Der Angeklagte ist im Juni aus der Haft geflohen und vermutlich in die Türkei entkommen.
Schießerei unter RockernProzess kann nicht beginnen – Angeklagter setzte sich wohl in die Türkei ab

Der Prozess kann nicht beginnen, da sich der Täter auf der Flucht befindet.
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Die oftmals gewalttätige Rivalität zwischen den Rockerclubs Bandidos und Hells Angels hat das Kölner Landgericht schon mehrfach beschäftigt. Am Donnerstag sollte dort ein weiterer Prozess in diesem Zusammenhang beginnen. Angeklagt ist ein türkischer Staatsangehöriger, dem gefährliche Körperverletzung und andere Delikte zur Last gelegt werden. Doch trotz Ladung erschien er nicht zum Termin. Die Vorsitzende der 11. Großen Strafkammer teilte mit, der 33-Jährige, der eine Haftstrafe im offenen Vollzug verbüßt, sei am 25. Juni aus der Justizvollzugsanstalt Remscheid „entwichen“. Nach den von der Polizei ermittelten Fluggastdaten „spricht manches dafür, dass er sich über die Niederlande in die Türkei abgesetzt hat“. Die Fahndung habe bisher „nicht zu seiner Ergreifung geführt“. Der Verteidiger habe mitgeteilt, auch „keine näheren Informationen über den Verbleib“ des Mandanten zu haben.
Anklage bezieht sich auf zwei Schießereien von 2018
Die Anklage bezieht sich auf zwei Schießereien im Jahr 2018. Im November wurden aus einem Auto heraus, in dem Mitglieder der Hells Angels saßen, im Vorbeifahren Schüsse auf ein von den Bandidos frequentiertes Café in Kalk abgegeben. Im Dezember schritten Mitglieder der Bandidos zur Rache. Auf der Zoobrücke schossen sie aus einem Wagen auf einen VW Golf, der gewöhnlich von einem führenden Mitglied der Hells Angels genutzt wurde. Doch der Mann hatte den Wagen einem unbeteiligten 21-Jährigen geliehen, der zu diesem Zeitpunkt mit einem 17 Jahre alten Mitfahrer auf dem Weg zu einem Schnellrestaurant war. Der Ältere wurde von den Schüssen schwer verletzt; eine Notoperation rettete ihm das Leben.
Angeklagter habe durch Schuss weiteren Mann an der Schulter getroffen
Dem nun untergetauchten Angeklagten wird vorgeworfen, dass er nach dem Angriff auf das Kalker Café selber geschossen hat. In jener Nacht habe er sich mit weiteren Mitgliedern der Bandidos dort aufgehalten. Unmittelbar nach den Schüssen sei er mit einem weiteren Mann, beide ausgestattet mit Schusswaffen, dem Fahrzeug hinterhergelaufen. Weiter heißt es in der Anklage, dass er im Ausgangsbereich des Cafés mit einem Revolver in die Luft gefeuert habe. Das Projektil sei in der dritten Etage eines Mehrfamilienhauses in die Deckenlampe einer Wohnung eingeschlagen. Im weiteren Verlauf habe der Angeklagte zwei Schüsse in Richtung des flüchtenden Fahrzeugs abgegeben. Dabei habe er den Mann, der mit ihm zusammen aus dem Café hinausgestürzt war, an der Schulter getroffen.
Überdies werden dem 33-Jährigen uneidliche Falschaussage und versuchte Strafvereitelung vorgeworfen. Im Mai 2023 soll er in einem Schwurgerichtsprozess vor dem Kölner Landgericht, in dem es um die Schießerei auf der Zoobrücke ging, bei seiner Zeugenaussage gelogen haben, um den beiden Angeklagten ein Alibi zu verschaffen. Es nutzte nichts, beide wurden später verurteilt.