Kölner Musikerin nach Bein-Amputation„Es geht mir super damit!“

Sarah und Steffen Brückner von Mrs. Greenbird
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Köln – Es klingt wie der Inbegriff eines Alptraums. Doch Sarah Brückner sagt: „Ich habe mich darauf gefreut, ich wollte das unbedingt!“ So beschreibt die Sängerin der Kölner Band Mrs. Greenbird ihre Gefühlslage, bevor ihr vor wenigen Wochen ein Bein amputiert wurde. Diese Aussagen mögen zunächst verstören, werden aber verständlich, wenn man sich die erste Folge des Band-Podcasts „Vogelgezwitscher“ anhört.
Bekannt wurde das Musik-Duo 2012, als es die dritte Staffel der TV-Castingshow „X Factor“ gewann. Unter dem lakonischen Titel „Eine Amputation ist noch lange kein Beinbruch“ spricht Nücken mit ihrem Ehemann und Bandpartner Steffen Brückner offen über ihre sehr lange Krankheitsgeschichte, einen fatalen Unfall im Dezember, die Amputation im August, den Weg dorthin und wie es ihr seitdem geht.
Mrs. Greenbird-Sängerin spielt drei Wochen nach Amputation wieder Konzerte
Privat sind die beiden seit 2006 ein Paar, seit 2019 verheiratet und seit 2021 Eltern einer Tochter. Interviewanfragen zum Thema lehnt die Sängerin ab, im Podcast erzählt sie ihre Geschichte ungefiltert, zu ihren Bedingungen. Er solle helfen, „Berührungsängste abzubauen, Mut zu machen“ und einen „natürlicheren Umgang“ mit dem Thema zu schaffen.
Kurz nach der Operation sei es Sarah Brückner„richtig, richtig schlecht“ gegangen, sie habe schlimme Schmerzen gehabt. Die Sängerin wurde medikamentös eingestellt, und gemeinsam mit einem Schmerztherapeuten fand sie heraus, dass es ihr hilft zu singen. Also wollte sie wieder auf die Bühne: Gute drei Wochen nach dem Eingriff spielte die Band wieder ein Konzert. Alle Musiker spielten im Sitzen. Zuvor habe Sarah Brückner die Besucher aber vorwarnen wollen und sich entschieden, ihre Amputation öffentlich zu machen.
Mit einem Post in den sozialen Medien informierte Mrs. Greenbird ihre Anhänger Mitte September: „Mir wurde mein rechtes Bein amputiert. Für euch ist das jetzt sicher erstmal schockierend, ich hatte jedoch Zeit mich darauf vorzubereiten.“
Denn wie Sarah Brückner im Podcast schildert, ist der radikale Schritt der Amputation der Gipfel einer langen Krankengeschichte, die mit ihrem dritten Lebensjahr begann. Insgesamt 40 Operationen an ihrem rechten Bein habe sie schon hinter sich. Um was für eine Krankheit es sich genau handelt, erzählt die 38-Jährige nicht, aber dass diese ihre Beweglichkeit massiv einschränkte. In den sozialen Medien erntet die Musikerin viel Zuspruch für ihren offenen Umgang.
Wegen Corona musste Operation in Köln mehrfach verschoben werden
Als sie dann im Dezember des vergangenen Jahres zu Hause ausrutschte und unglücklich aufs rechte Knie prallte, habe sie im schon im Moment des Unfalls gewusst: „Das wird nichts mehr, das war's jetzt.“ Sie sollte recht behalten. Die Kniescheibe war zertrümmert, der Quadrizeps – der Muskel an der Vorderseite des Oberschenkels, der die Streckung des Unterschenkels bewirkt – war abgerissen.
Wegen Corona wurde die Operation mehrfach verschoben, mehrmals sei Brückner morgens wieder weggeschickt worden, weil es Notfälle und zu wenig Personal gab. Jedes Mal wurde sie liegend in die Klinik transportiert, hatte vorher Milch für ihr Baby abgepumpt, da sie noch stillte. Das viele Verschieben beschreibt Brückner als eine der „schlimmsten Sachen, die mir je passiert sind. Es war respektlos, es war unmenschlich“.
Nach der OP folgte eine monatelange ambulante Reha, doch es besserte sich nichts. Die Sängerin konnte nicht sitzen, musste das Bein immer hochlegen, hatte permanent Schmerzen. „Ich wollte nicht mehr, meine Lebensqualität war weg“, begründet Brückner den Schritt für die Amputation. „Ich habe viel mehr Zeit gebraucht, um mich an den Gedanken zu gewöhnen“, sagt Ehemann Steffen Brückner und äußert Bewunderung für ihre Entscheidung.
Kölner Band Mrs. Greenbird schildert, wie es nach der Amputation weitergeht
Während ihrer OP habe er daran denken muss, dass seine Frau nicht mehr „komplett“ zurückkommen werde, sei ihre größte Sorge gewesen, der Arzt würde ihr nach der OP mitteilen, dass er es sich doch anders überlegt habe. Nach dem Eingriff war Sarah Brückner erleichtert – auch wenn sie zwei Tage brauchte, bis sie sich traute, zum ersten Mal unter die Bettdecke zu schauen. Trotz aller Schmerzen, die folgten, und dem weiteren Weg, der noch vor ihr liegt: Nie habe es Momente des Zweifelns gegeben: „Es geht mir super damit!“
Ihr größter Ansporn sei der Wunsch, irgendwann „mit meiner kleinen Tochter um die Wette“ zu flitzen. Ehemann Steffen staunt schon jetzt, „wie flink du mit einem Bein Treppen und Rolltreppen rauf und runter läufst“. Sarah Brückner sagt, sie könne sich seit der Amputation auf einem Bein besser bewegen als vorher, mache wieder Yoga und Pilates. Der nächste Schritt ist nun die Anfertigung einer Prothese. Steffen Brückner erlebt seine Frau zufrieden und glücklich: „Das Bein ist ab, alles ist gut!“