14 Fußgänger bei Unfällen gestorbenVerein fordert Konsequenzen nach erschreckender Polizeibilanz in Köln

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Kerzen und Blumen liegen auf der Siegburger Straße an der Stelle, wo ein Fußgänger im Januar 2023 von einem Auto überfahren wurde.

Blumen, Kerzen und ein Kreuz erinnern im März 2023 auf der Siegburger Straße an einen Unfall, bei dem im Januar 2023 ein 62-jähriger Mann von einem Auto überfahren wurde.

Seit Jahren sind in Köln nicht mehr so viele Fußgänger im Straßenverkehr gestorben wie im Vorjahr. Zehn Opfer waren älter als 60 Jahre.

Fußgänger stirbt nach Kollision auf Siegburger Straße.

Fußgängerin (83) stirbt nach Unfall in der Innenstadt.

Fußgänger von Bagger erfasst und tödlich verletzt.

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Es waren Schlagzeilen wie diese, hinter denen sich im Vorjahr nicht nur „Tragödien“ verbargen, wie Polizeipräsident Johannes Hermanns es bei der Vorstellung der Unfallstatistik diese Woche beschrieb. Sondern es waren Ereignisse, die Frank Wißbaum, Leiter der Verkehrsdirektion der Polizei, zu der drastischen Formulierung bewegten: „Statistisch gesehen war Zu-Fuß-Gehen als älterer Mensch letztes Jahr in Köln dramatisch gefährlich.“

Köln: Zehn der 14 Todesopfer waren älter als 60 Jahre

14 Menschen verunglückten 2023 in Köln tödlich, während sie zu Fuß in der Stadt unterwegs waren – ein Negativrekord in den vergangenen Jahren. Zehn waren älter als 60. „Das bereitet uns als Polizei Sorgen“, betonte Wißbaum. Insgesamt sechs Fußgänger starben 2022 bei Unfällen im Stadtgebiet, zwei im Jahr 2021 und acht im letzten Vor-Corona-Jahr 2019.

Bei den meisten Unfällen mit Fußgängern im Vorjahr trugen andere Verkehrsteilnehmer die Schuld, zum Beispiel Autofahrer beim Abbiegen. In den Fällen, wo die Fußgänger laut Polizei selbst die Ursache setzten, hätten sie vor allem nicht auf den Autoverkehr geachtet, Rotlicht missachtet oder waren hinter Sichthindernissen auf die Fahrbahn getreten.

Köln: Fuss e.V. fordert breitere Gehwege

Anne Grose vom Fuss e.V. in Köln, dem Fachverband für Fußverkehr in Deutschland, findet, man solle – im Ganzen betrachtet – nicht nach der Schuld des einzelnen Verkehrsteilnehmers suchen, sondern die Mängel im System betrachten. Also: „Zu lange und unzumutbare Umwege, keine sicheren Querungsmöglichkeiten da, wo es wichtig ist, eine Infrastruktur und Gesetzgebung, die zu schnelles Autofahren in der Stadt ermöglicht, falsche Ampelschaltungen, zugeparkte Gehwege, die die Sicht verhindern.“

Gefordert sei die Politik in Köln, sagt Grose. Die müsse sich „endlich stärker für den Fußverkehr einsetzen und die infrastrukturellen Probleme in den Blick nehmen“. Grose führt zwei Beispiele aus der Innenstadt an. Zum einen die Situation am Heumarkt: Wer zu Fuß vom Maritim-Hotel zum Heumarkt wolle, müsse umständlich mehrere Straßen mit verschiedenen Ampelschaltungen überqueren. Zum anderen die Situation am Neumarkt: Warum, fragt Grose, gebe es keinen direkten Weg von der östlichen Neumarkt-Seite zur KVB-Haltestelle auf dem Neumarkt? Stattdessen sei der Weg gerade für ältere und gehbehinderte Menschen beschwerlich, die sich den engen Bereich vor dem Gesundheitsamt mit Fahrradfahrern teilen müssen, ehe sie mit Rollator oder Rollstuhl über die KVB-Schienen zur Haltestelle gelangen.

Es sei kein Wunder, kritisiert Grose, dass Köln sich bei einer Befragung in 16 großen deutschen Städten zum Sicherheitsgefühl von Fußgängerinnen und Fußgängern wiederholt auf dem letzten Platz wiedergefunden habe. Um die Situation zu verbessern, fordert Fuss e.V. kurze und sichere Wege auch für ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen, „angemessen lange“ Ampelphasen, breitere und freie Gehwege ausschließlich für Fußgänger – und mehr Fachpersonal zur Umsetzung solcher Maßnahmen in der Stadtverwaltung.

Zur Unzeit kam da kürzlich die Kündigung des ersten und bisher einzigen Fußverkehrsbeauftragten der Stadt Köln, er wechselte nach Bonn – wohl auch, weil er in der Kölner Stadtverwaltung eher Einzelkämpfer war, ohne Team hinter sich, ohne Durchschlagskraft. Die Stelle soll neu besetzt werden – wann, ist unklar.

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