstand, irgendwann wurden sogar Karten verkauft, sagt Schwartz. Johnen, seit 1996 mit dem Hause Schwartz verbandelt, meint gar: „Die Karten wurden unter der Hand verkauft. Viele Leute haben richtig was angestellt, um dabei zu sein.“

„Brutaler“ Deckelabend wird Charity-Event

Nach dem Tod von Helmut Urbach fand der Deckelabend 2009 ein letztes Mal zu seinem Gedenken statt. 15 Jahre später soll er wieder aufleben, „aber nicht so brutal wie er war. Nein, wir machen das gesittet und als Charity-Event“, sagt Johnen. Statt sich die Deckel an den Kopf zu schmeißen, gibt es ein bestimmtes Ziel. Auf den Bierdeckel schreiben die Teilnehmer zunächst ihre Namen. Wer trifft, landet im Lostopf. 

Zu gewinnen gibt es unter anderem Massagen, eine Autoaufbereitung, handgefertigte Frühstücksbrettchen mit dem Sessionsmotto und verschiedene Gutscheine. Die Deckel müssen vorher zu zehn Euro pro 50 Stück gekauft werden, der Eintritt kostet 20 Euro. Die Erlöse gehen in den Spendentopf für wohltätige Zwecke der Chevaliers. Außerdem gibt es vier Live-Acts.

Dafür, dass es nicht im wahrsten Sinne des Wortes in Auge geht, will Bernd Johnen im Zweifel selbst sorgen: „Da ich leider kein Kölsch-Trinker bin und meistens einen klaren Kopf habe, werde ich es schon unterbinden, wenn jemand an den Kronleuchter will“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

Der Deckelabend findet am 29. Januar ab 18.30 Uhr in der Malzmühle am Heumarkt statt. Karten gibt es via E-Mail an reservierung@muehlenkoelsch.de oder literat@chevaliers-coeln.de.

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