Das neue Kölner Stadtoberhaupt appelliert an den neuen Rat: Nicht im politischen Kleinklein verlieren
Erst Kette, dann GlockeKölns OB Burmester fordert „neues Selbstverständnis“ vom Rat

Der neue Kölner Oberbürgermeister Torsten Burmester (SPD) bei seiner ersten Ratssitzung
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60 Sekunden Applaus, zehn Sekunden rhythmisches Klatschen der eigenen SPD obendrauf und dann Blumen und Gratulationen von allen Seiten — durch dieses Getümmel musste der neue Kölner Oberbürgermeister Torsten Burmester nach seiner offiziellen Vereidigung erstmal durch. Dann bat er seinen OB-Amtsleiter Ralf Meyer am Donnerstag bei der ersten konstituierenden Ratssitzung im Spanischen Bau des Kölner Rathauses um ein Glas Wasser. Dass der Hals schonmal verdammt trocken werden kann am Rednerpult, hat der 62-Jährige gelernt in seinem intensiven Wahlkampf.
Sachlich und mit Nachdruck
Jetzt erst hob Burmester an zu seiner ersten Rede als Vorsitzender des neuen Kölner Stadtrates. Er sprach knapp 20 Minuten, gewohnt sachlich, aber mit Nachdruck: „In Freude über diesen Tag mischen sich bei mir Respekt und Ernsthaftigkeit.“ Von den 90 Ratsmitgliedern forderte Burmester ein „neues Selbstverständnis“ und führte aus: „Verwenden wir unsere Kraft auf die Suche nach dem großen gemeinsamen Nenner in Sachfragen – statt uns im politischen Kleinklein auseinanderzudividieren“, so Burmester im Spanischen Bau. Am Ende seiner Rede, bevor es vom feierlich-formalen in den organisatorischen Teil der ersten Ratssitzung überging, brachte Burmester die Chorweiler Friedensglocke zum Klingen.
„Unser aller Zusammenhalt ist die Basis für alles Weitere, was Köln erreichen kann“, hatte der neue OB gemahnt. Köln sei seit fast 40 Jahren seine Heimat, die Stadt liege ihm am Herzen: „Und gerade deshalb bekümmert es mich, wenn so viele Menschen in unserer Stadt darüber klagen, was alles nicht funktioniert.“
Seit seinem Sieg in der Stichwahl am 28. September – Burmester hatte sich mit 53,5 Prozent der Stimmen gegen die grüne Mitbewerberin Berivan Aymaz (46,5 Prozent) durchgesetzt – hat der neue OB schon so mancher Gesprächsrunde in Sachen möglicher Bündnisse beigewohnt. Herausgekommen ist dabei bisher wenig. Der Plan seiner SPD, bis zur ersten Ratssitzung ein erstes Gerüst für die künftige Zusammenarbeit der Ratsfraktionen aufgestellt zu haben, ging nicht auf. Wohl auch vor diesem Hintergrund forderte Burmester jetzt vom Rat ein „Machen statt verharren“ und „realistische Zusagen“.
Burmester: „Hörbare Stimme der Stadt in Köln, NRW, Deutschland, Europa“
Der OB betonte: „Weder der Haushalt noch die Sitzverteilung dürfen im Voraus als Ausrede für halbherziges Handeln oder mutlose Entscheidungen gelten.“ Er selbst wolle, versprach das neue Stadtoberhaupt, als Vorsitzender des Rates und Leiter der Stadtverwaltung auch eine „hörbare Stimme der Stadt in Köln, NRW, Deutschland und Europa“ sein.
Bis zu seiner Kandidatur als Kölner OB war Burmester zuletzt Vorstandsvorsitzender des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Das sei eigentlich sein Traumjob gewesen, erzählte der ehemalige Regionalliga-Handballer kürzlich. Der Chance, „meine Heimat zu gestalten“, habe er allerdings nicht widerstehen können.
Diese Chance will er jetzt nutzen, daran ließ er bei seinem ersten Auftritt im Rat am Donnerstag keinen Zweifel. Die Kölnerinnen und Kölner hätten ein Recht darauf, sagte Burmester, dass der Rat das Bestmögliche für die Stadt erreiche: „Dass wir stärker Prioritäten setzen. Dass wir schneller handeln. Dass wir eine neue Kultur der Entscheidungsfreude etablieren.“ Er sagte mit Nachdruck: „Bei jeder einzelnen Entscheidung hier wird es um nicht weniger gehen als unsere kommunalpolitische Verantwortung. Und die muss weit schwerer wiegen als Parteiinteressen.“
Sterck eröffnet Sitzung des Kölner Stadtrates
Zunächst hatte am Donnerstag der FDP-Politiker Ralph Sterck die erste Sitzung des neuen Stadtrates eröffnet und als Alterspräsident die Vereidigung von Torsten Burmester vorgenommen. Auch der 59-Jährige, der seit 1999 dem Kölner Stadtrat angehört, stellte das Miteinander der Ratsmitglieder im Sinne der Stadt in den Mittelpunkt. Die allermeisten Entscheidungen würden einstimmig gefällt, betonte Sterck. Das Klima sei kollegial und mit den allermeisten Ratskollegen könne er nach den Sitzungen immer noch „ein Bier oder Wasser“ trinken gehen. Viel Applaus und ein Nicken des neuen Oberbürgermeisters bekam Sterck für den Appell: „Dieses gute Klima sollten wir uns hier erhalten.“
Zur am Dienstag verhängten Haushaltssperre sagte der OB: „Nicht trotz, sondern durch diese Maßnahme bleibt die Stadt Köln handlungsfähig. Denn die Haushaltssperre ist ein Steuerungsinstrument. Sie ist ein Beitrag zur Konsolidierung.“
Nach der Amtseinführung, der Vereidigung der Ratsmitglieder und der Wahl der vier neuen stellvertretenden Bürgermeisterinnen ging es ganz trocken mit einer langen Tagesordnung weiter. Torsten Burmester führte durch die Sitzung, die Amtskette aus Gold, die ihm bei der Vereidigung noch schwer auf den Schultern lag, hatte er abgelegt.
Hier und da holperte er noch in seiner neuen Rolle, nahm es aber mit Humor. Als er zwischendurch dringend einen Schuss Wasser brauchte, sagte der neue Kölner Oberbürgermeister mit einem entschuldigenden Grinsen: „Ich habe nicht gewusst, dass man hier so viel am Stück reden muss.“
Kölner Symbole mit Bedeutung

Burmester läutet die Friedensglocke
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Die Amtskette des Oberbürgermeisters von Köln ist ein repräsentatives Ehrenzeichen und für feierliche Anlässe gedacht. Sie wurde 1955 von der Goldschmiedin Elisabeth Treskow gefertigt. Sie besteht aus historischen 23 Münzen und enthält Inschriften, die die Geschichte Kölns abbilden.
Die „Chorweiler Friedensglocke“ gilt als interreligiöses, interkulturelles Friedenssymbol. Für die Form der 2014 in Köln gegossenen Glocke wurde Erde aus mehr als 50 Ländern zusammengetragen.

