Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Verschwendung von Steuergeld?Kölner Politik moniert „Selbstbedienungsladen“ in der Verwaltung

Lesezeit 3 Minuten
Mittwoch 02.09.2020 Köln  Das Schauspiel Köln ist eine traditionelle Schauspielstätte in der Stadt Köln.  Es bildet zusammen mit der Oper und weiteren Häusern die Bühnen der Stadt Köln. Das Gebäude befindet sich im Carlswerk im Kölner Stadtteil Mülheim. Gebäude Container Außenansicht. Aufgenommen am: 02.09.2020 Foto: Alexander Roll (Staff)

Vier Betriebsfeiern in hundert Tagen für 68.000 Euro: Bei den Bühnen der Stadt war das möglich.

Vier Betriebsfeiern in hundert Tagen für 68.000 Euro: Bei den Bühnen der Stadt war das möglich. Die Politik fordert Konsequenzen.

Große Teile des Kölner Stadtrates haben am Dienstag Richtlinien gefordert, wie Verwaltung und Bühnen städtisches Geld für Betriebsfeiern und Bewirtung ausgeben dürfen. Das hat eine Abfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bei den fünf größten Fraktionen ergeben. In zwei Berichten hatte das Rechnungsprüfungsamt (RPA) eben diese Regeln als „dringend erforderlich“ bezeichnet.

Hans Schwanitz, Sprecher der Grünen (27 von 90 Sitzen im Rat) für Rechnungsprüfung, sagte: „Sollte sich bestätigen, dass die Bühnen Partys auf Kosten der Steuerzahler feiern, ist das absolut inakzeptabel. Während die Kernverwaltung bei der Bindung ihrer Mitarbeitenden anscheinend maßvoll vorgeht, scheinen sich die Bühnen großzügig zu bedienen – trotz Millionenzuschüssen und Haushaltskrise. Dass Kulturdezernent und Betriebsleiter dabei tatenlos zuschauen, wirft Fragen auf. Es braucht jetzt klare Regeln und Konsequenzen.“

SPD wundert sich über fehlende Regeln

Die CDU-Fraktion (20 Sitze) teilte mit: „Wir werden den Bericht sorgfältig auswerten und dann entscheiden, ob Anpassungen an den bestehenden Regularien erforderlich sind.“

Für die SPD (19 Sitze) sagte ihr Sprecher im Rechnungsprüfungsausschuss, Sven Kaske: „Verbindliche Richtlinien sind dringend notwendig, damit alle Abteilungen wissen, was zulässig und was unangemessen ist. Es ist verwunderlich, dass solche Regeln nicht schon längst vorliegen.“

Jörg Detjen, Ratsmitglied der Linken.

Jörg Detjen, Ratsmitglied der Linken.

Jörg Detjen, Ratsmitglied der sechsköpfigen Linken-Fraktion und Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses, sagte: „Die Prüfberichte sind bitter. Darüber hinaus gibt es Probleme mit Kultur, Bühnen und Museen, auf die wir die Verwaltung im Ausschuss immer wieder aufmerksam gemacht haben. Alle künstlerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere ihre Vorgesetzten, müssen sich an die städtischen Regelungen halten und sich um deren Einhaltung bemühen.“

FDP spricht von Selbstbedienungsladen

Für die fünfköpfige FDP-Fraktion sagte ihr Geschäftsführer Ulrich Breite: „Was bei den Bühnen passiert ist, ist kein Kavaliersdelikt. Das ist ein handfester Skandal. Während freie Kulturschaffende in Köln um Existenz und Förderung ringen, wird dort die Stadtkasse für Events, Feiern, Geschenke und Geselligkeit geplündert. Solche Auswüchse beschädigen massiv das Vertrauen in die kommunale Selbstverwaltung – als wäre die Stadt zu einem Selbstbedienungsladen verkommen.“

FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite.

FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite.

Wie berichtet, hatte die FDP im Vorjahr vergebens das Aus für den geschäftsführenden Direktor der Bühnen, Patrick Wasserbauer, gefordert, unter anderem wegen fehlender Jahresberichte.

Wasserbauer, seit 2009 in Köln, hat am Montag zum 1. November seinen Abschied zur Bayerischen Staatsoper nach München angekündigt. In der Pressemitteilung sagte der bayerische Kunstminister Markus Blume: „Er ist auch vertraut mit komplexen Sanierungsmaßnahmen im Kulturbetrieb – beste Voraussetzungen für die Planung der Sanierung des Nationaltheaters in den nächsten Jahren.“

Geht nach München: Patrick Wasserbauer.

Geht nach München: Patrick Wasserbauer.

Eine bemerkenswerte Aussage vor dem Hintergrund, dass die 2012 begonnene Bühnen-Sanierung in Köln statt drei nun vermutlich 14 Jahre dauert.

Als die Stadt wenige Monate vor der geplanten Opern-Eröffnung im November 2015 den Termin absagte, war Wasserbauer laut Projekthandbuch einer der vier genannten Verantwortlichen für die Bühnen bei dem Großbauprojekt.