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KickboxenIn Köln lebender Flüchtling ist Weltmeister

Lesezeit 3 Minuten

Mntsar Almhed wurde Anfang des Monats in Mailand zum dritten Mal Weltmeister im Kickboxen.

Köln – Wer Mntsar (sprich: „Montasar“) Almhed in seiner Wohnung in Raderthal trifft, vermutet nicht, dass dieser Mann ein Kämpfer ist. „Er ist sehr friedvoll, will keinen Ärger haben und will nur das Beste für seine Familie“, beschreibt ihn sein Freund Abdulrahman Masri. Almheds Charakter ändert sich jedoch schlagartig, wenn er in den Kickbox-Ring steigt. „Im Ring bin ich ein Tier, ein Monster“, sagt er. „Das muss ich aber auch. Wenn ich mich im Ring so verhielte wie Zuhause, hätte ich keine Chance“.

Im Ring haben dann im besten Fall die Gegner keine Chance. So geschehen Anfang November in Mailand. Dort ist der syrische Flüchtling beim Turnier der „World Fighters Corporation“ zum dritten Mal Weltmeister geworden. Schon 2005 und 2009 hatte er sich diesen Titel gesichert.

Der Weg zum Triumph war wettkampftechnisch kurz, andererseits aber auch lang und beschwerlich. In Mailand stand Almhed in der Klasse bis 60 Kilogramm lediglich ein Gegner gegenüber, der amtierende italienische Meister. Eine Herausforderung war der jedoch nicht. „Mein Gegner war nicht gut genug. Ich musste noch nicht einmal all meine Techniken einsetzen.“ Nach drei Runden war Almhed klarer Punktsieger.

In Syrien arbeitete Almhed als Kickbox-Trainer und Zahntechniker

Es war daher keine große Überraschung, dass der 32-Jährige einen neuen Gürtel mit nach Köln nahm. „Es ist trotzdem ein schönes Gefühl, da ich jetzt weiß, dass ich es immer noch kann“, sagt er. Almheds vorletzter Wettkampf liegt nämlich schon einige Jahre zurück. Hinter ihm liegt eine turbulente Zeit.

Mntsar Almhed wurde im syrischen Aleppo geboren und wuchs in Homs auf. Dort hat er unteranderem als Kickbox-Trainer und Zahntechniker gearbeitet. „Irgendwann war dann der Punkt erreicht, an dem an jeder Ecke eine Gefahr drohte“, sagt er. Er musste fliehen.

Zu Fuß kam er über die Türkei, Griechenland und Mazedonien zunächst nach Stuttgart, wohnte dort in einem Flüchtlingsheim. 33 Tage war er unterwegs. „Es war furchtbar, sehr hart und kalt“, beschreibt er. „Oft mussten wir vor Polizeihunden flüchten.“ Einmal haben er und seine Begleiter sich nachts in den Bergen verlaufen. „Ich dachte, hier kommen wir nicht mehr lebend raus.“

Ein Preisgeld gibt es nicht

Seit anderthalb Jahren wohnt er jetzt in Deutschland, seit elf Monaten in Köln. Hier hat er Asyl bekommen. Seine Frau und seine drei Töchter konnte er nachholen. Über eine Mitarbeiterin der Hilfsorganisation „City of Hope Cologne“ hat er eine Wohnung bekommen. Nach einem Praktikum in einem Zahntechniklabor hat er zudem Aussichten auf einen Job. Dafür muss er aber erst Deutsch lernen. Noch spricht Almhed nur Arabisch.

Geld verdienen kann er derzeit deshalb nicht, und ist auf das Geld vom Jobcenter angewiesen. Auch den Trip zur Kickbox-WM musste er von diesem Geld bezahlen. Die Suche nach einem Sponsor blieb ergebnislos. Er selbst hat sich deshalb nun heftige Sparmaßnahmen auferlegt. Ein Preisgeld für seinen Titel gab es nicht. „Es ist schon hart“, sagt er. Seine Familie unterstützt ihn jedoch.

Mit Händen und Füßen

Kickboxen ist eine Kampfsportart, bei der das konventionelle Boxen mit dem Schlagen von Händen und Füßen, wie etwa beim Karate, verbunden wird. 1974 war Kickboxen erstmals Wettkampfdisziplin. Olympisch ist es jedoch nicht. Wako, WKA, Iska, WKU und WKF sind die größten Verbände. (lt)

Nun setzt er erstmal alles daran, Deutsch zu lernen, um den Job in dem Zahntechniklabor beginnen zu können. In ferner Zukunft möchte er zudem als Kickbox-Trainer arbeiten. Die nötige Lizenz hat er bereits.

Fünf Jahre will der 32-Jährige noch kickboxen und möglichst viele Titel gewinnen. Fast jeden Tag trainiert er dafür mit seinen Trainern Rene Baaden und Janick Goman, die ihn unentgeltlich coachen. Auch die Suche nach Sponsoren geht weiter. „Drei Weltmeistertitel reichen mir noch nicht“, sagt Almhed. „Ich will mehr.“ Dafür wird er dann auch schon einmal zum Tier.