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Ehefrau in Köln erstochenKölner Richter nimmt Zeugen in Beugehaft

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landgericht

Der Haupteingang zum Justizzentrum Köln mit Amtsgericht und Landgericht an der Luxemburger Straße

Köln – Zu einer ungewöhnlichen Maßnahme griff am Montag bei einem Prozess wegen Totschlags der Vorsitzende Richter Peter Koerfers. Da sich ein wichtiger Zeuge partout geweigert hatte auszusagen, nahm Koerfers den jungen Mann in Beugehaft. Er war bereits der zweite Zeuge im laufenden Verfahren vorm Landgericht, der nichts über den Angeklagten aussagen wollte. Beschuldigt ist ein 27-jähriger Marokkaner, der vergangenen Januar in Bilderstöckchen seine Ehefrau erstochen hatte; im Cannabis-Wahn, wie er selbst vor Gericht ausgesagt hatte.

Nachdem der Zeuge, der als Bekannter etwas zum persönlichen Hintergrund des Angeklagten hätte sagen sollen, schon zu vorangegangen Verhandlungsterminen nicht erschienen war, hatte der Richter den Mann vorführen lassen. Im Zeugenstand schwieg er jedoch, später berief er sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht.

Widerwillige Aussage

Das habe er in diesem Fall allerdings nicht, er müsse aussagen, sagte Richter Koerfers und drohte ein Ordnungsgeld von 250 Euro an. Als sich der Zeuge weiter weigerte, ordnete der Vorsitzende für die Dauer der Hauptverhandlung Beugehaft an. Zunächst wurde der Mann wieder in den Vorführbereich des Justizgebäudes gebracht. „So, jetzt hätten sie noch mal Gelegenheit, sich das durch den Kopf gehen lassen“, sagte der Richter. Etwa vier Stunden später wurde der Zeuge wieder in Saal 7 gebracht; er hatte es sich überlegt und sagte aus, allerdings offensichtlich widerwillig. Seine Aussage sah der Richter als wichtig an, weil dieser bei der Polizei schon von früheren Gewalttätigkeiten des Angeklagten berichtet hatte. Bei einem Treffen soll der 27-Jährige seinen Bekannten sogar mit einer Machete verletzt haben.

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Hausmeister befürchtete Repressalien

An einem früheren Verhandlungstag hatte bereits der Hausmeister des Hauses, in dem sich die Tatwohnung befindet, die Aussage aus Angst vor Repressalien seitens des Angeklagten verweigert. Nachdem die Richter ihm gut zugeredet hatten, sagte der Mann aber doch aus und berichtete, dass sich die Eheleute im Vorfeld der Tat mehrfach laut gestritten hatten, er habe es bis auf den Flur heraus gehört. Ein Nachbar berichtete am Montag ebenfalls von vielen heftigen Streitereien, das Opfer habe ihrem Mann aber immer wieder eine Chance gegeben.

 „Immer, wenn er raucht, bekommt er Verfolgungswahn“

Polizisten gaben im Zeugenstand an, dass sie nach einem Notruf des Nachbarn mit Blaulicht zum Tatort gefahren seien und die Tür der Wohnung eingetreten hätten. Sie trafen auf den Angeklagten, der mit dem Messer in der Hand über seiner Frau stand. Er sei dann in Schockstarre verfallen und habe sich widerstandslos festnehmen lassen. „Immer, wenn er raucht, bekommt er Verfolgungswahn und meint, dass ihn jemand umbringen will“, habe das schwer verletzte Opfer noch gesagt, berichtete einer der Beamten. Wenig später verstarb die Frau in der Klinik.

Die Aussage der Ehefrau stützt die vorläufige These der Staatsanwaltschaft und einer psychiatrischen Gutachterin, der Angeklagte könne im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt haben. Dem Mann droht daher die dauerhafte Einweisung in die Psychiatrie, derzeit ist er in einer psychiatrischen Klinik in Essen untergebracht. Der Prozess wird fortgesetzt.

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