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KindertagespflegeMobile Springerkräfte für die Großtagspflege geplant

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Die Kölner Tagesmutter Saggia Roagna mit zwei Schützlingen.

Die Kölner Tagesmutter Saggia Roagna mit zwei Schützlingen. 

Kindertagespflegepersonen in angemieteten Räumen sollen künftig im Krankheitsfall vertreten werden. 

Mehr als vier Jahre nach einem entsprechenden Ratsbeschluss sollen Kindertagespflegepersonen in Köln künftig durch mobile Springerkräfte vertreten werden können, wenn sie krank sind oder aus anderen Gründen ausfallen. In seiner Sitzung am Donnerstag (4. September) soll der Stadtrat über eine Beschlussvorlage der Verwaltung entscheiden, wonach die Vertretungsstützpunkte der Stadt um „zusätzliche mobile Springerkräfte“ ergänzt werden sollen.

Das Springermodell soll zunächst mit zwei Kräften starten und im kommenden Jahr auf sechs erweitert werden. Die Kosten für  die Stadt belaufen sich auf 55.161,52 Euro pro Springerkraft pro Jahr. Dass ein solches Modell konzipiert werden soll, hatte der Rat bereits im Juni 2021 beschlossen. Die Bereitstellung von Vertretungsstützpunkten für die Kindertagespflege ist eine gesetzlich verankerte Pflicht der Stadt. Allerdings ist es für viele Kinder nicht leicht, sich spontan mit einer fremden Betreuungsperson in fremden Räumlichkeiten zurechtzufinden.

„Das macht es für Eltern unattraktiv“, sagt Saggia Roagna, die gemeinsam mit Alice Birkenfeld seit 2007 die Großtagspflege „Pinta Caminos“ in Lindenthal betreibt. Aktuell werden dort 19 Kinder von vier Tagesmüttern betreut. Mit den nun vorgesehenen Springerkräften, die bei Bedarf in die Räumlichkeiten einer Großtagspflege kommen, könnten die Kinder den Tag zumindest in der gewohnten Umgebung mit gewohnten Spielsachen und Abläufen verbringen.

Finanzierung der Vertretungsstützpunkte für die Kölner Kindertagespflege soll für die Zukunft gesichert werden

Für die häusliche Tagespflege in den Wohnräumen einer Tagespflegeperson ist dieses Modell weniger praktikabel, hier stehen weiterhin acht Vertretungsstützpunkte in Köln zur Verfügung, an denen die Kinder im Notfall betreut werden können. Deren Finanzierung soll laut Beschlussvorlage der Verwaltung angepasst und damit für die Zukunft gesichert werden.

Die Einführung von Springerkräften werde von vielen Tagespflegepersonen in Köln begrüßt, sagt Roagna, die ebenso wie Birkenfeld zu den Gründungsmitgliedern des Vereins Kölner Kindertagespflege gehört, der sich für die Belange von Tagesmüttern und -vätern einsetzt. Etwa 800 Tagespflegepersonen betreuen in Köln rund 3500 Kinder unter drei Jahren (U3) und sichern damit nach Angaben der Verwaltung 30 Prozent des Gesamtangebots der U3-Betreuung. Sie klagen seit Jahren über eine zunehmend nicht mehr auskömmliche Finanzierung ihrer Arbeit. Auch das will die Stadt künftig ändern und die laufenden Geldleistungen für Tagespflegepersonen erhöhen. 

Folgt der Rat der Beschlussvorlage, so bekommen Tageseltern künftig 6,03 Euro pro Kind und Stunde, das sind 69 Cent mehr als zuvor. Werden die Kinder in extra angemieteten Räumen betreut, kommen noch 1,20 Euro Mietkostenzuschuss (statt bisher ein Euro) hinzu, dann sind es 7,23 Euro pro Kind pro Stunde. In einer Großtagspflege dürfen sich zwei Betreuer um neun Kinder kümmern. Bei einer Betreuungszeit von 35 Stunden pro Woche kämen die beiden Kindertagespflegepersonen damit künftig jeweils auf ein Gehalt von 4554,90 Euro pro Monat – wovon allerdings noch die Miete für die Räumlichkeiten gezahlt werden muss.  

Die Bezahlung von Kindertagespflegepersonen unterscheidet sich von Kommune zu Kommune deutlich

„Es ist toll, dass wir das geschafft haben“, sagt Birkenfeld, „aber wir haben auch knapp drei Jahre dafür gearbeitet und fragen uns schon, warum das so lange gedauert hat“. Die Brisanz der Lage von Kindertagespflegepersonen sei nicht in Gänze erkannt worden und die Erhöhung angesichts der Inflationsraten der vergangenen Jahre kein Grund für eine Riesenparty. In Baden-Württemberg etwa werde 7,50 Euro pro Kind und Stunde gezahlt, in Ulm sind es sogar 9,50 Euro. Der Grund: Die genaue Ausgestaltung der Kindertagespflege obliegt den zuständigen Jugendämtern in den Kommunen, die im Rahmen bundesrechtlicher Vorgaben selbst entscheiden. 

Immer mehr Tagespflegepersonen in Köln klagen über ein weiteres Problem: Da die Pauschalen des Landes für unter Dreijährige Kita-Kinder besonders hoch seien, würden in den Kindergärten immer mehr U3-Plätze eingerichtet. Und, so erleben es Tagesmütter in Köln, immer mehr Kindergärten werben die Kleinsten massiv aus der Kindertagespflege ab. Für die Tageseltern ist es allerdings ein finanzielles Problem, wenn sie nicht die vollen fünf Kinder – oder neun bei zwei Betreuern in der Großtagspflege – betreuen können. 

Auf die Frage, ob eine Anpassung der hohen Pro-Kopf-Pauschalen für U3-Kinder in den Kitas geplant sei, um die Kindertagespflege zu stärken, antwortet das NRW-Familienministerium nicht direkt. Eine Sprecherin teilte lediglich mit: „Die Landesregierung ist im regelmäßigen Austausch mit den Akteuren der Kindertagespflege.“

Eltern könnten wählen, ob sie ihr Kind in einer Kita oder in der Kindertagespflege betreuen lassen. Die Kindertagespflege werde aufgrund ihrer spezifischen Merkmale wie kleiner Gruppen von maximal fünf Kindern und einer festen Betreuungsperson von vielen Eltern bevorzugt. Ministerin Josefine Paul sagte: „Auch wenn die Anzahl der Kindertagespflegepersonen und die Anzahl der betreuten Kinder in der Kindertagespflege in den letzten Jahren leicht rückläufig ist: Die Kindertagespflege ist eine tragende Säule im System der frühkindlichen Bildung.“