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Freundin und Sohn in Köln getötet?Angeklagter sei „keiner, der Konflikte gesucht hat“

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Blumen zum Gedenken am Niehler Hafen

Köln – „Er ist ein stiller, ruhiger Typ, der Stress eher aus dem Weg geht. Keiner, der Konflikte gesucht hat.“ So äußerte sich am Dienstag im Kölner Landgericht ein Cousin von Anil G., dem zur Last gelegt wird im November 2021 seine ehemalige Lebensgefährtin Derya S. und den gemeinsamen vierjährigen Sohn Kian umgebracht zu haben.

Auch andere Zeugen zeichneten alles andere als das Bild eines kaltblütigen Mannes, dem eine solch brutale Tat zuzutrauen wäre. Ein 32-Jähriger aus seinem Bekannten- und Freundeskreis charakterisierte ihn als friedlichen, hilfsbereiten Menschen, der beim Fußballspielen allerdings schon mal „hitzig“ habe werden können.

In seiner polizeilichen Vernehmung hatte er ihn als jemanden beschrieben, der bis zur Ängstlichkeit zurückhaltend sei, nach außen aber „einen auf stark“ mache. Eine 31-jährige Frau aus Anil G.s (25) weiterer Verwandtschaft betonte: „Er liebt Kinder.“ Bei der Polizei hatte sie zu Protokoll gegeben, er sei liebevoll und immer da gewesen, wenn man ihn gebraucht habe; auch sie hatte von seiner Ängstlichkeit gesprochen.

Streit um den Unterhalt des Sohnes

Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass er Derya S., die er seit der Schulzeit kannte und mit der er später eine Beziehung einging, unter dem Vorwand, er wolle mit ihr sprechen, in den Niehler Hafen lockte und sie und das Kind mit mehreren Messerstichen tötete. Die Leichen habe er in den Rhein geworfen. Ein Schiffsführer entdeckte den im Wasser treibenden leblosen Körper der Frau. Einen Tag später fanden Spaziergänger die Leiche des Kindes am Ufer.

Erst im vorigen Jahr soll Anil G., der inzwischen mit einer anderen Frau verlobt war, von Derya S. erfahren haben, dass er der Vater ihres Sohnes war. Sie pochte auf Zahlung von Unterhalt, das Jugendamt war eingeschaltet. Er habe nicht zahlen wollen, nimmt die Staatsanwaltschaft als ein Motiv der Tat an. Außerdem wollte er laut Anklage verhindern, dass seine Verlobte, die er sonst zu verlieren fürchtete, von dem Kind erfuhr.

„Familie hätte das Kind akzeptiert“

Wie hätte es G.s Familie aufgenommen, wenn sie damals von seiner Vaterschaft erfahren hätte? „Es wäre kein Drama gewesen“, sagte der Cousin. Die alevitsche Familie sei „weltoffen, modern und nicht stark gläubig“. Und er vermute, auch die Verlobte „wäre damit klargekommen“. Die Zeugin aus der weiteren Verwandtschaft schätzte: „Es wäre kein Problem gewesen, die Familie hätte das Kind akzeptiert.“ Es hätte sich eine Lösung finden lassen, „dass er Unterhalt bezahlt“. G.s Eltern gehe es seit seiner Festnahme schlecht; seine Mutter, um 20 Kilo abgemagert, komme aus dem Weinen nicht heraus. Die Frau, mit der er verlobt war, habe sich von ihm getrennt.

Zeugen, die mit dem Angeklagten in der Nacht nach dem Tattag in einer Shisha-Bar zusammen waren, gaben übereinstimmend an, ihnen sei an ihm nicht das Geringste aufgefallen. Der 32-jährige Bekannte sagte: „Für mich ist die Tat bis heute unfassbar.“ Der Vorwurf passe nicht zu Anil G. „Es ist traurig, dass ich hier sitze. Ich hoffe, dass ich dazu beitrage, dass die richtige Person ihre Strafe kriegt.“