MissbrauchHaft für Kölner Kinderfotografen Achim Lippoth – trotzdem kam er frei

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Der verurteilte Fotograf (l.) als freier Mann vor dem Landgericht Köln mit seiner Verteidigerin Denise Gerull und seinem Verteidiger Christian Mertens.

Köln – Der weltweit erfolgreiche Kölner Kinderfotograf Achim Lippoth, der etwa Shootings für die „Vogue“, die „New York Times“ und den „Stern“ durchgeführt hat, muss laut Urteil des Kölner Landgerichts wegen schweren sexuellen Missbrauchs für 4 Jahre und 10 Monate ins Gefängnis. Doch trotzdem hob die Strafkammer den Haftbefehl auf, der Fotograf kam frei.

Abgeschlossen ist der Fall ohnehin noch nicht. Die Verteidigung des 53-jährigen Kölners hatte Freispruch beantragt und wird aller Wahrscheinlichkeit nach Revision einlegen.

Kölner Landgericht: Missbrauch an drei Jungen erwiesen

Die Strafkammer von Richter Peter Sommer sah den schweren sexuellen Missbrauch an drei Jungen als erwiesen an. Der mutmaßliche Missbrauch an zwei weiteren Jungen konnte laut Gericht aber nicht konkreten Taten zugeordnet werden, daher sei hier ein Freispruch erfolgt. Das heiße aber laut Richter ausdrücklich nicht, dass die Jungen im Zeugenstand gelogen hätten.

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Der erste abgeurteilte Fall spielte sich laut Gericht im Jahr 1999 ab. In den Osterferien sei er mit seinem Patenjungen, der als Foto-Model für ihn tätig war, in Disney-Ressort nach Florida (USA) geflogen. In einem Wasserpark habe er den Jungen im Schwimmbecken durch die Luft geworfen und wieder aufgefangen. Das habe der Fotograf zum schweren Missbrauch genutzt.

Übergriffe in Hotel und Schwimmbad

Der Junge habe daraufhin gesagt: „Ich möchte nicht mehr von dir so angefasst werden.“ Es sei nicht zu weiteren Übergriffen gekommen. Zuvor soll der Beschuldigte den Jungen bei einer Reise zu einem Spiel des FC Bayern München im Hotel angefasst haben, nachdem dieser eingeschlafen war. Auch soll es zu Übergriffen im Whirlpool des Kölner Aqualandes gekommen sein.

Das heute erwachsene Opfer habe laut Richter Sommer kein Trauma davongetragen, so habe er es im Zeugenstand geschildert. Er werfe seinen Eltern aber immer noch vor, ihn als Kind nicht geschützt zu haben: „Die haben ihren Job nicht erfüllt.“ Er mache sich Vorwürfe, Taten an weitere Opfer nicht verhindert zu haben. Seine eigenen Kinder gebe er nie in fremde Obhut.

Verteidigung hatte Freispruch gefordert

Verteidiger Prof. Ulrich Sommer hatte bei früheren Verhandlungstagen gesagt, er halte alle bisherigen Aussagen der mutmaßlichen Opfer für nicht brauchbar. Die Männer seien beeinflusst worden, etwa von ihren Müttern, teilweise ehemalige Lebenspartnerinnen des Angeklagte, mit denen dieser laut Gericht aber völlig asexuelle Beziehungen geführt hatte. Die Polizei habe den Mandaten vorverurteilt, dieser sollte gesellschaftlich geächtet werden, so die Verteidigung.

„Es gab keine Suggestion und keine Verschwörung “, sagte der Richter dazu. Die Polizei habe gründlich ermittelt, die Akte betrage etwa 3600 Seiten. „Hochgradig manipulativ“ nannte der Richter das Vorgehen des Fotografen, der Jungen teilweise nur dann mit seiner Playstation habe spielen lassen, wenn diese sich dabei auf den Schoß des Mannes setzten. Der nicht vorbestrafte Angeklagte sei nun beruflich vernichtet, so der Richter. Allerdings habe er seinen Beruf auch gezielt dazu genutzt, sich Kindern zu nähern. Die Staatsanwaltschaft hatte sogar zehneinhalb Jahre Haft gefordert.

Das Landgericht hob allerdings den Haftbefehl auf. Der Richter sieht keine Fluchtgefahr und geht davon aus, dass der Angeklagte sich dem weiteren Verfahren stelle. Der Richter erwähnte in dem Zusammenhang auch den pflegebedürftigen Vater des Angeklagten. Bis zu einem möglichen Haftantritt bei einem rechtskräftigen Urteil ist der Kinderfotograf somit ein freier Mann. Mit großer Enttäuschung hatte dies eines der Opfer aufgenommen und auf dem Flur des Landgerichts mit einem Tritt versehentlich Teile einer Rigipswand zerstört. Die Staatsanwaltschaft legte umgehend Beschwerde gegen die Haftentlassung ein.

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