Kölner Comedian Maxi Gstettenbauer„Dass Weiterentwicklung mit Zensur gleichgesetzt wird, finde ich seltsam“

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Maxi Gstettenbauer steht in der Sonne auf der Ehrenstraße in Köln und lächelt in die Kamera.

Maxi Gstettenbauer, Comedian und Podcaster, in Köln auf der Ehrenstraße.

Maxi Gstettenbauer ist Comedian aus Köln. Der gebürtige Niederbayer hat eine eigene Theorie, warum die Menschen in Köln so gesellig sind.

‚Das darf man ja gar nicht mehr sagen.‘  Ein ironischerweise oft gesagter Satz. Auch in der Comedy. Der Kölner Comedian Maxi Gstettenbauer stört sich daran: „Wenn ich mir ältere eigene Programme angucke, gibt es immer wieder Sachen, die ich heute nicht mehr so sagen würde. Ich finde, das ist ein normaler Prozess und glaube nicht, dass das erst mit ‚Political Correctness‘ kam“, sagt er. „Dass Weiterentwicklung und Reflektieren sofort mit Zensur und mit sich-eingeschränkt-fühlen gleichgesetzt wird, finde ich schon seltsam. Man kann als Comedian wirklich über alles reden. Man muss es halt können.“ Manchmal, so sagt er, falle es ihm schwer, sich als Teil der Comedy-Szene zu sehen. „Es macht mir schon Sorgen, dass Comedy ein reaktionärer Durchlauferhitzer wird.“

In seinem eigenen Programm soll es daher anders laufen. „Die Leute haben den Zynismus in der Gesellschaft satt und wollen einfach eine gute Zeit haben. Deshalb auch der Programmtitel“ – „Gute Zeit“, so heißt Gstettenbauers aktuelle Show. „Ich glaube, es gibt da wirklich ein großes Bedürfnis nach. Auch bei mir.“ Maxi Gstettenbauer hat Depressionen und Panikattacken. „Mir hilft es enorm, anzuerkennen, dass man kein Superman sein muss und auch nicht über diesen ganzen Krisen stehen muss, sondern sagen kann: Für eine gewisse Zeit bin ich am Ende mit meinem Latein.“

Maxi Gstettenbauer: „Ich will nicht, dass die Panik gewinnt“

Davon, auf der Bühne zu stehen, halten ihn die Panikattacken nicht ab – „weil die Auftritte Spaß machen und ich auch nicht will, dass die Panik gewinnt. Ich bin einfach ein Sturkopf, wenn ich meiner Frau glauben will.“ Die Panik komme zwar, aber sie vergehe auch, sagt Gstettenbauer. „Wir spielen uns oft etwas vor in der Gesellschaft und wollen untouchable sein. Das müssen wir auch ein Stück weit. Sobald wir nicht souverän rüberkommen, etwa im Job, wird sofort auf die Leistungsfähigkeit geschlossen.“ Dabei herrsche eigentlich ein Bedürfnis nach Nähe. Danach, verstanden zu werden. „Manche wollen bei einer Autogrammstunde einfach eine Umarmung. Erwachsene Männer, die wollen einfach mal umarmt werden.“ Über seine Depressionen hat Maxi Gstettenbauer ein Buch geschrieben.

Ursprünglich stammt er, wie sein Nachname vermuten lässt, nicht aus dem geselligen Rheinland. Was verschlägt einen Niederbayer nach Köln? In Bayern, seiner Heimat, war die Comedy- und Kabarettszene für Maxi Gstettenbauer wortwörtlich zum Davonlaufen. „Wenn du da Comedy machen wolltest, musstest du dich als Putzfrau oder Hausmeister verkleiden“, sagt er. „Ich wollte Stand-Up nach amerikanischem Vorbild machen. Das gab’s damals nur in Köln.“ Also probierte sich Gstettenbauer mit 18 Jahren auf den offenen Bühnen der Stadt aus. Inzwischen ist er 34 und mit seinem fünften Soloprogramm „Gute Zeit“ deutschlandweit unterwegs, unter anderem im Kölner Gloria. Das Gloria hat eine besondere Bedeutung für den Wahl-Kölner, erzählt er. „Für einen Stand-Up-Comedian ist es die Location. Man fängt ja nicht an und sagt sich: Ich fülle Olympiastadien. Als ich das erste Mal im Gloria bei Nightwash gespielt habe, waren 400 Leute richtig viel.“ Das sei immer noch so, fügt er hinzu.

Der Gedanke, dort einmal solo zu spielen, war in Anfangszeiten noch ein Wunschtraum. Jetzt ist das Gloria gleich an zwei Abenden ausverkauft. Auch die Offene Bühne bei „Kunst gegen Bares“ im Severins-Burg-Theater sei ein wichtiger Teil seines Lebens gewesen. Das Severins-Burg-Theater gibt es heute nicht mehr. „Ohne Köln gäbe es mich als Comedian nicht“, sagt Gstettenbauer. „Viele Comedians gäbe es ohne Köln nicht – ob das jetzt für oder gegen die Stadt spricht, überlasse ich den Leserinnen und Lesern“, sagt der 34-Jährige, nicht ohne ironischen Unterton.

„Ich glaube, man beschäftigt sich [in Köln] viel mehr mit fremden Menschen, weil die Stadt so hässlich ist.“
Maxi Gstettenbauer, Comedian

Köln hat Maxi Gstettenbauer jedenfalls nicht wieder verlassen, obwohl inzwischen Berlin als Comedy-Hauptstadt gilt. „Ich habe meine Frau hier kennengelernt. Ich bin nicht der große Rausgeher und nicht der krasse Socializer. Es ist schon eine Auszeichnung für eine Stadt, wenn ein anti-sozialer Brocken wie ich da eine Frau kennenlernen kann“, sagt er und lacht. „In Köln kannst du irgendwo alleine hingehen und du lernst Leute kennen“ – eine Einschätzung, die wohl jeder, der einmal in Köln war, teilt.

Maxi Gstettenbauer hat seine eigene Theorie, warum das so ist: „Ich glaube, man beschäftigt sich viel mehr mit fremden Menschen, weil die Stadt so hässlich ist.“ Ein hartes, aber liebevoll gemeintes Urteil. „Ich habe lange in der Südstadt am Chlodwigplatz gelebt, das ist schon eine enorm hohe Lebensqualität“, sagt er nämlich auch. Mittlerweile ist er mit Frau und Kind ins ruhigere Brück gezogen. Aber: „Ich habe fest vor, wenn das Kind aus dem Haus ist, wieder zurück in die Stadt zu ziehen, und zwar am besten in die Südstadt.“


Die Shows von Maxi Gstettenbauer im Gloria am 28. und 29. April sind ausverkauft. Am 2. Juli ist er mit einer Live-Aufzeichnung seines Podcasts „Gut Abgehangen“ mit Alain Frei in der Kantine. Tickets dafür gibt es zu 28,20 Euro auf maxigstettenbauer.de

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