Promi-Manager Elbertzhagen„Damals wurde Herbert Grönemeyer in Köln ausgepfiffen“

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Alexander Elbertzhagen hat Musiker wie Marius Müller-Westernhagen beraten und groß gemacht.

Köln – Alexander Elbertzhagen ist Chef der Kölner Management- und Beratungsfirma Kick-Media, bei der zahlreiche Künstler, Moderatoren und Influencer unter Vertrag sind. Wie findet man die Stars in spe? Und wie geht man um mit komplizierten Künstlern? Warum ist Köln nicht mehr die Pophauptstadt, die sie einmal war? Ein Gespräch. Sie sind in einer Zeit Musik-Manager geworden, als in der Branche noch unglaublich viel Geld verdient worden ist, millionenfach Alben verkauft wurden. Sie haben Musiker wie Marius Müller-Westernhagen und Herbert Grönemeyer zu Stars gemacht. Wie haben Sie die kennengelernt? Alexander Elbertzagen: Herbert Grönemeyer habe ich das erste Mal bei einer Talentshow im Kölner Tanzbrunnen gesehen. Er lebte damals in Köln. Nach seinem Auftritt wurde er ausgepfiffen. Da dachte ich: Wenn einer so viele Emotionen weckt, muss man diese Emotionen ja nur noch ins Positive drehen. Hauptsache, nicht langweilig. Und dann habe ich ihn hinter der Bühne angesprochen. Dass ich jemanden zum Star mache, würde ich so übrigens nicht sagen. Der Star steckt in den Künstlern, ich öffne dafür nur die Türen.

Was fehlte Grönemeyer damals?

Er kam von der Theatermusik und war noch nicht so fließend rhythmisch. Aber die Texte waren toll, seine Ausstrahlung war toll und so ist es ja auch bis heute geblieben. Es ist nicht einfach, berühmt zu werden, die meisten werden es nicht. Zur ersten gemeinsamen Tour, die ich mit Grönemeyer gemacht habe, kamen teilweise nur zwei bis sechs Menschen. Diese Anekdote erzählen wir uns heute noch, wenn wir uns sehen.

Woran erkennt man, dass jemand das Zeug zum Star hat?

Er muss sehr gut sein in etwas, außerdem fleißig und schnell. Er muss psychisch stabil sein und eine Menge einstecken können. Und er muss Ellbogen haben. Denn das Business ist ein Verdrängungswettbewerb. Wenn Sie in der Sendung nicht auftreten, gibt es 80 andere, die es machen wollen.

Wen haben Sie gesehen und sofort gewusst: Der oder die hat ein Riesenpotential?

Herbert Grönemeyer, natürlich. Barbara Schöneberger. Die Moderatorin Laura Karasek war eine der letzten, die ich entdeckt habe.

Wie viele Anfragen bekommen Sie täglich von Möchtegern-Stars?

Etliche. Man schaut sich alles an, überlegt, wo es sinnvoll sein könnte, jemanden unterzubringen. Es muss ja auch ein Platz dafür da sein. Der ARD einen weiteren politischen Talker anzubieten, bringt überhaupt nichts.

Erfolgreich kann eine Management-Firma nur sein, wenn treffsicher die Talente und Künstler entdeckt werden, mit denen Geld verdient werden kann. Wie gelingt das?

Man muss diesen Riecher haben, den kann ich gar nicht näher beschreiben. Man muss, das ist jetzt ganz unspannend, sehr fleißig sein. Man muss gute Mitarbeiter haben und sich für Medien interessieren, wissen, was gerade gefragt und populär ist. Früher gab es nur drei Sender, heute sind es mehr als 50. Einfacher wird die Sache also nicht.

Künstler gelten auch nicht gerade als einfache Menschen. Wie gehen Sie damit um?

Natürlich ärgert es mich, wenn einer ständig zu spät kommt. Aber ich weiß auch, dass die Künstler ihre Persönlichkeit zu Markte tragen und Öffentlichkeit aushalten müssen. Viele große Stars sind nicht die einfachsten, aber auf der Bühne die charmantesten.

Trennen Sie sich auch von Künstlern, wenn der Erfolg ausbleibt?

