Putzmittel in Limo-FlascheMann erleidet schwerste Verätzungen – Klage in Köln

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Das Reinigungsmittel bewahrte der Werkstattbesitzer in einer Limonadenflasche auf.

Köln – Nach dem Griff in den Kühlschrank eines Freundes musste ein Mann mit schwersten Verletzungen ins künstliche Koma versetzt werden. Er hatte aus einer Limonaden-Flasche getrunken – in der sich nicht etwa das Brausegetränk, sondern eine hochätzende und nicht gekennzeichnete Flüssigkeit befand. Vor dem Landgericht Köln klagte der Betroffene auf mehrere Tausend Euro Schmerzensgeld.

In der Werkstatt eines Freundes zu Besuch

Der Kläger war in der Werkstatt seines Freundes in Bedburg zu Besuch und hatte für diesen Laptops getestet. Später am Tag wollte man noch gemeinsam ins Sonnenstudio. Der Mann verspürte Durst, sodass er sich am Kühlschrank hinter der Ladentheke bediente, hier befand sich eine Küchenzeile. Er nahm sich ein Glas aus dem Schrank und füllte es mit dem Inhalt der Limonadenflasche aus Glas.

„Er trank die Flüssigkeit in einem Zug aus“, heißt es später in den Feststellungen des Kölner Landgerichts zu dem Fall. Dass es sich dabei um eine Ammoniaklösung handelte, nahm der Mann nicht wahr. Sein Bekannter hatte den Salmiakgeist in seiner Werkstatt vorrätig, um damit bei Bedarf Handy-Platinen zu reinigen. Für den Freund des Handwerkers hatte das fatale Folgen.

Schwerste Verätzungen an Speiseröhre und Magen

Der Mann erlitt schwerste Verätzungen an der Speiseröhre und im Magen, er erholte sich laut Gericht nur langsam. In seiner Klage gegen den Werkstattbesitzer forderte der Freund nun 18.750 Euro Schmerzensgeld. Dazu die Feststellung, dass der Besitzer der Ammoniak-Flasche dazu verpflichtet sei, ihm alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen.

Der Handwerker wies im Prozess jede Schuld von sich und lehnte eine Haftung ab. Er selbst habe die Limonadenflasche mit der Ammoniaklösung lediglich hinter ein Sofa in seiner Werkstatt gestellt. Beim Aufräumen habe offenbar der Praktikant die Glasflasche in den Kühlschrank gestellt, ohne sein Wissen. Außerdem hätte sein Freund ja gar nicht hinter die Ladentheke treten dürfen.

Landgericht Köln spricht volles Schmerzensgeld zu

Der Freund habe zum Zeitpunkt des Vorfalls zudem bereits seit drei Tagen aufgrund des Konsums von Amphetaminen nicht geschlafen und sei offenbar so durch den Wind gewesen, dass er deshalb den beißenden Geruch der Flüssigkeit nicht wahrgenommen habe, argumentierte der Werkstattbesitzer. Die Klage des Mannes sei daher in allen Punkten abzuweisen.

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Das Landgericht sprach dem Verletzten das geforderte Schmerzensgeld in vollem Umfang zu. Der Handwerker habe laut Richter offensichtlich seine Verkehrssicherungspflicht verletzt, indem er einen gefährlichen, gesundheitsschädlichen Stoff in einer Limonadenflasche gelagert habe, die für andere Personen zugänglich gewesen sei. Auch ein Versteck hinter dem Sofa sei kein hinreichender Schutz.

Kölner Gericht sieht Mitverschulden beim Verletzten

Das Gericht stellte fest, dass der Werkstattbesitzer durch sein Handeln die schweren Verletzungen bei dessen Freund verursacht habe. Dieser müsse sich aber auch ein Mitverschulden anrechnen lassen – er hätte in einer Werkstatt nicht einfach eine farblose, nicht perlende Flüssigkeit aus einer schon geöffneten und damit nicht mehr versiegelten Limonadenflasche trinken dürfen.

Auch hätte der Mann diese ihm unbekannte Flüssigkeit keinesfalls in einem Zug austrinken dürfen, heißt es im Urteil. Nicht gelten ließ das Gericht das Argument des Werkstattbesitzers, der Verletzte hätte überhaupt nicht in den Kühlschrank greifen dürfen. Das sei bei engen Freunden so üblich, wie ein Zeuge bestätigt hatte. Das Urteil (Aktenzeichen: 12 O 459/19) ist noch nicht rechtskräftig.

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