„Enttäuschung, Trauer“Dreifaltigkeitskirche in Köln-Ossendorf kurz vor Schließung

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Kirche

Die Dreifaltigkeitskirche an der Rochusstraße wurde 1963 erbaut.

Ossendorf – Pfarrerin Uta Walger redet nicht lange drumherum: „Eine Kirche zu schließen, ist ein schwerer Schritt“, beginnt sie ihr Grußwort im aktuellen Gemeindebrief der Evangelischen Gemeinde Bickendorf. Sie ist Vorsitzende des Presbyteriums, das mehr als zwei Jahre über die jetzt getroffene Entscheidung, die Dreifaltigkeitskirche in Ossendorf zu schließen, beriet und diskutierte. Auch die Gemeinde war aktiv in den Entscheidungsfindungsprozess eingebunden.

Pfarrerin

Uta Walger und Torsten Sommerfeld

Die Kirchentüre schließt sich schon bald für immer. Am Sonntag, 24. März, 14 Uhr, wird ein Gottesdienst zur Entwidmung der Kirche gefeiert. „Dazu gibt es eine bestimmte Liturgie, die vorgeschrieben ist“, erklärt Pfarrer Torsten Sommerfeld. Wenn dieses Zeremoniell in der Kirche an der Rochusstraße beendet ist, werden die Gläubigen in einer Prozession nach Bickendorf ziehen. In der Epiphaniaskirche am Erlenweg finden von diesem Zeitpunkt an Abendmahlsfeier und Schlusssegen statt.

Großer Banner am Kirchturm verkündet Abschied

Ein großes Banner am Kirchturm der Dreifaltigkeitskirche verkündet den nahenden Abschied: „Adieu“ heißt es – „Geh mit Gott“. Es ist zugleich eine Einladung an jeden, persönlich Abschied von der 1963 erbauten Kirche an der Rochusstraße zu nehmen. Viele Menschen aus der Gemeinde haben bereits zu einer Ausstellung mit Fotos und Dokumenten aus den vergangenen fünf Jahrzehnten beigetragen.

„Das ist auch ein Trauerprozess“, betonen die Pfarrer Uta Walger und Torsten Sommerfeld. Neben viel Verständnis gab es bei den Gemeindemitgliedern auch „Wut, Enttäuschung und Trauer“, wie schon auf einem Papier an der Kirchenwand zu lesen ist. Hier ist Gelegenheit, seine Gefühle, Erinnerungen aber auch Zukunftswünsche aufzuschreiben. „Gerade zu dieser Kirche haben viele einen ganz besonderen Bezug“, erklärt Torsten Sommerfeld.

Schlichter Kirchenbau durch Spenden ausgestaltet

Das liege unter anderem daran, dass der zunächst sehr schlichte Kirchenbau nach und nach durch Spenden ausgestaltet werden konnte. So etwa, als ein neuer Fußboden und eine Deckenvertäfelung notwendig waren. Dabei habe der langjährige Pfarrer und Superintendent Ernst Fey sogar selber mit Hand angelegt. Auch die schmucken Kirchenfenster, die die schlichten Vorgänger ersetzten, kamen erst später – in den 1980er Jahren – hinzu.

Kirchenfenster

Die Fenster werden ausgebaut. 

Der frühere Pfarrer Ernst Fey erinnert sich, dass ihm nach einem Gottesdienst ein Mann einen Hundertmarkschein in die Hand gedrückt und dabei gesagt habe: „Sammeln Sie bitte weiter, damit diese furchtbaren Milchglasfenster verschwinden.“ Die Fenster, die die Dreifaltigkeit aus Gott Vater, Sohn Christus und dem Heiligen Geist darstellen, sollen vor dem Abbruch ausgebaut und sicher verwahrt werden. „Vielleicht kommen sie ja in einem neuen Kirchbau irgendwo noch einmal zur Geltung“, sagt Pfarrerin Walger. Die Aufgabe des Kirchenstandorts Ossendorf soll zur Zukunftsfähigkeit der Gemeinde beitragen. Wenn die Gläubigen künftig die Epiphaniaskirche im Nachbarstadtteil Bickendorf besuchen, finden sie dort ein saniertes und in Teilen neu gebautes Gemeindezentrum vor.

Fusion mit der Kirchengemeinde Ehrenfeld möglich

Weitere Kirchenstandorte der Gemeinde Bickendorf sind die Emmauskirche in Vogelsang und die Auferstehungskirche in Bocklemünd. Eine weitere Überlegung für die Zukunft könnte eine Fusion mit der Kirchengemeinde Ehrenfeld sein. Dann hätten die Protestanten eine ähnliche Struktur wie sie das katholische Erzbistum mit der Bildung des Sendungsraums Ehrenfeld geschaffen hat.

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Das jedoch ist Zukunftsmusik – wie auch die Planungen, was einmal an die Stelle des bald geschlossenen Gotteshauses gebaut wird. „Mit Sicherheit werden wir es nicht an irgendeinen Investor verkaufen, der dann teure Eigentumswohnungen baut“, stellt Pfarrerin Walger jedoch klar. Es gebe erste Überlegungen, gemeinsam mit den Verbänden Antoniter-Siedlungs-Gesellschaft (ASG) und Caritasverband (Gut Frohnhof) für ein Wohnungsbauprojekt. „Wir sind erst im Ideenstadium. Konkret ist noch gar nichts“, sagt dazu Caritas-Pressesprecherin Marianne Jürgens. Bauabsichten gebe es aber, bestätigt sie, denn das Gut Frohnhof, wo der katholische Verband seit 1971 Werkstätten für Menschen mit Behinderung hat, sei in jedem Falle sanierungsbedürftig und müsse an einigen Stellen sogar noch barrierefrei gemacht werden.

Für Pfarrerin Walger wäre ein Wohnprojekt für Menschen mit und ohne Behinderung eine gute Lösung. Und vielleicht ließe sich dabei sogar der Wunsch erfüllen, wenigstens den Kirchturm zu erhalten. Als Erinnerung und als sichtbares Zeichen, dass kirchliche Träger das Projekt ermöglichen.

OFFENE KIRCHE

Für alle, die noch einen letzten Blick in das Gotteshaus werfen und mit anderen darüber ins Gespräch kommen wollen, ist von Montag bis Freitag, 11. bis 22. März, jeweils von 16 bis 18 Uhr „offene Kirche“. Am Dienstag, 19. März, 20 bis 22 Uhr, findet in der Dreifaltigkeitskirche ein Mitsingkonzert mit dem Gospelchor „Fortyseven-Eleven“ statt. Eintritt frei.

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