Das passiert schon mal. Wenn wir jemanden unter Vertrag nehmen, sind wir zu 95 Prozent erfolgreich, zu fünf Prozent nicht. Manchmal gibt es auch Niederlagen, die man erklären kann. In jedem Fall sind wir schuld, weil wir das Management sind. Dann muss man sagen: Sorry, wir passen nicht zusammen.

Schöneberger

Barbara Schöneberger, hier vor der Bäckerei Zimmermann in Köln, steht bei Kick-Media unter Vertrag.

Sex, Drugs, and Rock n Roll heißt es oft im Zusammenhang mit den goldenen Zeiten in der Musikindustrie. Gab es Künstler, die Sie als Manager vor dem Absturz bewahren mussten?

Ja. Meistens in Verbindung mit zu großem oder zu kleinem Erfolg. Oft führen auch persönliche Probleme wie eine Scheidung dazu, dass der Künstler plötzlich alles nicht mehr wichtig findet. Dann ist man als Manager auch Therapeut und muss sagen: Pass auf, du machst gerade einiges kaputt.

Wie haben Sie zu Ihrem Beruf gefunden?

Ich bin gebürtiger Hamburger, das war damals die Musikhauptstadt Deutschlands. Die Musik-Labels brauchten Menschen, die Pressetexte schreiben. Das habe ich dann gemacht während meines Jura-Studium, das mir nicht sehr gefiel. Ich wusste schnell, dass ich in die Musikbranche wollte. Ich habe Schülerbands gemanaged und dadurch erste Erfahrungen mit den großen Musiklabels gesammelt. Irgendwann wurde ich Tourmanager, habe Police, David Bowie und Donovan begleitet und dabei gelernt, wie Stars ticken.

Wie sind Sie in Köln gelandet?

Ich habe in Bonn studiert, damals ja Hauptstadt. Und Köln direkt nebenan war die Tonträger-Hauptstadt. Hier waren viele Labels, den WDR mit seinen vielen Sendern und dem Rockpalast, das legendäre Tonstudio von Conny Plank. Das war eine ganz spannende, tolle Zeit. Leider ist davon in Köln nichts mehr übrig.

Neben Ihrer eigenen Firma Kick Media haben Sie heute legendäre Institutionen mitbegründet, den Kölner Musiksender Viva oder auch die Kölner Musikmesse Popkomm. Beide gibt es heute nicht mehr. Warum nicht?

Dieter Gorny hat bei Viva ja maßgeblich gegründet, wir hatten die gleichen Visionen. Das Klima in Köln war damals sehr aufgeschlossen für Innovationen, es gab eine große Aufbruchsstimmung. Wir wurden von der Stadt damals sehr darin unterstützt, Köln zur Pophauptstadt zu machen. Wir sind überall in offene Türen gerannt, weil gesehen wurde, wie gut diese Aktivitäten für das Image von Köln sind. Diesen Spirit bräuchten wir jetzt unbedingt wieder. In den 60er und 70er Jahren war Köln ja schon Kunsthauptstadt. Jetzt leben die größten Künstler zwar noch in Köln, aber spielen keine Rolle mehr. Köln fängt immer wieder tolle Sachen an, die aber keinen langen Bestand haben. Leider.

Mittlerweile ist Berlin die Musikhauptstadt, Musik wird heute gestreamt, was es schwerer macht, Geld zu verdienen. Sie haben heute deutlich mehr Moderatoren als Musiker im Portfolio Ihrer Firma. Eine strategische Entscheidung?

Ja. Außerdem habe ich im Musikbereich alles erlebt, was man erleben kann. Wir hatten irre Verkaufszahlen von einer bis zwei Millionen Verkäufen pro Album. Wir waren mit Viva weltweit bekannt. Dann habe ich mir den Fernsehbereich erschlossen, weil ich das unglaublich spannend fand.

Sie führen oft prominente Gäste durch Köln. Wie wird die Stadt von außen wahrgenommen?

