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„Hilde“ und „Törtchen“Kölner Klinkclowns bringen Lebensfreude ins Seniorenheim

Lesezeit 4 Minuten

„Törtchen“ (Tom Simon, r.) und „Pippa Plunda“ (Christina Wiesemann)

Köln – „Hallo, dürfen wir reinkommen?“ Zwei weit ausgebreitete Arme sind die Antwort. Ruth Fuhrmann begrüßt „Hilde“ und „Törtchen“ wie zwei alte Bekannte. Die 87-Jährige lebt im Deutschordens-Wohnstift „Konrad Adenauer“ in Neubrück. Als die beiden Klinikclowns an die Tür ihres Zimmers in der achten Etage klopfen, ist sie nicht überrascht. „Ich habe Sie schon im Flur singen gehört.“

„Waren wir zu laut?“ Die Sorge der Gäste ist unbegründet. „Auf keinen Fall, ich mag Musik. Das ist so schön, dass Sie mich besuchen kommen. Und wie drollig Sie aussehen“, freut sich Ruth Fuhrmann. Stimmt. Die Clowns fallen auf. Sie haben sich richtig schick gemacht. „Törtchen“ trägt seine grün-karierte Sonntagshose mit roten Hosenträgern, dazu ein gelbes T-Shirt. In seinen rot-gelben Schuhen, Größe 62, ist er erstaunlich behände unterwegs. Auch „Hilde“ macht was her. Ihr gepunktetes Petticoatkleid kombiniert sie mit einer langen weißen Spitzenunterhose und roten Strümpfen. Wichtigstes Utensil und zugleich Erkennungszeichen der Klinikclowns ist die rote Nase. In Zeiten von Corona sitzt sie auf der Maske. Sieht ungewohnt, aber putzig aus.

Regelmäßig im Seniorenzentrum

Erst seit November 2020 ist das Zweier-Team der Kölner-Klinikclowns regelmäßig zu Gast in dem Seniorenzentrum in Neubrück. Prokuristin Ulrike Nieder aus der Geschäftsführung des Hauses ist sehr froh über deren Einsatz. „Sie sind eine wunderbare Bereicherung. Die Klinikclowns begegnen den Bewohnern mit ganz viel Einfühlungsvermögen und Empathie. Oft gelingt es ihnen, einen ganz besonderen Zugang zu den älteren Menschen zu bekommen. Wir sind begeistert und dankbar.“ Alle 14 Tage besuchen „Törtchen“ und „Hilde“, die sich mit ihrer Clowns-Kollegin „Pippa Plunda“ abwechselt, den Deutschordens-Wohnstift.

Bewohnerin Ruth Fuhrmann hat viel Spaß mit den Clowns.

Jeweils für drei Stunden. Die Mitarbeiterinnen des sozialen Dienstes bereiten die Besuche vor. „Wir achten darauf, dass möglichst viele Bewohner in den Genuss kommen“, sagt Andrea Offermann. Wen die Klinikclowns an den Besuchstagen kennenlernen, erfahren sie erst vor Ort. „Das ist kein Problem, wir bereiten uns natürlich vor, haben aber kein festes Programm, das wir abspulen, vieles ist improvisiert. Der Augenblick, die Stimmung, die Wünsche derer, die uns empfangen, geben die Richtung vor“, sagt „Törtchen“. Der Mann hinter der Figur ist der Kölner Schauspieler und Musiker Tom Simon, unter anderem bekannt als Mitglied des Stunksitzungs-Ensembles. „Hilde“ und „Pippa Lunda“ werden von den Künstlerinnen Linda Kraft und Christina Wiesemann dargestellt.

Zwischen fünf und zehn Minuten

Die einzelnen Besuche dauern zwischen fünf und zehn Minuten. Das Repertoire von „Hilde“ und „Törtchen“ scheint an diesem Tag unerschöpflich. Mit Ruth Fuhrmann wird zu Willi Ostermanns „Och wat wor dat fröher schön doch en Colonia“ getanzt und gesungen. Die entsprechenden Töne entlockt „Törtchen“ den sechs Saiten seiner kleinen Gitarre. Mit dem bettlägerigen Herrn ein paar Zimmer weiter gehen die Clowns auf eine Fantasiereise und fliegen auf eine unbekannte Insel. Der Mann kann nicht mehr sprechen, verfolgt aber mit den Augen aufmerksam jede Bewegung der Gäste. Die Frage „Hallo, dürfen wir reinkommen?“, richtet sich zwei Etagen höher an eine Dame, die erst seit kurzem im Wohnstift lebt.

Kölner Klinikclowns

Der Verein „Kölner Klinikclowns“ wurde 1995 von Kölner Künstlern ins Leben gerufen. Er ist Gründungsmitglied des Dachverbandes „Clowns für Kinder im Krankenhaus Deutschland“. Die Clowns besuchen Menschen in Kliniken, Seniorenheimen, Pflegestationen und Hospizen in Köln und Umgebung. Die professionell ausgebildeten Klinikclowns arbeiten nicht ehrenamtlich, sie bekommen ein Honorar. Der Verein finanziert die regelmäßigen Besuche durch Spenden, Sponsoring, Benefizveranstaltungen und Mitgliedsbeiträgen. (mos)

Für sie legt „Hilde“ einen temperamentvollen Flamenco aufs Parkett. Die 93-jährige Zuschauerin ist begeistert und verrät, dass sie früher selber gern getanzt habe. „Aber so gut wie Sie hätte ich das nie hinbekommen. Sie haben mir eine große Freude gemacht. Bringen Sie das nächste Mal bitte einen Fotoapparat mit, dann können wir ein Erinnerungsfoto für meine Tochter machen.“

Zeit für Gespräche

„Törtchen“ und „Hilde“ tanzen und singen nicht nur, sie nehmen sich vor allem Zeit für Gespräche. Sie hören zu, fragen behutsam nach, interessieren sich für die Geschichten über die Kinder und Enkel und trösten bei Sorgen. „Die Klinikclowns bauen Beziehungen zu den Bewohnern auf Augenhöhe auf. Wir sind sehr beeindruckt, mit wie viel Fingerspitzengefühl sie auf jeden Einzelnen eingehen. Sie nehmen alle ernst. Toll, dass wir unseren Bewohnern gerade in Corona-Zeiten ein solches Angebot machen können“, sagt Ulrike Nieder.

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Das ist auch für Jens Ochel, Geschäftsführer des Vereins Kölner Klinikclowns, wichtig: „Unter Einhaltung strengster Hygieneregeln versuchen wir alles, damit die Klinikclowns in der Pandemie die Kranken und Pflegebedürftigen in den Einrichtungen weiterhin besuchen können. Denn dort werden Leichtigkeit und Lebensfreude besonders benötigt.“ In einem Punkt braucht der Verein selber Unterstützung: „Wir suchen aktuell neue Räumlichkeiten zur Miete mit einem kleinen Büro und einem zusätzlichen Raum für die Trainings der Clowns“, sagt Jens Ochel.