Chefin der Kölner Malzmühle im Interview„Dann kostet auch das Schnitzel deutlich mehr“

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30.09.2021, Köln:  Michael Rosenbaum, Melanie Schwartz, Brauerei zur Malzmühle. Foto: Max Grönert

Die Brauerei zur Malzmühle in der Kölner Innenstadt. Zur Malzmühle gehören die Kölsch-Marken Mühlen und Sünner.

Die Vorsitzende des Dehoga in Köln zweifelt an unbesteuerten Überstunden, ärgert sich über die Regierung und spricht über fehlende Pfandflaschen.

Frau Schwartz-Mechler, die CSU fordert eine Steuerbefreiung für Überstunden in der Gastronomie. Würde das aus Ihrer Sicht die Personalsorgen lindern?

Melanie Schwartz-Mechler: Ich bin hin- und hergerissen. Ich finde es gut, wenn Rentner, die noch arbeiten wollen, das steuerfrei tun können. Ob das aber für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelten sollte, die noch im Arbeitsleben stehen? Überstunden sollten nicht Usus sein, sondern die Ausnahme. Das ist bei einigen Kollegen aufgrund des Fachkräftemangels nicht der Fall, und für sie wäre es schön, wenn Überstunden nicht besteuert werden – sie sollten dadurch aber keine Legitimation erfahren.


17.02.2020  Köln  Veedelstreff Eigelstein im Kölschen Boor zur Verkehrsberuhigung auf dem Eigelstein Melanie Schwartz von der Malzmühle übernimmt den Kölschen Boor

Foto: Csaba Peter Rakoczy

Melanie Schwartz-Mechler, Geschäftsführerin der Brauerei Malzmühle

Warum nicht?

Wir müssen Mitarbeiter schützen. Wenn Überstunden nicht versteuert würden, könnte es dazu führen, dass der eine oder andere über die Belastungsgrenze hinaus arbeitet – oft auch freiwillig. Die Gastronomie leidet schon unter dem Ruf mangelnder Attraktivität, auch wenn ich dem grundsätzlich widerspreche. Man arbeitet, wenn andere Feierabend haben. Das ist nichts Schlimmes, das machen Krankenschwestern und Taxifahrer auch. Viele möchten ja gar nicht montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr arbeiten.

Das können und wollen viele Kunden nicht bezahlen und gehen dann weniger essen
Melanie Schwartz

Was würde der Branche wirklich helfen?

Aus unserer Sicht würde helfen, die ermäßigte Mehrwertsteuer von sieben Prozent auf Speisen dauerhaft zu behalten. Stand jetzt, läuft die Regelung Ende des Jahres aus, dann haben wir wieder 19 Prozent. Wir haben ein Wahlversprechen von Olaf Scholz und Christian Lindner bekommen. Man könnte meinen, Kanzler und Finanzminister haben einen großen Einfluss, aber es sieht aktuell nicht aus, als hielten sie ihr Versprechen. Alles ist teurer geworden. Wenn jetzt zusätzlich wieder eine Steuererhöhung um zwölf Prozentpunkte kommt, dann kostet auch das Schnitzel deutlich mehr. Das können und wollen viele Kunden nicht bezahlen und gehen dann weniger essen.

Während und direkt nach den Corona-Lockdowns war die Personalsituation in der Gastronomie grausig. Hat sich die Branche erholt?

Richtig gebessert hat es sich noch nicht. Wegen des Personalmangels haben viele Ruhezeiten eingeführt und ihre Öffnungszeiten eingeschränkt. Mancher hat auch zugemacht deswegen. Über Corona hat kaum jemand den Job gewechselt, da war es zu unsicher. Der Wechsel in andere Branchen hat stattgefunden, das war ein Problem für die Gastronomie. Mittlerweile gibt es wieder Fluktuation, der Wechselwillen ist zurück. Die Bewerber haben die große Auswahl und können sich den Betrieb frei aussuchen.

Was müssen Gastwirtschaften dafür tun, Bewerber von sich zu überzeugen?

Das ist eigentlich Usus, vor allem: sie gut behandeln. Auch Bindungsprogramme können dafür sorgen, dass Mitarbeiter dann bleiben.

Wie können solche Programme aussehen?

Nicht anders als in anderen Branchen auch. Ein Jobrad, die Übernahme des 49-Euro-Tickets, Zusatzleistungen, betriebliche Altersvorsorge. Es ist eine Mischung aus Soft und Hard Skills. Vor allem geht es um ein gutes Betriebsklima.

Wie sorgen Sie in der Malzmühle dafür?

Wir haben schon lange eine betriebliche Altersvorsorge und ein betriebliches Gesundheitsmanagement. Wir sind zwar irgendwie groß, aber irgendwie auch noch ein Familienunternehmen. Dazu gehört für mich, dass ich unseren Angestellten helfe, wenn sie Probleme haben. Zum Beispiel mit dem Mietvertrag, da rufe ich auch schonmal Vermieter an, oder ich besorge ihnen Arzttermine, wenn es Sprachbarrieren gibt. Wir tun mehr als wir vielleicht müssten, und das bekommen die anderen mit.

In Köln haben sich die Gästeführer über Müll, Unrat und Baustellen in der Altstadt beschwert. Haben Sie auch den Eindruck, dass die Kölner Altstadt ein Schmutzproblem hat?

Wir sitzen mit der Malzmühle am Rande der Altstadt und sind in der Wahrnehmung vieler von ihr getrennt. Das ist oft gar nicht schlecht. In die Altstadt kommen am Wochenende gefühlt 3000 Junggesellenabschiede. Die Leute lassen ihren Müll fallen, wo sie stehen. Und die AWB kommt nicht hinterher. Es ist nicht immer ein gutes Bild, das die Stadt abgibt.

Die Brauereien haben kürzlich wieder Alarm geschlagen – wie jeden Sommer meldeten sie, ihnen gingen die Pfandflaschen aus. Ist das Panikmache – oder was steckt dahinter?

Nein, sicher ist das keine Panikmache. Auch wir bei der Malzmühle haben regelmäßig keine Pfandflaschen mehr. Im Sommer wird am meisten Flaschenbier verkauft, die Leute sind draußen unterwegs, kaufen sich ein Sixpack und lassen ihren Müll dann liegen – statt die Flaschen zurückzubringen. Der Pool, aus dem die Brauereien gemeinsam ihre Pfandflaschen beziehen, ist dann leer. Vor allem für die kleinen Brauereien ist das schwer, die großen greifen schnell und großzügig zu. Dann müssen neue Flaschen gekauft werden.

Und das ist deutlich teurer.

Im letzten Jahr war es extrem. Eines der größten Glaswerke Europas stand in der Ukraine. Es wurde zerbombt, da gab es plötzlich keine neuen Flaschen mehr.


Melanie Schwartz-Mechler ist Geschäftsführerin der Kölner Brauerei zur Malzmühle. Zur Brauerei gehören die Marken Mühlen-Kölsch und seit 2022 auch Sünner. Schwartz-Mechler ist außerdem Vorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands in Köln.

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