„Enkeltrick“-BetrügerAngeklagte verraten Hintermänner und hoffen auf Milde

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Telefonbetrüger 180233

Symbolbild

Köln – Im Prozess gegen einen Mann und eine Frau, die Mitglieder einer „Enkeltrick“-Bande gewesen sein sollen, haben die Angeklagten einen Schritt unternommen, der für sie ein großes Wagnis bedeutet – ihnen allerdings eine erhebliche Strafminderung einbringen kann: Sie überreichten der 16. Großen Strafkammer des Landgerichts einen Zettel mit den Namen eines mutmaßlichen Hintermanns und einer Frau, die eine übergeordnete Rolle gespielt haben sollen.

Günter J. Teworte, der den Angeklagten verteidigt, betonte die Besonderheit: Noch nie habe er erlebt, dass Angeklagte in Enkeltrick-Verfahren die Namen von Hintermännern preisgeben. Die Vorsitzende Richterin äußerte sich ähnlich.

Geständnisse abgelegt

Am ersten Prozesstag hatte die beschuldigte Frau, eine 36-jährige Polin, zugegeben, sie habe in allen angeklagten Fällen die Beute abgeholt. Die Masche besteht darin, dass Betrüger Senioren anrufen, sich als Verwandte ausgeben, die dringend Geld benötigen, und mit dieser Lüge die Angerufenen dazu bringen, Bargeld und Wertsachen auszuhändigen. Laut Staatsanwaltschaft beträgt der Wert der gesamten Beute 233 000 Euro.

Am Freitag nun legte auch der gleichaltrige, staatenlose Mitangeklagte ein Geständnis in Form einer Erklärung seines Verteidigers ab. Teworte sagte abweichend von der Anklage, sein Mandant habe nur eine untergeordnete Rolle gespielt, kein erbeutetes Geld verteilt und sich nicht an sechs, sondern nur an vier Fällen beteiligt. Seine Aufgabe sei es in der Regel gewesen, die Abholerin zu den mit den Opfern vereinbarten Treffpunkten zu fahren. Die Frau, die er in einem Café in Porz kennengelernt habe, habe ihn gefragt, ob er Fahrdienste übernehmen könne. Mindestens 500 Euro sollte er pro Fahrt bekommen.

93-Jährige betrogen

Trifft die Darstellung zu, ließ er die Botin beim ersten Mal in Solingen heraus, wo ihr 82-jährige Eheleute 28 000 Euro gaben, weil sie annahmen, ihr Sohn wolle eine Wohnung kaufen. Die zweite Fahrt ging nach Grevenbroich; 32 000 Euro nahm sie entgegen, gezahlt von einer 93-Jährigen, die glaubte, ihr Enkel habe einen Oldtimer angezahlt und brauche den Rest des Betrags. Nach der dritten Fahrt, die nach Essen führte, hielt der Hintermann den Lohn in Höhe von 900 Euro zurück; der werde erst ausgezahlt, wenn der Angeklagte die Beute nach Polen bringe. Er weigerte sich, ließ sich schließlich aber darauf ein, die Beute in Berlin an einen Unbekannten weiterzureichen.

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Sein Mandant habe aussteigen wollen, sagte Teworte, doch die Drahtzieher hätten den Druck auf ihn erhöht. Eines Tages habe er vor dem Haus, in dem seine Ex-Frau mit den gemeinsamen Kindern wohnt, zwei verdächtige Autos gesehen, in einem davon den Hintermann.

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