Köln hat das Image, eine lebenswerte, aber auch eine hässliche und dreckige Stadt zu sein. Da muss Köln schon einiges tun. Dass die Kölner Spaß daran haben, ihre Stadt vollzumüllen, ist kein guter Weg. Auch was die Oper oder den FC angeht, werden wir von außen oft mit Kopfschütteln wahrgenommen. Und nennen Sie mir doch mal drei schöne Gebäude, die in den letzten zehn Jahren entstanden sind? Mir fallen keine ein. Ich fühle mich wegen der Menschen sehr wohl hier, aber ein bisschen mehr Sorgfalt wäre aus meiner Sicht angebracht.

Herbert Grönemeyer, hier in der Kölner Lanxess-Arena, wurde in Köln am Anfang seiner Karriere ausgebuht.

Herbert Grönemeyer, hier in der Kölner Lanxess-Arena, wurde in Köln am Anfang seiner Karriere ausgebuht.

Köln ist zwar nicht mehr Musikhauptstadt, aber Medienhauptstadt.

Auf jeden Fall. Wir haben den WDR, RTL und DuMont, wir haben Ströer und etliche riesige Produktionsfirmen. Es tut mir aber weh, dass das nicht mehr gefördert wird. Meltem Kaptan, eine grandiose Schauspielerin, die wir unter Vertrag haben, hat vor einigen Monaten den Silbernen Bären auf der Berlinale gewonnen. Warum lädt man solche Menschen nicht mal ein ins Rathaus? Das wäre eine nette Geste.

Die Stadtspitze tut nicht genug, um aus der Medienhauptstadt Kapital zu schlagen für ein besseres Image?

Nein, das könnte man viel besser machen.

Was würden Sie empfehlen?

Warum vergibt die Stadt Köln keinen Preis für Literatur, Musik, Konzerte, Film und Fernsehen? Nur als ein Beispiel. Das wäre eine Wertschätzung, die sicher bundesweit Niederschlag finden würde. Wir haben übrigens auch sehr gute Köche hier.

Köln ist auch deutsche Influencer-Hauptstadt, nirgends leben und arbeiten mehr prominente Influencer als hier. Zufall?

Klingt wie Zufall, ist es aber sicher nicht. Denn auch Influencer brauchen Medien – und die gibt es in Köln. Viele fragen sich: Was genau können eigentlich Influencer? Es gibt verschiedene Kategorien. Einen Influencer macht aus, dass er Einfluss hat, eine Gefolgschaft, die ihm gerne dabei zusieht, wie er abnimmt oder trainiert oder wie er neue Gerichte kocht. Für mich ist das die Demokratisierung des Startums. Jeder kann heute ein Star sein, wenn er Hunderttausende Follower hat.

Influencer oder Künstler: Geht es am Ende immer um gute Unterhaltung?

Ich spreche nie von guter Unterhaltung, sondern von gut gut gemachter Unterhaltung. Denn „gut“ ist immer eine Wertung, „gut gemacht“ kann jeder beurteilen.

Zur Person

Alexander Elbertzhagen wurde 1951 in Kiel geboren. Er studierte Jura in Bonn. Ende der 70er Jahre gründete er die Presse-Agentur EM-Press, aus dem seine heutiges Kölner Unternehmen Kick-Media entstand. Die Firma betreut viele Künstler, Moderatoren und Influencer, darunter Michelle Hunziker und Barbara Schöneberger. Als Manager arbeitete Elbertzhagen früher für Herbert Grönemeyer, Marius Müller-Westernhagen, Pe Werner und Pur. 

Die Kulturbranche hat in der Corona-Krise erheblich gelitten. Was macht Ihnen Sorge?

Viele Menschen haben noch Tickets von verschobenen Konzerten und geben jetzt erst einmal kein Geld für neue Konzerte aus. Es könnte noch zwei Jahre dauern, bis wir wieder im Rhythmus sind. Derzeit ist der Musikmarkt überschwemmt. Gleichzeitig gibt es keine Mitarbeiter mehr, weil viele früher schlecht bezahlt worden sind und sich in der Corona-Krise andere Jobs gesucht haben. Wir haben uns das, was wir jetzt auszubaden, teilweise selbst eingebrockt. Bei allem Gejammere muss man auch sagen: Der Staat hat die Kultur ganz schön unterstützt. Dafür kann man dankbar sein.

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